War die Nachrichtenagentur CNS den US-Bischöfen zu liberal?

"Mit der Mehrheit nicht mehr kompatibel"

Die älteste katholische Nachrichtenagentur CNS, die der US-amerikanischen Bischofskonferenz untersteht, wird größtenteils aufgelöst. Welche Politik steckt dahinter und was bedeutet das für die katholische Medienlandschaft in den USA?

Zeitungen auf einem Tisch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Zeitungen auf einem Tisch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Spekulationen über den Schritt sind groß. Man vermutet, dass der konservativen Bischofskonferenz in den USA die Agentur Catholic News Service (CNS) ein bisschen zu liberal, zu links geworden ist. Ist das realistisch, das so zu sehen?

Ludwig Ring-Eifel (Chefredakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur / KNA): Wir haben schon länger beobachtet, dass CNS einen sehr pluralistischen Kurs verfolgt. Das heißt, bei den Kollegen von CNS werden beide Seiten zu Wort kommen gelassen, also sowohl eine mehr reformorientierte Seite wie auch eine starke konservative Seite.

Das scheint mit der Mehrheit der Bischofskonferenz in den USA nicht mehr kompatibel zu sein. Die Mehrheit scheint stärker eine konservative Ausrichtung zu wollen.

Aber wir sind im Moment noch bei Kaffeesatzleserei, denn außer der Mitteilung, dass die 21 Kollegen zum Ende des Jahres entlassen werden, gibt es noch keine klaren Erkenntnisse.

KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel (KNA)
KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel / ( KNA )

DOMRADIO.DE: Kann man denn die US-Bischofskonferenz so einfach in die konservative Ecke stecken? Bei denen gibt es auch große Streitigkeiten zwischen beiden Seiten.

Ring-Eifel: Wie genau die Mehrheitsverhältnisse im Moment sind, lässt sich schwer sagen, aber ich würde rechnen, dass die konservative Fraktion doch noch deutlich die Mehrheit hat. Da hat es einen großen Generationenwechsel gegeben im Pontifikat von Johannes Paul II. und auch von Benedikt XVI.

Franziskus hat ein paar eher, nach unseren Muster gesprochen, liberalere oder offenere Bischöfe eingesetzt, aber die bilden immer noch deutlich die Minderheit.

DOMRADIO.DE: Es gibt auch eine Vorgeschichte. Vor ein paar Jahren wurde der damalige Chefredakteur der CNS entlassen, der sich unter anderem liberal zum Thema Homosexualität in der Kirche geäußert hat. Also, ist es nichts Neues, dass man versucht politischen Einfluss zu nehmen?

Ring-Eifel: Solche Versuche der politischen Einflussnahme hat es immer gegeben. Was ganz klar ist: Wenn eine Nachrichtenagentur anders als bei uns in Deutschland direkt der Kommunikationsabteilung der Bischofskonferenz unterstellt ist, dann ist sie sozusagen nur ein verlängerter Arm und wird dann auch politisch genau ausgerichtet. Das wundert überhaupt nicht.

Und was damals Tony Spence (Ehemaliger Chefredakteur von CNS, Anm. d. Red.) widerfahren ist, ist eben jetzt der gesamten Redaktion widerfahren. Es ist nur überraschend, dass es unter Greg Erlandson passiert, also dem jetzigen Chefredakteur, der wirklich als ein Mann des Ausgleichs gilt, weder als sehr konservativ noch als sehr progressiv. Das ist wirklich eine ziemliche Überraschung.

DOMRADIO.DE: Spannend ist die Frage, was das für die Medienlandschaft der amerikanischen Kirche bedeutet. Es gibt zum Beispiel die Vermutung, dass das konservative Netzwerk dadurch gestärkt wird und dann quasi in die Bresche springt. Ist das realistisch?

Ring-Eifel: Es ist ja heute teilweise schon so, dass EWTN und die mit ihnen verbundene Agentur CNA einen Großteil des religiösen Marktes beeinflussen. Aber wenn sie jetzt alleine dort sind und Fairness komplett wegfällt, dann verschiebt das natürlich die Gewichte.

Auf der anderen Seite gibt es selbstverständlich weiterhin solche nationalen Größen wie das Jesuiten Magazin America, die einen sehr prononciert liberalen Kurs fahren, oder den National Catholic Reporter, der ebenfalls reformorientiert ist. Oder auch das Internetportal Crux, das einen gemäßigt liberalen Kurs fährt.

Die konservativen Stimmen bleiben dann nicht die einzigen, aber es fällt eben das Instrument einer Nachrichtenagentur oder eines Pressedienstes, das muss man eher sagen, weg. Denn CNS war ja nie eine Nachrichtenagentur, so wie die KNA, weil sie niemals den freien Markt, sondern immer nur die kirchlichen Zeitungen beliefert haben. Das war auch eine Schwäche.

Ludwig Ring-Eifel

"Die konservativen Stimmen bleiben dann nicht die einzigen, aber es fällt eben das Instrument eines Pressedienstes weg"

DOMRADIO.DE: Wäre es denn bei der KNA auch denkbar, dass die Bischofskonferenz vielleicht über Umwege sagt: Was ihr macht, das gefällt uns nicht, wir machen euch jetzt zu?

Ring-Eifel: Es hat auch bei uns immer wieder mal Versuche der Einflussnahme einzelner Bischöfe oder auch der Bischofskonferenz als solcher auf unsere Berichterstattung gegeben. Da greift man mal zum Telefonhörer und sagt, was einem nicht gefällt. Dann muss halt der Chefredakteur sagen: Aber Moment! Für die Inhalte bin ich verantwortlich und ich nehme das mal zur Kenntnis. Aber bitte erwarten Sie nicht, dass wir jetzt Ihr Sprachrohr werden. Das hat bisher immer geklappt. Ich hoffe auch, dass das in Zukunft klappen wird.

Wir haben natürlich auch den großen Vorteil, dass wir unter unseren Kunden eben nicht nur kirchliche Medien haben, sondern den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Viele Internetportale, große Tageszeitungen wie die FAZ oder die Süddeutsche. Das sind alles unsere Kunden.

Und wenn man denen jetzt auf einmal sagen würde: Ihr kriegt jetzt katholische Nachrichten nicht mehr über die Kanäle, sondern die könnt ihr euch bei dpa (Deutsche Presse-Agentur, Anm. d. Red.) oder epd (Evangelischer Pressedienst, Anm. d. Red.) holen, dann wäre das, glaube ich, kontraproduktiv und das wüssten auch die Bischöfe in Deutschland.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Quelle:
DR