Warum sich Studierende für Theologie begeistern

"Bist du dann auch krass fromm?"

Die Kirchenkrise der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass das Theologie-Studium in der Beliebtheit abgerutscht ist. Was begeistert heute noch Studierende genau dieses Fach zu studieren und was müssen sie sich anhören?

Autor/in:
Elena Hong
Studierende in einem Hörsaal / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Studierende in einem Hörsaal / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie studieren praktische Theologie und soziale Arbeit im Bachelor an der Katholischen Hochschule in Mainz. Das ist also ein doppelter Abschluss. Was war der Grund für diese Fächerwahl?

Clara Toelstede (Theologie-Studentin aus Mainz): Diese Doppelkombination aus Sozialarbeit und Theologie gibt es nur in der Katholischen Hochschule Mainz. Ich habe mich dafür entschieden, weil ich schon wusste, dass ich gern in die Sozialarbeit möchte. Ich komme aber auch aus der Jugendarbeit und der Pfarreiarbeit und habe mich schon immer für Theologie interessiert, warum Menschen wie und was glauben. Da hat sich dieser Doppelbachelor einfach gut angeboten.

DOMRADIO.DE: Was macht man damit beruflich?

Toelstede: Einem stehen danach relativ viele verschiedene Felder offen. Man kann erst einmal als Sozialarbeiterin arbeiten oder auch einfach als Gemeindereferentin. Aber es gibt natürlich auch die Möglichkeit, nach Stellen zu gucken, die beides verbinden. Zum Beispiel bei der Caritas oder in einer Gemeinde, in der sozialen Arbeit oder mit dem Schwerpunkt Theologie, das kommt ganz darauf an.

DOMRADIO.DE: Bekommen Sie da manchmal überraschte Reaktionen aus Ihrem Umfeld? Müssen Sie sich vielleicht sogar dafür rechtfertigen, an einer katholischen Hochschule zu studieren?

Toelstede: Ja, das passiert immer wieder. Wenn man das Doppelstudium studiert, kann man sich hinter der sozialen Arbeit verstecken. Dann sagt man lieber laut, man studiert soziale Arbeit und hinterher ergänzt man noch Theologie.

Clara Tölstede (Theologie-Studentin aus Mainz)

"Es kommen auch oft Rückfragen: Was ist das eigentlich genau? Bist du dann auch krass fromm?"

Es kommen auch oft Rückfragen: Was ist das eigentlich genau? Bist du dann auch krass fromm? Da kommen auf jeden Fall immer wieder verschiedene Anmerkungen zu dem Studium.

DOMRADIO.DE: Können Sie sich erklären, warum Theologie ein eher unbeliebtes Universitätsfach geworden ist, gerade in den letzten Jahren?

Toelstede: Ich glaube, dass viele gar nicht mehr genau wissen, was sich in der Theologie und im Studium verbirgt und dass damit immer direkt die Institution Kirche assoziiert wird, die gerade nicht allzu gut dasteht, gesellschaftlich.

Ich glaube, deswegen ist es einfach schon etwas Abschreckendes. Das merkt man durch solche Rückfragen. Ich glaube, dass viele gar nicht wissen, dass es sich dabei um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung handelt.

DOMRADIO.DE: Ist die Kirchenkrise Thema bei Ihren Kommiliton:innen, vielleicht sogar bei den Professor:innen? Wird darüber offen gesprochen?

Clara Tölstede (Theologie-Studentin aus Mainz)

"Ich glaube, für uns stellt sich während des Studiums immer wieder die Frage, ob man später für die Kirche arbeiten möchte, in welchen Feldern und wie man sich dazu selber positionieren kann."

Toelstede: Ja, auf jeden Fall. Sowohl mit Dozierenden als auch untereinander. Ich glaube, für uns stellt sich während des Studiums immer wieder die Frage, ob man später für die Kirche arbeiten möchte, in welchen Feldern und wie man sich dazu selber positionieren kann. Inwiefern man loyal bei der Kirche arbeiten kann, aber auch loyal sich selbst gegenüber sein kann.

DOMRADIO.DE: Wenn das immer weniger studieren, haben die Professor:innen wahrscheinlich mehr Zeit für einen, und die Jobaussichten sind ganz gut. Ist das so?

Toelstede: Bei uns in der Katholischen Hochschule auf jeden Fall. In den Seminaren sind meistens nicht mehr als 20 Leute, was ermöglicht, dass man in einen regen Austausch kommt, Gespräche miteinander führen kann, auch mit den Dozierenden. Das wird auch sehr gefördert. Ich glaube, das macht Theologie eigentlich aus, dass man in Diskussion miteinander gehen kann.

Was die Jobperspektiven angeht, glaube ich, dass es einfach nicht mehr allzu viele Gemeindereferent:innen oder Pastoralreferent:innen gibt. Da sind die Wahrscheinlichkeiten eine Stelle zu bekommen doch sehr hoch. Gerade die Doppelqualifikation ermöglicht es einem in viele verschiedene Arbeitsfelder zu gehen. Da sind die Job-Perspektiven, glaube ich, gut.

DOMRADIO.DE: Was gefällt Ihnen bislang am besten am Studium der Theologie?

Toelstede: Tatsächlich diese Möglichkeit zu haben, sich über grundlegende Lebensfragen Gedanken machen zu können und das dann praktisch in die Arbeit mit einzubringen. Auch die Frage danach: Wie denke ich überhaupt, was der Mensch ist und wie. Ich glaube, welches Menschenbild ich selber habe, spielt später ganz konkret eine Rolle in der Arbeit, in der Begegnung mit den Menschen vor Ort. Diese Kombination aus beidem ist das, was mich jetzt für Theologie begeistert.

Das Interview führte Elena Hong.

Katholische Theologie in Deutschland

Die Theologie gehört zu den ältesten Disziplinen an den Universitäten. In Deutschland gibt es 19 Katholisch-Theologische Fakultäten und Hochschulen, an denen – neben Lehramts- und anderen Studiengängen – das fünfjährige Theologische Vollstudium (meist mit Abschluss Magister Theologie) absolviert werden kann.

Alte Bücher auf der Buchmesse / © Joachim Heinz (KNA)
Alte Bücher auf der Buchmesse / © Joachim Heinz ( KNA )
Quelle:
DR