"Loge und Altar" heißt das neue Buch des österreichischen Priesters, Ex-Diplomaten und Vatikan-Mitarbeiters Michael Heinrich Weninger. Darin legt der 68-Jährige auf knapp 500 Seiten dar, warum man durchaus zugleich Katholik und Freimaurer sein könne. Bei einer Buchpräsentation in Wien sagte der Mitarbeiter im vatikanischen Rat für den interreligiösen Dialog, bei seinen Reisen um die Welt sei er immer wieder von katholischen Logenmitgliedern angesprochen worden. "Sie haben mir ihre Gewissensnöte und seelischen Probleme geschildert, ob sie wegen ihrer Mitgliedschaft tatsächlich exkommuniziert sind", so Weninger. "Und ich habe ihnen ruhigen Gewissens mitgeteilt, dass dies nicht der Fall ist."
Seit dem 18. Jahrhundert als Feinde des Glaubens verurteilt
In 20 Rechtsakten haben Päpste seit dem 18. Jahrhundert die Freimaurer als Geheimbündler, Häretiker und Feinde des Glaubens verurteilt. Umgekehrt haben viele antiklerikale Freimaurer bisweilen eine große Rolle im Kampf gegen den Einfluss der Kirche auf Politik, Gesellschaft und Bildungswesen gespielt. Man müsse zwischen verschiedenen Arten von Freimaurern unterscheiden, so Weninger. Er beziehe sich auf die "regulären" Logen unter dem Schirm der Großloge von England, der auch die Freimaurer der Großloge von Österreich unter ihrem derzeitigen Großmeister angehören, dem bekennenden Katholiken Georg Semler.
Die Kirche, so Weninger, habe allzu lange nicht unterschieden zwischen eben jenen "regulären" Freimaurern und anderen, bisweilen auch sektiererischen oder kirchenfeindlichen Strömungen. Weltweit gibt es laut Weninger rund zwei Millionen Katholiken, die Mitglied in einer "regulären" Freimaurerloge sind.
Annäherung an die Freimaurer seit den 60er Jahren
Schon in den späten 1960er Jahren habe der damalige Wiener Erzbischof Kardinal Franz König im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) Gespräche mit österreichischen, deutschen und Schweizer Freimaurern geführt, die 1970 in einer gemeinsamen sogenannten Lichtenauer Erklärung gipfelte. Deren Fazit war, dass Freimaurerei keine Religion sei und mit der katholischen Kirche mindestens das Gebot zur Bruder- und Menschenliebe gemeinsam habe. Kirchliche Bannflüche gegen die Freimaurer dürften nur noch als historisches Relikt angesehen werden.
Dieser positiven Bewertung des Verhältnisses stand laut dem Autor dann aber ein negatives Ergebnis des regionalen Dialogs der Deutschen Bischofskonferenz mit Freimaurern gegenüber. Nichtsdestotrotz sei es unter anderen Kardinal König gelungen, die Verurteilung der Freimaurer, wie sie noch im Kirchenrecht von 1917 festgehalten war, aus der Neufassung 1983 zu streichen.
Exkommunikation bleibt bestehen
Dort wurde die Freimaurerei zwar nicht mehr verurteilend erwähnt. Allerdings verkündete nur einen Tag vor Inkrafttreten des neuen Kirchenrechts eine Deklaration der Glaubenskongregation vom 26. November 1983, das Urteil der Kirche gegenüber der Freimaurerei sei "unverändert"; damit bleibe auch die Exkommunikation für die katholischen Freimaurer bestehen. Präfekt der Glaubenskongregation war damals Kardinal Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI. (2005-2013).
Das habe Verwirrung zur Folge gehabt, so Weninger. Die Deklaration spiele zwar kirchenrechtlich keine Rolle, habe aber doch ein gewisses theologisches Gewicht. Der Vatikan-Mitarbeiter ließ freilich kein gutes Haar an der Deklaration. Ein Hauptkritikpunkt: Seit dem 18. Jahrhundert bis 1983 sei die Freimaurerei in den römischen Stellungnahmen über einen Kamm geschoren worden. Benedikt XVI. habe sich später mehrmals mit Großmeistern getroffen - seine Deklaration von 1983 habe dabei aber keine Rolle mehr gespielt.
Buch als Schritt der Versöhnung
Semler würdigte Weningers Buch als wichtigen Schritt zu einer Versöhnung. Auch er unterstrich, dass Freimaurerei keine Religion sei. Parteipolitik und Religion seien in den Logen keine Themen. Vielleicht, so der Großmeister, bräuchte es aber noch die eine oder andere offizielle Versöhnungsgeste.
Weninger pflichtete ihm bei und brachte eine Begegnung von Großmeistern mit dem Papst oder auch dem Präfekten der Glaubenskongregation ins Spiel, bei der nochmals offiziell eine Versöhnung ausgesprochen werde. Kirchenrechtlich sei ja bereits alles geklärt - und Papst Franziskus habe er sein Buch schon überreicht.