Wechsel an der Spitze der württembergischen Landeskirche

Auf Frank Otfried July folgt Ernst-Wilhelm Gohl

Bei der Landessynode an diesem Freitag und Samstag will der württembergische Landesbischof Frank Otfried July eine Bilanz seiner Amtszeit ziehen. Mit seinem Nachfolger Ernst-Wilhelm Gohl teilt er eine große Nähe zur Ökumene.

Autor/in:
Michael Jacquemain
Ernst-Wilhelm Gohl / ©  Bernd Weißbrod (dpa)
Ernst-Wilhelm Gohl / © Bernd Weißbrod ( dpa )

Wenn der evangelische württembergische Landesbischof Frank Otfried July bei der Sommersynode seiner Kirche in Stuttgart am Freitag und Samstag eine Bilanz seiner Amtszeit zieht, fehlt Ernst-Wilhelm Gohl. Nachdem der Ulmer Dekan im Frühjahr zum neuen Landesbischof und damit zu Julys Nachfolger gewählt wurde, verzichtete der 59-Jährige ganz bewusst auf seinen Sitz im protestantischen Kirchenparlament.

Württembergischer Landesbischof Frank Otfried July  / © KNA (KNA)
Württembergischer Landesbischof Frank Otfried July / © KNA ( KNA )

Fünf Wahlgänge nötig

Im Unterschied zu July, der 2005 im ersten Wahlgang zum Bischof gewählt wurde, brauchte die Synode bei Gohl fünf Urnengänge. Grund ist die Zerrissenheit der Landeskirche: Zwei "Gesprächskreise" genannte Blöcke stehen sich gegenüber: die linksliberal orientierte "Offene Kirche" und die konservativ-pietistische geprägte "Lebendige Gemeinde". Gohl, von der kleineren, politisch in der Mitte stehenden Gruppe "Evangelium und Kirche" nominiert, zog zunächst zurück, nachdem er die wenigsten Stimmen der ursprünglich drei Kandidaten erhalten hatte.

Die notwendige Zweidrittel-Mehrheit lag aber für die beiden Verbliebenen außer Reichweite, weil keiner der Blöcke den anderen unterstützen wollte. Daraufhin entschied das zuständige Gremium, die Wahl nach vier Versuchen zu unterbrechen - und nominierte für den Folgetag Gohl als einzigen Bewerber. Und diesmal klappte es: Er erhielt 57 von 84 Stimmen. Beschädigt durch die Prozedur sieht sich der designierte Chef der mit knapp zwei Millionen Christen fünftgrößten evangelischen Landeskirche Deutschlands durch all das nicht.

Der neue Landesbischof

Der in Stuttgart geborene Pfarrerssohn wuchs in Esslingen und Mössingen auf. Das Studium absolvierte er in Tübingen, Bern und an der Fakultät der in Italien stark vertretenen Waldenser - also einer protestantischen Kirche, die älter ist als die der Lutheraner. Die ökumenischen Erfahrungen prägen ihn. Er lernte in Rom sowohl "die innerevangelische Ökumene" als auch die Kontakte mit der katholischen Kirche zu schätzen. Und er weiß genau, wo heute die Grenzen des theologisch Möglichen sind. Entscheidend ist für ihn aber die Praxis vor Ort, das, "was Menschen in ihrem Leben konkret wahrnehmen können".

Auch sonst zeigt sich Gohl pragmatisch: Er will weg von innerkirchlichen Strukturdebatten, die er seit rund drei Jahrzehnten als Seelsorger in Böblingen, Plochingen und zuletzt als Dekan in Ulm kennt. Er will "endlich mal an einen Punkt kommen und Dinge umsetzen". Anders ausgedrückt: "sich einfach wieder um die Arbeit kümmern." Neu sei indes, dass jetzt "echte Entscheidungen" notwendig seien. Die Finanzmittel und das Personal der Landeskirche seien endlich, eine Entscheidung für etwas bedeute gleichzeitig eine Entscheidung gegen etwas anderes.

Gohl weiß, dass er sich damit unbeliebt machen kann, "aber dann ist das so". Notwendige Klärungen aus Angst vor Widerspruch herauszuschieben, mache alles nur schwieriger. Stattdessen will er "Menschen vertrauen und ihnen Freiräume verschaffen" - eine gute Fehlerkultur eingeschlossen. Zugleich wirbt Gohl für mehr "theologische Selbstvergewisserung". Dabei hat er viel Sympathie für den Grundsatz der Benediktinermönche: "ora et labora" (bete und arbeite). Gohl will "Gottesdienst feiern und im Alltag handeln".

Werben für "fröhliches und zuversichtliches Christentum"

Immer wieder wirbt der überzeugte Gemeindepfarrer für ein "fröhliches und zuversichtliches Christentum", und er will das selbst ausstrahlen. Für die neue Aufgabe als Bischof zeigt er sich dankbar, dass "der liebe Gott mir gute Nerven geschenkt hat". Doch zunächst wird Gohl am übernächsten Wochenende als Dekan in Ulm verabschiedet, anschließend zieht er mit seiner Frau, einer Apothekerin, nach Stuttgart um. Die beiden erwachsenen Kinder sind schon aus dem Haus, ihr drittes starb im Alter von drei Jahren bei einem Unfall.

Am 24. Juli steht dann in der Stuttgarter Stiftskirche der feierliche Gottesdienst zur Amtsübergabe an, zu dem auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der katholische Rottenburger Bischof Gebhard Fürst erwartet werden. Dabei wird July an Gohl das Bischofskreuz überreichen. Eine gewisse Vorfreude auf das neue Amt ist bei dem 59-Jährigen schon jetzt spürbar.

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist die Gemeinschaft der 20 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit ihren Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Sitz des EKD-Kirchenamtes ist Hannover.

Synode der EKD / © Norbert Neetz (epd)
Synode der EKD / © Norbert Neetz ( epd )
Quelle:
KNA