Am 4. März 1678 wurde Antonio Lucio Vivaldi in eine sehr katholische venezianische Familie geboren. Schon früh stellte sich heraus, dass er ein großes Talent besaß, denn auch er gehörte zu einem der "Wunderkinder" der Musikgeschichte. Im Alter von fünf bis sechs Jahren lernte Vivaldi Violine und beherrschte kurz darauf das Instrument perfekt.
Im Gegensatz zu seinen Geschwistern, musste Antonio keinen Handwerkerberuf erlernen und durfte sich vorerst der Musik widmen. Sein Vater wird das große Talent seines Sohnes erkannt haben, der einen hohen Intellekt in Wort und Schrift besaß. Erstaunlicherweise schlug Vivaldi im Alter von 15 Jahren eine Priesterlaufbahn ein, blieb aber immer der Musik zugetan. Dies lässt sich auch daran erkennen, dass er zwischen der Ernennung zum Diakon und der Priesterweihe zweieinhalb Jahre vergehen ließ, statt ein Jahr.
Der Musikwissenschaftler und Vivaldi-Experte Siegbert Rampe stellte die plausible Behauptung auf, dass Vivaldi diese Zeit nutzte, um sich an den verschiedensten Orten als Solist oder Konzertmeister zu bewerben. Schließlich wurde Vivaldi ein halbes Jahr nach seiner Priesterweihe als einziger Professor für Violine am Ospedale della Pietà vorgeschlagen.
Die Zeit am Ospedale della Pietà
Das Ospedale della Pietà war ein Waisenhaus für Mädchen, das auch als Konservatorium funktionierte und sehr von der Anstellung Vivaldis profitierte. Es wurde schließlich zu einem der renommiertesten Häuser, ebenso groß war der Nutzen für Vivaldi, der durch die Arbeit am Ospedale erst richtig berühmt wurde. Während seiner Anstellung komponierte er viele geistliche Werke, die jedoch erst spät wiederentdeckt wurden, weshalb die sakralen Kompositionen deutlich weniger bekannt sind als die instrumentalen Stücke.
Musikwissenschaftler und Theologe Meinrad Walter würdigt die große Qualität der geistlichen Werke Vivaldis, die nach der Entdeckung erkannt wurde. Es sei Vivaldi gelungen, mit seiner Musik ganze Situationen und nicht nur Bilder zu schaffen, denn in seiner Musik werde konflikthaft gesprochen. Dieser dramatische Charakter seiner geistlichen Werke passe laut Walter genau zur Liturgie, die als großes "Glaubensdrama" angesehen werden können.
Die Psalmvertonung "Nisi Dominus"
Eine der späteren Psalmvertonungen Vivaldis ist "Nisi Dominus", die sich auf den lateinischen Vulgata Text von Psalm 127 bezieht. Im Unterschied zu Vertonungen anderer Komponisten, wählt Vivaldi einen klagenden Charakter für sein Werk, da alle Mühsal umsonst sind, wenn der Beistand Gottes fehlt. Zu jedem Satz deutet Vivaldi eine Geste aus: Wenn die Aufforderung ausgesprochen wird, die Menschen mögen aufstehen, so versucht Vivaldi diese auch in der Musik zu verdeutlichen. Für einen wohlgemeinten Zuspruch wählt Vivaldi wiederum einen segnenden Charakter.
Die Kompositionen Vivaldis stellten sich für den Barockviolinisten Florian Deuter als größte Überraschung heraus, denn für ihn ist Vivaldi einer der fantasievollsten Komponisten. Mit einfachen Mitteln sei es Vivaldi gelungen, Farben und Klangwelten zu erschaffen und trotzdem sehr abwechslungs- und facettenreich zu komponieren. Das erklärt auch, weshalb die Kompositionen Vivaldis auch heute noch das Publikum begeistert.
Dass Antonio Vivaldi mit Herz und Seele Musiker war, ist deutlich erkennbar. Über seine Tätigkeit als Priester lässt sich das hingegen nicht mit Sicherheit sagen.
Im Radioprogramm von DOMRADIO.DE erklingen am Sonntagabend ab 20 Uhr geistliche und weltliche Werke des Barockkomponisten Antonio Vivaldi.