Keine Spaltung der Gesellschaft durch Social Media

Was ist das "Neue" der Medien?

Jedes Medium war irgendwann einmal neu. Heute werden die Neuen Medien insbesondere durch soziale Netzwerke bestimmt. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Sender und Publikum.

Mehr Engagement für die Gesellschaft (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Medien gibt es schon sehr lange und in unterschiedlichen Formen. Was kennzeichnet denn die Neuen Medien?

Prof. Dr. Julia Metag (Professorin für Kommunikationswissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster): Der Begriff ist natürlich etwas schwammig. Jedes Medium war irgendwann neu, auch das Buch, das Radio und das Fernsehen. Heute verbinden wir das vor allen Dingen mit elektronischen und digitalen Medien, sowohl die Inhalte als auch die Hardware, wie zum Beispiel unsere Smartwatch. Diese Neuen Medien haben auch unterschiedliche Funktionen, wie sie andere Medien vorher in dem Maße zumindest nicht hatten. Sie sind interaktiv, das heißt, man kann meistens nicht mehr zwischen Publikum und Sender unterscheiden. Auch das Publikum kann Inhalte erstellen. Wir nennen das multimodal. Wir können sowohl Texte, Bilder als auch Videos auf Neuen Medien teilen und auch miteinander kombinieren. Und sie sind hypertextuell, man kann sie untereinander verlinken. Es gibt Verbindungen, wie bspw. Links auf Webseiten, oder Vernetzungen in sozialen Netzwerken.

DOMRADIO.DE: Die Neuen Medien sind also insbesondere durch die sozialen Netzwerke gekennzeichnet. Welche Rolle spielen soziale Medien für die Gesellschaft?

Metag: Die sozialen Medien sind inzwischen aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Und auch WhatsApp oder YouTube sind als soziale Medien für diejenigen, die online solche Medien nutzen, sehr bedeutend. Sie sind sehr wichtig, sie werden viel genutzt. Wir müssen uns natürlich auch darüber Gedanken machen, dass einige große Plattformen und Unternehmen, wie zum Beispiel Google oder Facebook, sehr dominant sind und die Inhalte, die wir wahrnehmen, heute sehr stark mitbestimmen. Das ist sehr wichtig dafür, wie unsere Gesellschaft informiert ist.

DOMRADIO.DE: Sind soziale Medien nach Ihrer Einschätzung ein Gewinn für eine offene, demokratische Gesellschaft oder fördern sie eher die Spaltung?

Metag: Wir wissen aus der Wissenschaft, dass man das natürlich nie ganz klar als Gewinn oder Verlust bezeichnen kann. Aber diese negativen Szenarien, die häufig diskutiert werden, dass wir uns alle nur noch in einer Filterblase befänden, also nur noch mit unseren eigenen Meinungen konfrontiert werden und dadurch zu immer extremeren Meinung neigen und dadurch die Gesellschaft polarisiert und gespalten werde, treffen in dem Ausmaß nicht zu. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass wir im Durchschnitt immer noch in relativ großer Anzahl auch mit unterschiedlichen Meinungen, mit unterschiedlichen Informationen online in Kontakt kommen. Das heißt, diese starke Spaltung ist hier in Deutschland nicht zu beobachten.

DOMRADIO.DE: Es ist also alles nicht so negativ, wie das immer von vielen Menschen befürchtet wird. Was erwarten Sie denn für die Zukunft? Wie werden sich die Medien und auch die Gesellschaft da weiter verändern?

Metag: Für die Zukunft erwarte ich, dass die sozialen Medien weiterhin bedeutsam bleiben. Das heißt, Sie werden unser Informationsverhalten auf jeden Fall mitbestimmen. Wir sehen auch, wie viele Leute inzwischen auch normale Nachrichten über soziale Medien bekommen. Ob sich das positiv oder negativ auf den Zusammenhalt in der Gesellschaft auswirken wird, hängt vor allem auch davon ab, wie die Unternehmen, die dahinter stecken, damit umgehen. Wie stark fördern sie zum Beispiel, dass man Misinformation auch auf sozialen Medien bekämpfen kann, wie zum Beispiel durch die Möglichkeit der Meldung von Falschinformationen. Wie stark setzen Sie Ihre Algorithmen ein? Wie häufig komme ich noch mit anderen Informationen in sozialen Netzwerken in Kontakt? Das ist natürlich sehr schwer abzuschätzen. Aber wenn das weiterhin in irgendeiner Weise reguliert werden kann, dann denke ich, sind soziale Medien erst mal auch weiterhin eine gute Chance mit anderen Meinungen, mit anderen Personen in Kontakt zu kommen und weniger für eine Polarisierung der Gesellschaft zu sorgen.

Das Interview führte Julia Reck.


Professorin Julia Metag (Institut für Kommunikationswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster) / © N.N. (privat)
Professorin Julia Metag (Institut für Kommunikationswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster) / © N.N. ( privat )
Quelle:
DR
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