Vor 75 Jahren wurde der Pfarrernotbund gegründet

Ein Zeichen des Widerstands

In der Geschichte des Christentums liegen Triumph und Scheitern, Tugend und Sünde oft dicht beieinander. Etwa im Verhältnis der Kirchen zum NS-Regime. Hier hat es sowohl auf evangelischer als auch auf katholischer Seite beides gegeben: Versagen und verantwortungslose Nachgiebigkeit, aber auch entschlossene Ablehnung und Widerstand. Beispielhaft lässt sich dies am Pfarrernotbund zeigen, der vor 75 Jahren, am 21. September 1933, gegründet wurde.

Autor/in:
Guido Bee
 (DR)

Die Not, gegen die sich die damals gegründete Vereinigung auflehnte, war durch die bei den Kirchenwahlen vom Juli 1933 begründete Vorherrschaft der Deutschen Christen geschaffen worden. Sie strebten eine Umformung der evangelischen Kirche in eine vom NS-Denken beherrschte Nationalkirche an, was vor allem für die Christen jüdischer Herkunft schlimme Konsequenzen hatte.

Sichtbar wurde das mit dem im April 1933 von der Reichsregierung erlassenen "Arierparagraph", der Deutschen jüdischer Abstammung die Zulassung zu öffentlichen Ämtern verwehrte. Die Deutschen Christen setzten dem nicht nur keinen Widerstand entgegen. Sie waren bemüht, die NS-Rassenpolitik auch schnellstmöglich zur Grundlage für die Besetzung kirchlicher Ämter zu machen.

Die Popularität der Bewegung wuchs schnell
Am 6. September 1933 beschloss die Generalsynode der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union ein Kirchengesetz, das von kirchlichen Amtsträgern eine "arische Abstammung" verlangte. Um zu dokumentieren, wie treu die Kirche zum Nationalsozialismus stand, wurde außerdem beschlossen, dass selbst die Ehe mit "Nichtariern" ein Nichtberufungs- oder Entlassungsgrund von Geistlichen war.

Einen Tag später traf sich eine Gruppe um die Berliner Pfarrer Herbert Goltzen, Günther Jacob und Eugen Weschke, um einen "Notbund" von evangelischen Theologen und kirchlichen Amtsträgern zu gründen, der den Protest gegen diese Maßnahmen artikulieren und die vom Arierparagraphen betroffenen Pfarrer jüdischer Herkunft ideell und materiell unterstützen sollte. Dieser Gruppe traten wenige Tage später weitere Pfarrer bei, darunter Martin Niemöller und Dietrich Bonhoeffer. Die Popularität der Bewegung wuchs, und mehr als vier Monate später verfügte der Notbund - trotz permanenter Attacken seitens der Deutschen Christen, die ihn als "Spaltbund" attackierten - über mehr als 7.000 Mitglieder.

Die Stärke der Bewegung brachte Reichsbischof Ludwig Müller schließlich dazu, die Kirchengesetze mit dem Arierparagraphen im November 1933 zunächst auszusetzen. Vom Regime selbst erhielten die Deutschen Christen keine nennenswerte Unterstützung. Der Anteil der jüdischen Pfarrer war zu unbedeutend, um das Ziel einer geschlossen staatskonformen evangelischen Kirche aufs Spiel zu setzen.

Verlust der Bedeutung
Nach diesem Sieg verlor der Pfarrernotbund an Bedeutung. Seine Mitgliederzahl sank bis 1938 auf rund 5.000 Mitglieder. Wenn sein Widerstand auch auf innerkirchliche Vorgänge beschränkt war und er die Verbrechen des NS-Regimes an den Juden nie kritisierte, hatte der Notbund doch zumindest einer eilfertigen Übertragung der menschenverachtenden NS-Ideologie auf innerkirchliche Prozesse den Kampf angesagt.

Gleichzeitig wurde sichtbar, dass der Spielraum des Protests, der den Kirchen zur Verfügung stand, ohne Zwangsmaßnahmen zu befürchten, deutlich größer war als der tatsächlich genutzte. Eigentliche Instanz des evangelischen kirchlichen Widerstands wurde dann die im Mai 1934 gegründete "Bekennende Kirche".