Vor 59 Jahren: Wie die Mauer eine Gemeinde teilte

Die zwei St. Michaels von Berlin

Familien, Straßen und eine ganze Stadt wurden geteilt, als in der Nacht vom 13. August 1961 der Bau der Berliner Mauer begann. Auch eine katholische Kirchengemeinde fiel der Trennung Jahrzehntelang zum Opfer. 

Autor/in:
Magdalena Thiele
Die geteilte Kirche St. Michael in Berlin / © Magdalena Thiele (privat)
Die geteilte Kirche St. Michael in Berlin / © Magdalena Thiele ( privat )

Mit der Mauer wurde hier alles anders. In der Gemeinde St. Michael in Berlin gab es plötzlich ein jenseits und diesseits des Todesstreifens. Im Kreuzberger Westen wurde eine neue Kirche errichtet, unweit der alten Kirche St. Michael im Bezirk Mitte. Nur ein paar Straßen voneinander entfernt stehen bis heute daher zwei St-Michaels-Kirchen.

"Nach 1961 waren wir hier im Ostteil noch circa 1000 Gemeindemitglieder“, erzählt der Vorsitzende des Fördervereins der alten Kirche St. Michael, Frank Motter. Sein ganzes Leben hat er der Kirche die Treue gehalten, die nach der großen Zerstörung im zweiten Weltkrieg nur zur Hälfte wiederaufgebaut worden war.

Schweres Leben für Ost-Katholiken

"Nach dem Mauerbau durften wir keine Frohnleichnahmsprozession um den Michaelkirchplatz mehr machen", erinnert sich der heute 68-jährige. Dafür gab es dann – der Verdacht bestätigte sich erst nach der Wende – immer ein paar Leute, die für die Stasi gearbeitet und das katholische Geschehen durch die skeptische Brille des Regimes beobachteten. Unter dieser Aufsicht durften immerhin die Jugend- und Caritasgruppen und auch der Kirchenchor weiterarbeiten.

Wer sich zu seinem Glauben bekannte, hatte es ohnehin schwer in der ehemaligen DDR. "Ich hätte auch gerne Abitur gemacht und studiert", sagt Motter. "Aber das ging natürlich nicht. "Der Religionsunterricht in der Gemeinde hätte ihn, Gott sei Dank, auf die provozierenden Fragen von Mitschülern und Lehrern gut vorbereitet. "Da wurde dann schon mal behauptet, der Papst hätte ein goldenes Telefon und anderer Unsinn", erinnert sich Motter und muss heute noch schmunzeln. Nur eins hätte ihn und seine Jugendfreunde doch beschäftigt: Warum fuhren die Bischöfe eigentlich mit großen Westautos vor? "Konnten die nicht mit einem Wartburg fahren?"


Quelle:
DR