Vor 30 Jahren erschien das Kirchenrecht CIC

Das Konzil ins kirchliche Leben

Bei der sensationellen Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils ging fast völlig unter, dass Papst Johannes XXIII. auch noch zwei weitere Projekte bekannt gab: eine römische Diözesansynode und die Reform des Kirchenrechts.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Zweites Vatikanisches Konzil (KNA)
Zweites Vatikanisches Konzil / ( KNA )

24 Jahre später, am 25. Januar 1983, kam der neue Kodex des Kirchenrechts (CIC) heraus - praktisch als letztes Dokument und als Abschluss des Konzils. Der neue CIC sollte das gewandelte Kirchenbild des Konzils ins Rechtssystem umsetzen. Das Konzept der Kollegialität, das neue Bild von Pfarrei und Ökumene, Einrichtungen wie Bischofssynode oder Diözesanpastoralrat schlugen sich nieder. Das Bemühen der zuständigen Reformkommission war, aus dem "doch sehr technischen Gesetzbuch von 1917 eines zu machen, dass der Ekklesiologie (Kirchenverständnis) des Konzils entsprach», sagte der deutsche Kirchenrechtler und römische Rota-Richter Markus Graulich der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Und das ging nicht nur mit sprachlichen Korrekturen oder begrifflichen Ergänzungen, sondern setzte eine neue Mentalität voraus.

Für die Dauer des Konzils (1962-65) wurden die Arbeiten am neuen Kirchenrecht zunächst ausgesetzt, auch wenn Konzilsväter immer wieder Empfehlungen für das künftige Projekt aussprachen. Die erste Weltbischofssynode 1967 legte die Prinzipien für die Kodexreform fest. Das Ergebnis waren schließlich 1.752 Canones in sieben Teilen auf 770 Seiten.

Der neue CIC unterschied sich in vielerlei Hinsicht von der Vorgängerausgabe. Die Canones zur hierarchischen Verfassung der Kirche tragen den Titel "Volk Gottes" und heben zunächst das Gemeinsame hervor, Rechte und Pflichten aller Gläubigen, auch der Laien. Sie schließen auch die Frage ein, wie die Gläubigen ihre Rechte verteidigen können. Dann ist die Pfarrei nicht mehr eine «fabbrica ecclesia», eine Pfründe, sondern die "Gemeinschaft der Gläubigen" mit dem Pfarrer als Hirten. Neu ist auch die stark personalistische Sicht der Ehe als lebenslange Gemeinschaft, die "auf das Wohl der Ehegatten" und auf Zeugung und Erziehung von Kindern hingeordnet ist. Im alten Kodex war hier vom «ius in corpus» die Rede, vom Recht auf den Leib des Partners.

Rechtsentwicklung nicht abgeschlossen

Der neue Kodex sei ein "gelungener Wurf", letztlich aber doch noch keine Erfolgsgesichte, so Graulich. Das Werk will die Konstitutionen und Dekrete des Konzils ins kirchliche Leben übertragen - und diese Intention ist gelungen. Aber es werde nicht ausreichend in die Praxis umgesetzt und angewandt, so der Rota-Richter. Nach wie vor sei in Kirchenkreisen die "Mentalität des 1917er Kodex" verbreitet, das neue Gesetzbuch werde nicht genügend zur Kenntnis genommen. Daneben besteht weiter eine in den Nachkonzilsjahren aufgekommene generelle Skepsis gegenüber kirchlichen Gesetzeswerken. "Da ist noch viel zu vermitteln", so Graulich.

Mit der Veröffentlichung des neuen CIC vor 30 Jahren ist die kirchliche Rechtsentwicklung freilich nicht abgeschlossen. Johannes Paul II. wie auch Benedikt XVI. haben mehrfach Ergänzungen und Veränderungen am Kirchenrecht vorgenommen. Der neue Paragraf 750,2 konkretisiert einen Treueeid, den Theologen zu leisten haben. In den Canones 1008/09 wird die Position des Diakons deutlicher von der des Priesters und Bischofs abgehoben und in 1086, 1117 und 1124 werden Präzisierungen am Eherecht vorgenommen.

Weitere Ergänzungen gab es im Strafrecht, vor allem hinsichtlich der "delicta graviora", der schwerwiegenden Delikte. Bereits 2001 hatte der Vatikan strenge Normen für sexuelle Missbrauchsfälle erlassen - die freilich nicht konsequent angewandt wurden, wie sich bei der Eskalation der Skandale 2010 schmerzhaft herausstellte. Ohnehin gibt es Überlegungen, das Strafrecht insgesamt zu überarbeiten. Dann könnten auch Entwicklungen und Fragestellungen einbezogen werden, die es 1983 noch nicht gab, etwa das Internet. Noch wichtiger aber sei die Umsetzung des neuen CIC und seiner Mentalität - und damit letztlich auch des Konzils. Denn, so sagte Johannes Paul II. 1983 vor Kirchenrechtlern in Rom: Der Kodex sei die «schola concilii», die Schule des Konzils.


Quelle:
KNA