Frage an Weihbischof Schwaderlapp

Wann werden die eucharistischen Gaben gewandelt?

Zu welchem Zeitpunkt während der Eucharistiefeier werden die eucharistischen Gaben Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt? Während der Epiklese oder während des Einsetzungsberichtes? Oder kann man den Zeitpunkt nicht genau definieren? (M.S.)

 (DR)

Sehr geehrter Herr S.,

Ihre Frage zielt insofern auf das Herzstück des katholischen Glaubens, als "die Eucharistie … der Inbegriff und die Summe unseres Glaubens" ist, wie der Katechismus der Katholischen Kirche sagt (n. 1327). Während der Eucharistiefeier – und näherhin während des Hochgebets – wird Christus ja nicht nur real, sondern sogar leiblich in unserer Mitte gegenwärtig. Nun fragen Sie nach dem genauen Zeitpunkt. Die beiden alternativen Antworten, die Sie selbst nennen (Epiklese, also Anrufung des Heiligen Geistes, oder Einsetzungsworte), geben die jeweilige traditionelle Ansicht der Ost- und der Westkirche wieder.

Vertreter beider Standpunkte haben sicherlich ihre Argumente. Ich gebe aber zu bedenken, dass die Epiklese eng mit den Einsetzungsworten verbunden ist. In der katholischen Kirche geht sie diesen unmittelbar voran, während sie ihnen in der Ostkirche meistens folgt. Die katholischen Hochgebete II und III verklammern mithilfe des kausalen "denn" beide Teile auch inhaltlich miteinander. Hier wird die innere Beziehung besonders deutlich: Die Anrufung des Heiligen Geistes, der Brot und Wein in Leib und Blut Christi wandelt, geschieht unter Berufung auf die Gesten und Worte Jesu im Abendmahlssaal.

Während ich sonst durchaus ein Anhänger theologischer Trennschärfe bin, plädiere ich in diesem Fall also dafür, beide Teile als strukturierte Einheit komplementärer Elemente zu sehen. Dass ich als westkirchlicher Bischof dazu tendiere, die Wandlungsworte als Moment der Realpräsenz zu sehen, liegt auf der Hand. Aber auch die Ansicht der Ostkirche kann ja nicht einfach falsch ein, denn dann würde diese keine gültige Eucharistie feiern. Die Westkirche akzeptiert die orthodoxe "Göttliche Liturgie" jedoch anstandslos als authentisch. Ein bemerkenswerter, in der Öffentlichkeit aber weithin unbemerkt gebliebener Vorgang hat das besonders prägnant herausgestellt: Im Jahre 2001 erkannte Rom die in der orientalischen "Assyrischen Kirche des Ostens" gebräuchliche "Anaphora [Hochgebet] von Addai [Apostel Thaddäus] und [dessen Schüler] Mari" ausdrücklich an. Die Besonderheit besteht darin, dass dieses Hochgebet keine aus-formulierten Wandlungsworte enthält, was manche Theologen dazu bewogen hat, gegen die römische Entscheidung zu protestieren. Der Päpstliche Rat für die Einheit der Christen wies aber darauf hin, dass die Einsetzungsworte zwar nicht gemäß dem genauen Wortlaut enthalten sind, wohl aber der Sache nach.

Mein persönliches Fazit lautet: Zu einer gültigen Wandlung gehören sowohl die Epiklese als auch die Wandlungsworte. Eine Unterscheidung beider Elemente ist sinnvoll, nicht aber ihre Trennung voneinander. Um es mit einem Bild zu sagen: Auch bei einem Kuss wird man nicht festlegen wollen und können, ob er beim ersten Aufeinandertreffen der Lippen erfolgt oder erst, wenn man sie wieder voneinander löst. Dieser Vergleich mag etwas poetisch sein, aber keineswegs weit hergeholt: Auch das in der Eucharistie vergegenwärtigte Kreuzesopfer Christi geschah ja als Zeichen und Mittel seiner Liebe zu den Menschen. "Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung" bezeugt uns das Evangelium nach Johannes zu Beginn von Jesu "Abschiedsreden" im Abendmahlssaal (13,1). Und das Exsultet, das feierliche Lob der Osterkerze, jubelt: Christus "hat für uns beim ewigen Vater Adams Schuld bezahlt und den Schuldbrief ausgelöscht mit seinem Blut, das er aus Liebe vergossen hat."

Es würde mich freuen, wenn Ihnen meine Hinweise weiterhelfen könnten.

+Dominikus Schwaderlapp


Dominikus Schwaderlapp / © Harald Oppitz (KNA)
Dominikus Schwaderlapp / © Harald Oppitz ( KNA )