Für die einen war er ein genialer Künstler, für die anderen ein Scharlatan und Selbstdarsteller. "Jeder Mensch ist ein Künstler", hatte Beuys gesagt und mit seinem "erweiterten Kunstbegriff" eine ganze Generation geprägt.
Der am 12. Mai 1921 in Krefeld geborene Beuys stürzte als Kampfflieger während des Zweiten Weltkriegs über der Krim ab und entging dabei nur knapp dem Tod. Bis heute hält sich die Version seiner Rettung, nach der es Tartaren waren, die ihn aufnahmen, mit Talg salbten, in Filz einhüllten und auf einem Schlitten transportierten.
Filz und Fett waren neben Wachs und Kupfer die zentralen Materialien des Künstlers. Der Filzhut wurde zum Markenzeichen und überdeckte die Silberplatte in der Schädeldecke, die nach seiner schweren Verletzung eingefügt wurde.
Beuys studierte nach dem Krieg Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf bei Ewald Mataré und lehrte dort von 1961 bis 1972 als Professor. Er galt als zuverlässiger, eher strenger Lehrer, der bald mit aufsehenerregenden Aktionen von sich reden machte. Mit der klassischen Bildhauerei hatten sie nichts mehr zu tun: In Zeichnungen, Plastiken, Objekten und Performances setzte er sich mit mythischen Themen und magischen Riten, Archetypen und Symbolen auseinander.
Hungerstreiks und Vorlesungsboykotts
Zwischen 1964 und 1982 nahm Beuys fünf Mal an der documenta in Kassel teil. Nachdem der Kunstprofessor im Juli 1971 insgesamt 142 von der Akademie abgelehnte Studenten in seine Klasse aufgenommen und das Sekretariat der Kunstakademie besetzt hatte, entließ der damalige Wissenschaftsminister Johannes Rau (SPD) Beuys.
Es folgten Hungerstreiks und Vorlesungsboykotts der Studenten sowie Solidaritätsbekundungen unter anderem von Heinrich Böll, Martin Walser, Gerhard Richter und Günther Uecker. Erst 1980 entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Vergleich, dass Beuys bis zum 65. Lebensjahr sein Atelier im "Raum 3" der Kunstakademie behalten und den Professorentitel weiter führen durfte, dafür aber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses akzeptieren musste.
Da war der Künstler international schon längst anerkannt und auch kommerziell erfolgreich. Schon im Jahr 1969 hatte sein Galerist für die Installation "The Pack - Das Rudel", das aus einem alten VW-Bus mit 24 Schlittenobjekten bestand, 110.000 Mark (rund 55.000 Euro) erzielt.
Beuys-Schau in der DDR
1976 war er mit der Installation "Straßenbahnhaltestelle" auf der Biennale in Venedig vertreten. Drei Jahre später traf Beuys in Düsseldorf zum ersten Mal mit Andy Warhol zusammen, und im gleichen Jahr widmete ihm das New Yorker Guggenheim-Museum als erstem Deutschen eine umfangreiche Retrospektive.
1981 fand in der DDR die erste Beuys-Schau statt. 1982 setzte der Künstler, der Mitglied der Grünen war, auf der documenta 7 in Kassel seine Skulptur "Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung (7.000 Eichen)" um. Die Eichen, denen jeweils eine Stele aus Basalt zur Seite gestellt wurde, sind bis heute im Stadtbild von Kassel präsent.
Ehrungen und Ausstellungen in Polen, Italien und Japan folgten. Beuys starb 1986 nach einer seltenen Entzündung des Lungengewebes an Herzversagen.
Vor 25 Jahren starb Joseph Beuys
Kunst aus Filz und Fett
Eine Interpretation seiner Kunstwerke lehnte er Zeit seines Lebens als "unkünstlerisch" ab. "Wenn auch das Kunstwerk das größte Rätsel ist, der Mensch ist die Lösung", sagte Joseph Beuys. Seine Vorstellung von Kunst bezog das kreative Mitgestalten in Politik und Gesellschaft ein. Auch 25 Jahre nach seinem Tod am 23. Januar 1986 scheiden sich an ihm noch immer die Geister.
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