Eine Schicksalswahl. Ich weiß nicht, wie oft ich dieses Etikett für die heutige Wahl zum Bundestag in den letzten Wochen und Monaten gelesen habe.
Schicksalswahl ist ein großes Wort. Gerade weil Worte mein Handwerk sind finde ich, dass man mit großen Worten sehr vorsichtig sein muss. Große Worte müssen passen, sonst verlieren sie ihre Macht.
Ob diese Wahl wirklich eine Schicksalswahl ist, wer kann das wissen? Aber ich kann sehr gut verstehen, warum sie so genannt wird.
Erstens: Die Wissenschaft sagt, wir haben gerade mal noch sieben Jahre Zeit, um den Klimawandel so aufzuhalten, dass wir Menschen ihn überhaupt noch eindämmen können.
Besonders schlimm finde ich: Wenn wir heute den Bundestag wählen, dann für vier Jahre, also für mehr als die Hälfte der Zeit, die uns im Klimakampf überhaupt noch bleibt.
Was aber nützt uns die Demokratie, wenn wir keine Erde mehr haben, auf der wir wohnen können?
Zweitens: In Teilen der AfD drängen Menschen ins Parlament, die mit der Demokratie mal so gar nichts am Hut haben. Im Gegenteil, sie nutzen demokratische Wahlen, um danach ihre undemokratischen Staatsvorstellungen zu leben.
Besonders schlimm finde ich dabei, dass in Thüringen der wegen Rechtsextremismus vom Verfassungsschutz überwachte Björn Höcke Wahlwerbung für den CDU-Kandidaten Hans Georg Maaßen macht. Und sich der CDU-Kanzlerkandidat nicht distanziert und der CDU-Gesundheitsminister sagt, er würde den Kandidaten auch wählen.
Was aber nützt die beste Demokratie, wenn wir keine Freiheit mehr haben?
Wie gesagt, ich kann verstehen, dass diese Wahl eine Schicksalswahl genannt wird.
Auf jeden Fall können wir heute entscheiden, wie viel uns die Freiheit wert ist. Und auch, wie viel uns unsere Erde wert ist.
Und zwar in echten, freien Wahlen. Was für ein Glück!
Der Kollege Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung nennt, wie passend, Wahltage die Feiertage der Demokratie. Weil so viel auf dem Spiel steht, ist heute dann wohl ein besonders hoher Feiertag.
Feiern wir also unsere Demokratie heute besonders, schätzen wir die Freiheit, die wir haben und schützen wir das Klima, damit wir es noch beeinflussen können.
Vielleicht können wir dann nicht nur in vier, sondern auch in sechzehn und zweiunddreißig Jahren noch genauso feiern.
Das wäre wunderbar.