Jetzt ist es fix: Der CDU-Politiker Kai Wegner wird Berlins neuer Regierender Bürgermeister. Am Wochenende hatten die Mitglieder der Berliner SPD mit einer knappen Mehrheit von gut 54 Prozent den Koalitionsvertrag mit der CDU gebilligt. An diesem Montag nun kam auch das "Go" vom Landesparteitag der Christdemokraten, was als Formsache galt.
Mit Wegner zieht bei der Vereidigung am Donnerstag dann zum ersten Mal seit 22 Jahren wieder ein CDU-Mann als Regierungschef ins Rote Rathaus ein. Seine Vorgängerin und SPD-Landeschefin Franziska Giffey wird in der neuen Koalition voraussichtlich Wirtschaftssenatorin.
SPD mit historisch schlechtem Ergebnis
Dass die Berliner CDU mit Wegner bei der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus deutlich besser abschneiden würde als beim regelwidrigen Urnengang von 2021, hatten Umfragen vermuten lassen. Am Ende stimmten 28,2 Prozent für die Christdemokraten, rund zehn Prozentpunkte mehr als vor knapp eineinhalb Jahren. Die SPD fuhr mit 18,4 Prozent ein historisch schlechtes Ergebnis ein.
Wie sehr dieses Ergebnis außer auf Positionen der CDU etwa zur Verwaltungsreform und Wohnungspolitik auch auf ihre migrationskritischen Reaktionen nach den Silvesterkrawallen zurückzuführen ist, sei dahingestellt. In Fragen von Zuwanderung und Integration steht Wegner jedenfalls bereits seit seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter auf der Seite jener, die bei der Flüchtlingsaufnahme und dem Umgang mit islamistischen Tendenzen für schärfere Regelungen eintreten.
Vor Ghettobildung gewarnt
So warnte der Politiker, der früher in einem Bauunternehmen leitend tätig war, als "Großstadtbeauftragter" der Unions-Fraktion schon 2016 vor einer Ghettobildung, wenn Flüchtlinge geballt in Großsiedlungen wohnen. Er verteidigte die Regelung des Integrationsgesetzes, nach der anerkannten Asylbewerbern bis zu drei Jahre ein Wohnsitz vorgeschrieben werden kann.
Mehrfach kritisierte Wegner als Bundestagsabgeordneter überdies fundamentalistische Tendenzen bei muslimischen Zuwanderern und verlangte scharfe Gegenmaßnahmen. So forderte er die Aberkennung des Aufenthaltsstatus für Asylsuchende, wenn sie christliche Flüchtlinge bedrohen.
Gegen islamischen Fundamentalismus
Als Berliner CDU-Landesvorsitzender und -Fraktionschef meldete sich Wegner im vergangenen Jahr in der Debatte um eine geplante Anlauf- und Dokumentationsstelle für religiös motiviertes Mobbing an Schulen zu Wort und forderte eine auskömmliche Finanzierung. Mit Blick auf Vorfälle durch Schüler im Bezirk Neukölln, bei denen ein muslimischer Hintergrund kontrovers diskutiert wird, drang er darauf, "den Dominanzanspruch durch den politisch-fundamentalen Islam klar zurückzuweisen".
Angesichts des umstrittenen Berliner Neutralitätsgesetzes, das muslimischen Lehrerinnen im Unterricht das Kopftuch verbietet, plädierte Wegner bereits 2021 für eine Anpassung, "dass es weiterhin seine Funktion erfüllt und gleichzeitig den Ansprüchen der Gerichte genügt". Im bundesweiten Vergleich enthält das Gesetz die schärfsten Einschränkungen für das Tragen religiöser und weltanschaulicher Symbole und Kleidungsstücke. Nach einem Entschluss des Bundesverfassungsgerichts Anfang des Jahres muss das Land Berlin die Regelungen nun ändern oder abschaffen. Entsprechend heißt es nun im Koalitionsvertrag: "Das Neutralitätsgesetz passen wir gerichtsfest an die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts an."
Für das Kuppelkreuz
In den religionspolitischen Debatten Berlins hat sich Wegner auch in Sachen Stellenwert des Christentums zu Wort gemeldet. So verteidigte der Protestant das umstrittene Kuppelkreuz auf dem wiedererrichteten Stadtschloss, weil es die religiösen Wurzeln der säkularen Stadt Berlin sichtbar mache. Er bezeichnete die Rekonstruktion nicht nur als "Geste historischer Authentizität", sondern wertete das Kreuz auch als "Symbol der Toleranz" und mit Blick auf die völkerkundliche Sammlung des Humboldt Forums im Schlossbau als "Einladung zum Dialog der Weltkulturen". Kritiker sehen in dem Kreuz dagegen ein Symbol des preußischen Obrigkeitsstaates.
Zur eindeutigen CDU-Handschrift des neuen Berliner Koalitionsvertrags zählt unterdessen die überraschend angekündigte Einführung eines "Wahlpflichtfachs Weltanschauungen/Religionen" als ordentliches Lehrfach. Bislang ist das Fach Religion in Berlin im Unterschied zu den meisten anderen Bundesländern kein ordentliches Schulfach. Es gibt aber Unterrichtsangebote der Kirchen und weiterer Religionsgemeinschaften sowie des Humanistischen Verbandes im Rang von Arbeitsgemeinschaften, die zusätzlich zum Ethikunterricht wählbar sind.