Waffenlieferung sorgt für Empörung – die Bundesregierung schweigt

Panzer für den Diktator

Deutschland ist einer der größten Waffenexporteure weltweit. Soweit nicht neu. Aber 200 moderne "Leopard"-Panzer für Saudi-Arabien, ein autoritäres Regime, das Menschenrechte wenig achtet? Genau das berichtet "Der Spiegel". Die Empörung ist groß: Es wäre zwar nicht die erste Waffenlieferung an das Land – aber die erste von der Größenordnung.

 (DR)

Über die geplante Lieferung von Kampfpanzern des Typs "Leopard" an Saudi-Arabien will die Grünen-Fraktion deshalb in einer Aktuellen Stunde des Bundestags debattieren. Die Lieferungsentscheidung müsse revidiert werden, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, am Montag (04.07.2011).



Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte in seiner jüngsten Ausgabe gemeldet, Deutschland sei bereit, 200 moderne "Leopard"-Panzer an Saudi-Arabien zu liefern. Der Bundessicherheitsrat, dem die Bundeskanzlerin und acht Minister angehören, habe den Export in der vorigen Woche grundsätzlich gebilligt, schreibt das Magazin. In den vergangenen Jahrzehnten seien Panzer-Lieferungen an das Land hingegen mit dem Hinweis auf die Gefährdung Israels abgelehnt worden.



Laut Rüstungsexportbericht der Bundesregierung gehört Saudi-Arabien seit 2008 zu den Top Ten der Empfängerländer deutscher Waffen. Im Jahr 2009 genehmigte der Bund unter anderem den Export von Teile für Feuerleiteinrichtungen, Bodenüberwachungsradar, Teile für Kampfflugzeuge, Tankflugzeuge, Teile für Raketen, Granaten, Elektronische Kampfführung und Grenzsicherungssysteme.



"Skandalös"

Die Kampagne "Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel", an der auch die katholische Friedensbewegung pax christi beteiligt ist, erklärte, es sei "skandalös, dass die Bundesregierung Waffen an Diktatoren liefert, die in ihrem Land die Menschenrechte mit Füßen treten". Saudi-Arabien hatte im März nach einem Hilfeersuchen Bahrains Verstärkungstruppen in das Nachbarland geschickt, um die seit Februar andauernden Proteste niederzuschlagen.



Seit 2005 regiert der saudi-arabische König mit harter Hand. Als Premierminister und militärischer Oberbefehlshaber in Person lässt er keine Opposition zu. "Die Behörden unterdrückten weiterhin das Recht auf freie Meinungsäußerung und andere Grundrechte", bilanziert die Menschenrechtsorganisation amnesty international in ihrem "Report 2010". Tausende Personen, die "aus Sicherheitsgründen" festgenommen wurden, befinden sich in Haft, darunter gewaltlose politische Gefangene. Die Haftbedingungen sind katastrophal.



Widerspruch kam auch von der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE). Deren Vorsitzender, Prälat Bernhard Felmberg, sagte, er halte eine solche Entscheidung nicht für akzeptabel. Mit Blick auf die Niederschlagung der Proteste in Bahrain mit Unterstützung des saudischen Militärs sagte der evangelische Theologe, der "Leopard"-Kampfpanzer sei auch geeignet, um Demonstranten einzuschüchtern und Barrikaden aus dem Weg räumen. Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung ist ein evangelisch-katholischer Verbund zur Entwicklungspolitik. Er führt Dialoge mit Parlament, Regierung und gesellschaftlichen Interessengruppen zu Fragen der Nord-Süd-Politik und der Entwicklungszusammenarbeit.



Bundesregierung will nicht Stellung nehmen

Regierungssprecher Steffen Seibert berief sich auf die Geheimhaltung der Beschlussfassung über Ausfuhrgenehmigungen im Bundessicherheitsrat. Er versicherte, die Bundesregierung handele nicht gegen die Interessen und das Existenzrecht Israels. Die Beschlüsse des Bundessicherheitsrats werden grundsätzlich nicht bekanntgegeben. Die Bundesregierung gibt nur im Rüstungsexportbericht Auskunft über Waffenlieferungen an das Ausland, wenn diese bereits erfolgt sind.



Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Peschke, wollte die mögliche Lieferung von 200 Panzern an Saudi-Arabien ebenfalls nicht bestätigen oder kommentieren. Zur Rolle des saudi-arabischen Militärs bei der Niederschlagung von Protesten in Bahrain sagte Peschke, die Bundesregierung verfolge die innenpolitische Entwicklung in Bahrain aufmerksam und nicht ohne Sorge. Zur Menschenrechtslage in Saudi-Arabien selbst sagte Peschke, die Menschenrechte würden von der Bundesregierung immer wieder thematisiert. Es gebe in diesem Punkt "klare Meinungsverschiedenheiten".