Warum die Semana Santa ein beliebtes Pilgerziel ist

"Ich hatte wirklich Gänsehaut"

Mit dem Osterfest ist die Heilige Woche zu Ende gegangen. In Spanien wird diese "Semana Santa" mit üppigen Prozessionen gefeiert und ist für die Zeit ein beliebtes Pilgerziel. Davon erzählt Pilgerexpertin Beate Steger.

Die Semana Santa Parade in Almuneca, Andalusien, Spanien. Ostern, Heilige Woche. / © Fotogenix (shutterstock)
Die Semana Santa Parade in Almuneca, Andalusien, Spanien. Ostern, Heilige Woche. / © Fotogenix ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Premiere für Sie bei der Semana Santa Prozession war auf der Baleareninsel Menorca. Wie war das? 

Beate Steger ist Pilgerexpertin und gibt auf DOMRADIO.DE regelmäßig Tipps zu Pilgern. / © privat
Beate Steger ist Pilgerexpertin und gibt auf DOMRADIO.DE regelmäßig Tipps zu Pilgern. / © privat

Beate Steger (Pilgerexpertin): Das war fast schon gruselig. Ich hatte überhaupt keine Ahnung von der Semana Santa, obwohl ich vorher schon mal in Spanien gepilgert bin. 2007 war ich zum ersten Mal zu Fuß dort und 2001 mit dem Fahrrad und es ist irgendwie immer an mir vorbeigegangen. 

Über Ostern war ich auf Menorca, kam in die Stadt und da war dann eine Prozession, bei der ein Jesus in einem gläsernen Sarg durch die Gegend getragen wurde, von Menschen mit Kapuzen. Während der Prozession haben die dann auch noch so einen Wiegeschritt gemacht und ich hatte wirklich Gänsehaut. 

DOMRADIO.DE: Aus Spanien kenne ich die "Giganten", also riesengroßen Figuren, die dann durch die Straßen geführt werden. Muss ich mir so eine Semana Santa Prozession vorstellen? 

Steger: Also es sind auf jeden Fall echte Menschen, die da rumlaufen und die tragen oder schieben dann Figuren durch die Gegend, die Szenen aus dem Leben Jesu darstellen. Diese Giganten kenne ich auch, die habe ich aber bei anderen Prozessionen gesehen, bei denen Menschen in dieser Verkleidung stecken. 

Hunderte Menschen begleiten die Prozessionen durch die Stadt während der Semana Santa. / © Miguel Ángel Osuna (privat)
Hunderte Menschen begleiten die Prozessionen durch die Stadt während der Semana Santa. / © Miguel Ángel Osuna ( privat )

In dem Fall sind es normal große Menschen, meist Bruderschaften mit Kapuzen, die durch die Gegend marschieren, diese Prozessionen veranstalten und eben diese Darstellung mit sich führen von Jesus am Kreuz, Jesus im Sarg und von der Gottesmutter Maria.  

DOMRADIO.DE: Die Semana Santa wird nicht nur in Spanien gefeiert, sondern auch in der Karibik zum Beispiel. Wie muss ich mir das an diesen Orten vorstellen? 

Steger: Die gibt es in verschiedenen Ländern, wo die Spanier früher auch zu Hause waren. Es gibt sie auch in Venezuela, Guatemala oder Kolumbien beispielsweise. Also ich kenne es hauptsächlich von Spanien. 

Ich bin schon des Öfteren in Spanien gepilgert und war zum Beispiel auch auf dem Camino Finisterre. Das ist der Jakobsweg, der in Santiago de Compostela beginnt und endet und eben nach Finisterre geht, zum Ende der Welt und auch nach Mosch. Der Weg ist gut in einer Woche zu machen, das sind nur 120 Kilometer und da habe ich dann zum Beispiel in Finisterre an Karfreitag auch diese Prozession mit einer Darstellung des letzten Abendmahls gesehen.

DOMRADIO.DE: Was hat das mit diesen Bruderschaften auf sich, die auch die Prozessionen organisieren? 

Steger: Diese Bruderschaften sind religiöse Vereinigungen, die sich interessanterweise auch für Frauen und Kinder geöffnet haben. Früher ist es wohl so gewesen, dass Menschen bei den Prozessionen mitliefen, die Vergehen, Verbrechen begangen haben und aus dem Grund auch diese Kapuzen getragen haben, damit man sie nicht erkennt. Die mussten quasi da auch zur Buße mitlaufen. Ich habe auch schon welche gesehen, die barfuß mitgelaufen sind, obwohl es ziemlich kalt war und dazu lange Ketten hinter sich her gezogen haben. Heutzutage sind die Bruderschaften viel moderner aufgestellt. Ich habe auch wirklich sehr kleine Kinder schon mitlaufen sehen und Frauen sowieso. 

DOMRADIO.DE: Was war denn für Sie eine ganz besonders beeindruckende Semana Santa, die Sie erlebt haben? 

Steger: Einmal natürlich in Santiago de Compostela, da habe ich tagsüber an Ostersamstag eine erlebt, die auch zum Fotografieren und Filmen total schön war, weil das Licht so gut war. Aber noch eindrücklicher war es dann wirklich abends in der Dunkelheit. 

Da muss ich immer wieder an die Prozession auf Menorca zurückdenken, die ich als erstes gesehen habe, wo ich überhaupt nichts von dieser ganzen Sache wusste. Wenn ich mich an den Sarg, dahinter an die Gottesmutter ganz in Schwarz gekleidet erinnere und an den Wiegeschritt der Menschen, dann überkommt mich wieder dieses wahnsinnige Gefühl. 

Ich freue mich ehrlich gesagt über jede Prozession, die ich sehen kann. Auch auf Mallorca habe ich eine tolle Prozession erlebt an Gründonnerstag. Das ist bis weit über Mitternacht hinausgegangen. Also eigentlich ist jede Prozession was Besonderes. 

DOMRADIO.DE: Wenn ich denn gerne nächstes Jahr auch an so einer Semana Santa teilnehmen möchte, wie muss ich mich darauf vorbereiten? 

Steger: Wenn Sie zu einer richtig großen gehen möchten, in Andalusien oder Valencia beispielsweise, dann muss man das sehr weit im Voraus planen, dass man da überhaupt eine Unterkunft bekommen kann. Ich persönlich würde immer wieder die kleineren vorziehen, am besten in Kombination mit einem Jakobsweg. 

Dort geht man dann wirklich Pilgern und es sind dann keine 40 Bruderschaften unterwegs, da sind es dann vielleicht nur fünf und es geht auch nicht so lange. Da können Sie dann auch auf jeden Fall was sehen. Also gerade dieser Camino Finisterra ist dafür ganz hervorragend. Viele wollen ja, wenn sie in Santiago angekommen sind, noch weiterlaufen nach Finisterra. Oftmals fehlt da die Zeit und dann kann man das schön als separate Pilgerreise machen. Und da bekommt man auf jeden Fall Prozessionen mit und muss auch nichts vorher buchen. 

Das Interview führte Oliver Kelch. 

Quelle:
DR