Vor 1.400 Jahren geboren: der heilige Fiaker

Mit Sitzfleisch und Grünem Daumen

Er ist ein wahrer Europäer. Ein irischer Immigrant in Frankreich, verehrt in Paris und wirkmächtig bis Österreich und über den ganzen Kontinent: der heilige Fiacrius, geboren im Jahr 610, vor 1.400 Jahren, ist Schutzpatron für Gärtner und Gebärwillige, Ziegelbrenner und Kutscher, Taxifahrer und Hämorrhoidenkranke.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

Seine Vita ist verwoben mit den wunderbarsten Legenden: Als Mönch - wohl unter frommen anderen - nach Frankreich übergesiedelt, soll ihm Bischof Faro von Meaux Mitte des siebten Jahrhunderts ein Stück Wald bei Breuil als Grund für eine Einsiedelei zugewiesen haben. Zur Abmessung habe Fiacrius seinen Wanderstab nur leicht über den kargen Boden gezogen - und überall seien wunderbare Blumen und Blühpflanzen aus der Erde geschossen. Soweit also zu den Gärtnern und Blumenhändlern - die übrigens in Paris bis ins 19. Jahrhundert am 30. August, seinem Namenstag, ein großes Fest gefeiert haben sollen.



Nun begab sich aber, so die Legende, dass eine Frau dem Einsiedler die Wundertaten mit seinem Stab neidete und ihn beim Bischof der Zauberei zieh. Von dort zurückgekehrt, beschimpfte sie den armen Fiacrius so lange, bis der sich betrübt auf einen Stein niederließ. Dieser aber wurde unter seinem Hinterteil zu einem bequemen Sitz, der später im Kloster des Heiligen in Breuil aufbewahrt und mit Erfolg von Sitzleidenden konsultiert wurde. Soweit zu den Hämorrhoiden.



Viele Heilungen werden seiner Vermittlung zugeschrieben

Auch nach seinem Tod bewirkte Fiacrius unter den Armen und Kranken Wunder; viele Heilungen werden seiner Vermittlung zugeschrieben. Seine Reliquien wurden in der Zeit der Religionskriege in die Kathedrale von Meaux verlegt; zwei kleine Teile erhielten auch die Großherzöge von Florenz, die sie in die Kapelle eines ihrer Landhäuser gebracht haben sollen.



Selbst die französische Königin Anna von Österreich (1601-1666) pilgerte 1641 zu Fuß in die Pariser Kapelle Saint Fiacre. Sie löste dort ein Gelübde gegenüber dem Heiligen ein, das sie einst für die Genesung ihres Mannes Ludwig XIII. abgelegt hatte. Und damit nicht genug: Dem Fiacrius schrieb sie auch zu, nach einem Gebet in der Kapelle nach 23 Jahren kinderloser Ehe und einem gefährlichen Blutfluss geheilt worden zu sein, um kurz darauf, im September 1638, einen Sohn zu gebären. Wäre dem so, verdankte die Welt der Vermittlung des heiligen Fiaker nicht zuletzt die Geburt des Sonnenkönigs Ludwigs XIV. - und auch den weiteren turbulenten Verlauf der französischen Geschichte. Soweit zu den medizinischen und politischen Qualitäten.



Daher kommt der Begriff "Fiaker"

Und das Transportwesen? Um 1650, so wollen es die Chroniken, bot ein findiger Geschäftsmann, Nicolas Souvage, den Pariser Bürgern die ersten Mietkutschen an, um dem Staub und Dreck der Straße zu entfliehen. Und wo stand er dabei? In der Rue du Saint Fiacre, vor der Kapelle oder einem Standbild des Heiligen; manche sagen auch: vor einem Wirtshaus dieses Namens. Die Bezeichnung "Fiaker" für die zweispännigen Mietkutschen setzte sich bald auch in anderen Ländern durch. In Wien tragen sie sie bis heute.



Und die Wiener halten diese Tradition hoch: Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert feiert am 30. August um 10.00 Uhr das Wiener Beförderungsgewerbe einen Gottesdienst im Stephansdom. Einige Dutzend Waisenkinder werden mit dem Taxi zur Messe abgeholt, während die Gärtner der Stadt die Kirche festlich schmücken; an die Passanten werden Blumengestecke verteilt. Anschließend verleben die Waisenkinder einen lustigen Nachmittag im Prater und werden am Abend nach einer zünftigen Jause nach Hause gebracht.



Nicht überall freilich ist der heilige Fiaker so wohlgelitten. Im niederländischen Breda scheiterte Ende 2007 der Versuch, eine Straße als "Sint-Fiacrius-Hof" zu benennen. Zu groß waren die Bedenken der Bürger, der Volksmund könnte ihre Häuserzeile als "Viagrahof" verspotten. Nun, auch dieses Schutzpatronat hätte der brave Ire sicher noch gern übernommen. Schließlich heißt er in seiner Heimat - Saint Fiachra.