Vor 25 Jahren starb Erzbischof Marcel Lefebvre

Ikone der Traditionalisten

​Lange war er die Leitfigur des konservativen Widerstandes in der katholischen Kirche. Dann fiel er in Ungnade und wurde exkommuniziert. Vor 25 Jahren starb Erzbischof Marcel Lefebvre.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Vor 25 Jahren starb Erzbischof Marcel Lefebvre (KNA)
Vor 25 Jahren starb Erzbischof Marcel Lefebvre / ( KNA )

Am 25. März 1991 verstarb in der Schweiz der exkommunizierte Erzbischof Marcel Lefebvre. Bei katholischen Traditionalisten - insbesondere in der von ihm gegründeten Piusbruderschaft - wird er bis heute verehrt.

Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965), bei dem er zur Minderheit der entschiedenen Reformgegner zählte, bis zu seinem Bruch mit dem Vatikan 1988 war Lefebvre innerhalb der Kirche die Leitfigur des konservativen Widerstands. Er kämpfte gegen die Veränderung der Liturgie und gegen eine Anpassung an moderne Zeiten. 1988 weihte er gegen das ausdrückliche Verbot des Papstes vier Bischöfe und manövrierte sich und seine Gefolgschaft damit ins Abseits.

Radikale Tendenzen und Spaltungen

Seine Anhänger haben sich seither in Teilen radikalisiert und auch ihrerseits wieder gespalten. Darunter finden sich so exotische Strömungen wie die "Sedisvakantisten". Sie behaupten, dass es seit dem letzten Konzil nur noch modernistische Häretiker auf dem Papstthron gebe - und der Stuhl Petri mithin vakant sei.

Weniger radikal als diese kleine Gruppe ist die von Lefebvre 1970 gegründete "Priesterbruderschaft Sankt Pius X." (FSSPX): Sie hält zwar die "modernistischen" Konzilsbeschlüsse für falsch, steht aber trotzdem zum Papst in Rom und verhandelt seit fast 20 Jahren mit wechselndem Erfolg mit dem Vatikan über eine Wiederannäherung. Diese vom FSSPX-Oberen, dem Schweizer Bernard Fellay, angeführte Richtung steht ganz in der Tradition von Lefebvre, der nach eigenem Bekunden nie die Kirchenspaltung anstrebte, sondern den Kurs der Kirche als konservativer Kritiker von innen beeinflussen wollte.

Festhalten an Riten und Glaubenssätzen

Auch wenn Lefebvre nach eigener Überzeugung immer nur das Beste für die Kirche wollte, musste der Vatikan ihn ausschließen, weil er sich nicht an die Spielregeln hielt und den Gehorsam verweigerte. Das Beste für die Kirche - das wäre aus Sicht Lefebvres das Festhalten an den Riten und Glaubenssätzen aus der Zeit Pius X. (1903 - 1914) gewesen. Dieser hatte den Modernismus verdammt und den "Feinden Christi" nicht Dialog, sondern Kampf angeboten. Mit dieser Haltung stand Lefebvre nicht nur gegen den toleranten Zeitgeist im späten 20. Jahrhundert, sondern auch gegen die Päpste von Johannes XIII. bis Johannes Paul II.

Ausgerechnet der sonst eher konservative polnische Papst führte die Exkommunikation der Erzkonservativen herbei. Mit Johannes Paul II. hatten sich die Piusbrüder mehrfach überworfen. Dessen Bereitschaft zum Dialog mit anderen Religionen, vor allem das Weltgebetstreffen für den Frieden in Assisi 1986, war in Lefebvres Augen ein weiterer Schritt in Richtung Häresie. Aus seiner Sicht wurde damit die Lehre untergraben, wonach die katholische Kirche die alleinseligmachende ist. Ähnliches galt für die ökumenische Annäherung an die Protestanten und die Anerkennung der Gewissensfreiheit.

Entfernung und Wiederannäherung

Restlos zerschnitten wurde das Tischtuch zwischen Rom und den "Lefebvrianern" indes nie. Die Geschichte der Entfernung und Wiederannäherung verläuft in einer Art Sinuskurve: Beim Konzil war Lefebvre noch dabei; als Paul VI. 1969 die Feier der Messe veränderte, wurde der Widerstand radikaler. Es folgten der Entzug der päpstlichen Zulassung für die Bruderschaft, das Verbot weiterer Priesterweihen und schließlich, zeitgleich mit den unerlaubten Bischofsweihen, die Exkommunikation als Höhepunkt der Entfernung.

Seither gab es immer neue Schritte zur Wiederannäherung. Schon Johannes Paul II. ließ die alte Form der Messe wieder unter strengen Auflagen in Einzelfällen zu und begann um das Jahr 2000 erste Verhandlungen mit Lefebvres Nachfolger Fellay.

Verhandlungen unter Benedikt XVI.

Unter Benedikt XVI. (2005 -2013) kam es zu weiteren Annäherungen: 2007 ließ er die alte Messe wieder allgemein als "außerordentliche Form" des römischen Ritus zu, 2009 hob er die Exkommunikation der illegal geweihten Bischöfe auf. Einer von ihnen, der als Holocaust-Leugner bekanntgewordene Richard Williamson, wurde 2012 aus der Bruderschaft ausgeschlossen und zog sich 2015 durch eine unerlaubte Bischofsweihe abermals die Strafe der Exkommunikation zu.

Die Verhandlungen mit den Piusbrüdern führten unter Benedikt XVI. bis zur Formulierung einer "Präambel" über die gemeinsame kirchliche Lehre, die jedoch Fellay nach internen Widerständen nicht unterzeichnete.

Sonderregelung im Heiligen Jahr

Unter Papst Franziskus ging die Annäherung trotz scharfer Kritik der Piusbrüder an ihm weiter. In seinem Heimatbistum Buenos Aires gestattete er die Anerkennung der Bruderschaft als kirchliche Körperschaft. Und für die Dauer des "Heiligen Jahres der Barmherzigkeit" verfügte er, dass alle Beichten bei Priestern der Bruderschaft nicht nur gültig, sondern auch erlaubt sind. Bischof Fellay reagierte mit großer Dankbarkeit.

Mit seinem Zickzack-Kurs zwischen radikaler Kritik und Annäherung in Einzelpunkten führt der noch vergleichsweise junge Generalobere (Jahrgang 1958) das Werk Lefebvres weiter. Auf dessen Grabplatte im schweizerischen Econe steht ein Satz des Apostels Paulus aus dem Korintherbrief: "Tradidi quod et accepi" (Ich habe weitergegeben, was ich empfangen habe). Es ist gewissermaßen die Kurzformel des traditionalistischen Selbstverständnisses.


Quelle:
KNA