Vor 25 Jahren wurde Karl Lehmann Vorsitzender der Bischofskonferenz

Der Versöhner

Der "Lotse", der "Prellbock", die "Stimme der deutschen Katholiken" - so oder so ähnlich sah sich Kardinal Karl Lehmann (76) in den fast 21 Jahren seiner Zeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz wiederholt charakterisiert. 25 Jahre ist es nun her, dass der Mainzer Bischof erstmals - am 22. September 1987 - von den deutschen Bischöfen an die Spitze ihrer Konferenz gewählt wurde.

Autor/in:
Peter de Groot
 (DR)

Das taten sie noch drei weitere Male in Folge, für jeweils sechs Jahre. Aus gesundheitlichen Gründen trat Lehmann dann Anfang 2008 im dritten Jahr seiner vierten Amtszeit vorzeitig zurück. Sein Kommentar damals: "Das war"s. Jetzt soll es ein anderer machen." Einige Jahre zuvor hatte Lehmann sein Wirken einmal so beschrieben: Er habe immer - "so gut es als Mensch geht" - geradlinig und sachlich seine Arbeit gemacht, habe, gelegen oder ungelegen, seine begründete Meinung gesagt.



Lehmann, seit 1983 und nach wie vor Bischof von Mainz, war 1985 zum stellvertretenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz gewählt worden, an deren Spitze damals der Kölner Kardinal Joseph Höffner (1906-1987) stand. Nicht ganz zwei Jahre später erkrankte Höffner. Lehmann wurde kommissarischer Vorsitzender. Für wenige Wochen, bis zu der wie stets in Fulda tagenden Herbstvollversammlung der Bischöfe; sie sollte den neuen Vorsitzenden wählen.



Dass es Lehmann wurde, kam für viele überraschend. Er war mit 51 Jahren der damals Jüngste unter den deutschen Diözesanbischöfen, und er war - anders als seine Vorgänger Julius Döpfner (1913-1976) und Höffner - nicht Kardinal. Das aber war der damalige Münchener Erzbischof Friedrich Wetter, der denn auch als Favorit ins Rennen um den Vorsitz der Bischofskonferenz gegangen war.



Drei Wahlgänge

Vor der Abstimmung gab es, entgegen dem Brauch, eine Aussprache. Der seinerzeitige Essener Bischof und spätere Kardinal Franz Hengsbach machte deutlich: Natürlich komme nur Wetter als Vorsitzender in Frage. Am Ende aber, nach dem dritten Wahlgang, hieß der neue Vorsitzende Lehmann.



In den Medien war von einem "Generationenwechsel" die Rede und von einem "ökumenischen Zeichen"; sie würdigten Lehmann als einen "nicht immer bequemen Theologen" und als einen Mann, "der in die Zeit passt, ohne vom Zeitgeist angekränkelt zu sein". Lehmann selbst erklärte unmittelbar nach seiner Wahl, er wolle den Vorsitz in Kontinuität zu seinen Vorgängern Höffner und Döpfner führen. Er sei Sprecher eines demokratischen Gremiums und nicht der "Papst in Deutschland".



Der Kardinalstitel ließ noch lange auf sich warten. Wohl auch deshalb, weil Lehmann mehrfach Positionen vertrat, die nicht von Rom geteilt wurden. So plädierte er etwa gegen den Willen Roms für einen Verbleib der katholischen Beratungsstellen in Deutschland im gesetzlichen System der Schwangeren-Konfliktberatung. Anfang 2001 dann aber war es so weit: Papst Johannes Paul II. erhob Lehmann zum Kardinal.



Jeden zu Wort kommen lassen

Über die Bischofskonferenz hat Lehmann einmal gesagt, da gebe es - wie überall - verschiedene Charaktere und Lebensgeschichten, was er als positiv empfinde. Und er habe diese Erfahrung gemacht: "Bei großen Entscheidungen muss man sich viel Zeit nehmen, jeden zu Wort kommen lassen. Wenn alle das Gefühl haben: Ich habe alles sagen können, dann ist es erstaunlich, zu welcher Gemeinsamkeit man kommen kann."



Als Lehmann - acht Monate nach seiner vierten Wahl zum Bischofskonferenz-Vorsitzenden - 70 Jahre alt wurde, bescheinigte ihm der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper, er sei so etwas wie eine Institution geworden. Für viele sei er ein fester Bezugspunkt, an dem man sich orientiere, an dem man sich festhalte und aufrichte.