Wagenknecht stärkt Franziskus nach Ukraine-Worten den Rücken

"Nicht der Papst muss sich rechtfertigen"

"Mut zur weißen Fahne" hat Papst Franziskus der angegriffenen Ukraine in einem Interview geraten und damit weltweit Empörung ausgelöst. Völlig zu Unrecht, meint die Politikerin Sahra Wagenknecht nun in einem Zeitungsbeitrag.

Sahra Wagenknecht / © Britta Pedersen (dpa)
Sahra Wagenknecht / © Britta Pedersen ( dpa )

Die frühere Linken-Politikerin und jetzige Vorsitzende der Partei BSW, Sahra Wagenknecht, verteidigt das Eintreten von Papst Franziskus für einen Waffenstillstand in der Ukraine.

Papst Franziskus / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Papst Franziskus / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

"Wieso reagiert man derart überzogen, obwohl der Papst ausdrücklich von Verhandlungen spricht und nicht von einer bedingungslosen Kapitulation?", fragt Wagenknecht in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Die Tagespost" (Donnerstag Online).

"In was für einer Gesellschaft leben wir, in der ein Oberhaupt der Katholischen Kirche sich für einen Appell zu Friedensgesprächen rechtfertigen muss - und nicht führende Politiker für ihr Unvermögen oder ihren Unwillen, zwei Kriegsparteien an einen Tisch zu bringen?"

"Verhandeln ist niemals ein Sich-Ergeben"

Wagenknecht zitiert die Interview-Aussage des Papstes: "Verhandeln ist niemals ein Sich-Ergeben. Es ist der Mut, das Land nicht in den Selbstmord zu führen." Auch sie selbst halte Verhandlungsbereitschaft nicht für ein Zeichen der Schwäche, vielmehr zeuge es von Stärke, den Mut zur Umkehr zu haben, wenn sich ein Weg als Sackgasse erwiesen habe.

Sahra Wagenknecht / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Sahra Wagenknecht / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Alle Waffenlieferungen des Westens hätten die Verhandlungsposition der Ukraine nicht verbessert, so die Vorsitzende des "Bündnisses Sarah Wagenknecht" (BSW) weiter. Selbst ukrainische Generäle gingen nicht mehr davon aus, den Krieg militärisch gewinnen zu können. Die USA zögen sich aus der Kriegsfinanzierung zurück und der Ukraine gingen die Soldaten aus. "Zu Verhandlungen gibt es also keine Alternative, sofern man keine NATO-Truppen schicken und damit einen Atomkrieg riskieren will."

Stellungskrieg beenden

In dieser Lage habe der Papst einen Anstoß gegeben, endlich einen grauenvollen Stellungskrieg zu beenden. Doch schon lange gelte es in Deutschland als anstößig, nicht nur von Russland, sondern auch von der Ukraine die Bereitschaft zu Verhandlungen einzufordern. 

Ukraine, Irpin: Ukrainische Soldaten stehen in einem Schützenloch in Irpin, am Stadtrand von Kiew / © Vadim Ghirda (dpa)
Ukraine, Irpin: Ukrainische Soldaten stehen in einem Schützenloch in Irpin, am Stadtrand von Kiew / © Vadim Ghirda ( dpa )

Der Papst steht nach Wagenknechts Worten für eine Verantwortungsethik, die sich an den realen Folgen des menschlichen Handelns orientiert. Dagegen herrschten hierzulande Gesinnungsethik, Schwarz-Weiß-Denken und die Dämonisierung Russlands. Wagenknecht: "Sicher kann man den russischen Überfall auf die Ukraine ein Verbrechen nennen. Doch wohin hat uns eine Politik geführt, die mit moralischer Inbrunst den bösen Angreifer verdammt, statt mit Vernunft über mögliche Kompromisse in einem Interessenkonflikt nachzudenken?"

Vatikan erläutert Papstwort zur "Weißen Flagge" für die Ukraine

Der Vatikan hat versucht, umstrittene Äußerungen des Papstes zu einem Verhandlungsfrieden im russisch-ukrainischen Krieg einzuordnen. Das zum Heiligen Stuhl gehörende Online-Portal Vatican News verbreitete in mehreren Sprachen, darunter auch auf Ukrainisch, einen Bericht über eine entsprechende Erklärung von Vatikansprecher Matteo Bruni.

Darin heißt es, Bruni habe auf Nachfrage gegenüber Journalisten präzisiert, dass der Papst mit seinen jüngst veröffentlichten Worten zur Ukraine "vor allem zu einem Waffenstillstand aufrufen und den Mut zu Verhandlungen wiederbeleben wollte".

Papst Franziskus / © Andrew Medichini/AP (dpa)
Papst Franziskus / © Andrew Medichini/AP ( dpa )
Quelle:
KNA