DOMRADIO.DE: Mit einem Text im Amtsblatt erklärt das Erzbistum die Weiterentwicklung des Ständigen Diakonats. Sie haben die entsprechende Arbeitsgruppe geleitet. Den Ständigen Diakon gibt es in dieser Form erst seit Ende der 1960er Jahre. Warum soll jetzt das Profil der Ständigen Diakone noch einmal geschärft werden?
Weihbischof Rolf Steinhäuser (Bischofsvikar für die Ausbildung Ständiger Diakone): Wir haben gemerkt, dass wir unter unseren Möglichkeiten bleiben in Bezug auf die Theologie des Diakonates und im konkreten Einsatz.
Alle pastoralen Berufe haben einen eklatanten Nachwuchsmangel. Das ist bei den Ständigen Diakonen noch relativ glimpflich. Aber wir haben nicht nur einen Priestermangel, wir haben auch einen erkennbaren Mangel an Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten sowie an Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten.
Vor Ort in den Pfarreien muss man schauen, wie die personalen Kapazitäten verteilt werden können. Und da ist das oft so gewesen, dass ein Pfarrer sehr dankbar war, wenn er einen Ständigen Diakon bekam. Der konnte ihm eine Menge Aufgaben abnehmen, die er sonst selbst tun musste. Also taufen, trauen, beerdigen und predigen auch. Das heißt, die Diakone sind sehr stark in die liturgischen Dienste gekommen, in denen sie durch die Diakonenweihe eine gewisse exklusive Stellung im Unterschied zu den laienpastoralen Diensten haben. Und damit verschiebt sich das Gewicht der Arbeitsschwerpunkte.
In der Gründungsphase des Ständigen Diakonates Ende der 1960er Jahre haben sich auch viele Männer gemeldet, die früher Priester werden wollten, aber dann aus unterschiedlichsten Gründen den Weg nicht weiterverfolgt haben oder verfolgen konnten. Da ist in solchen Fällen vielleicht eine besondere Affinität zu den liturgischen Diensten entstanden.
Ich sage das jetzt ein bisschen provokativ: Wir wollen aber weder schwache Ersatzleute für Priester, noch brillante Oberministranten bei den Diakonen haben. Alle brauchen wir, aber es kommt darauf an, dass jeder nach seinen Möglichkeiten und nach den Vorgaben des Amtes seine Chancen sieht und versucht zu realisieren.
DOMRADIO.DE: Und jetzt wird ja dann auch der Ständige Diakon vor allen Dingen in den Richtlinien für den Bereich Caritas vorgesehen. Es geht darum, der dienenden Kirche ein Gesicht zu geben. Warum jetzt diese Fokussierung auf die Caritas?
Steinhäuser: Fokussierung auf die Caritas ist nur bedingt richtig. Eigentlich müsste man es mit einem Fremdwort sagen. Es ist die Fokussierung auf die Diakonia. Dabei geht es um mehr als einfach nur eine Funktionsbeschreibung. Der Ständige Diakon ist nicht der Caritas-Mitarbeiter, der jetzt zufällig auch noch eine Weihe hat. Sondern: Der Diakon gehört zum Ordo, zum sakramentalen Amt in der Kirche. Er soll die Diakonia Christi, besser: den dienenden Christus, repräsentieren - soweit er das - mit allen menschlichen Brechungen und Schwächen - kann.
Das ist also etwas Anderes. Er soll auch nicht die Aufgaben im caritativen Bereich monopolisieren und alles auf sich konzentrieren, sondern er soll dafür sorgen, dass die Kirche getreu der Worte von Papst Franziskus "an die Ränder" geht. Dass die Kirche ein Herz für die Armen hat, dass sie versucht, denen einen Platz zu schaffen in der Kirche. Das kann besonders im caritativen Bereich sein.
Aber diese Diakonia Christi zeigt sich auch in der Liturgie und in der Verkündigung des Wortes Gottes. Wir müssen immer unterscheiden zwischen einer Seinsebene, einer sakramentalen Ebene und einer primär funktionsbestimmten Ebene.
DOMRADIO.DE: Wie wollen Sie dann vermeiden, dass es dann in den Gemeinden vielleicht Ärger gibt, wenn es auf einmal heißt, der Ständige Diakon soll sich mehr um den dienenden Charakter der Kirche kümmern, wenn da zum Beispiel schon ein Pastoralreferent ist, der im Bereich der Caritas bislang schon recht gut gearbeitet hat?
Steinhäuser: Dann freuen wir uns, dass er gut gearbeitet hat und werden hoffentlich so klug sein, ihn da nicht einfach rauszuziehen.
Wir haben ja auch nicht die Möglichkeit, in einem überschaubaren Zeitraum einfach das Steuer herumzureißen und ganz viele hauptamtliche Diakone mit den Aufgaben zu betrauen. Es wird auch in Zukunft viele Leute geben müssen, die ein Herz für die sozialen Aufgaben einer Gemeinde haben. Die werden da sehr gebraucht. Es ist die Sache eines klugen Personaleinsatzes dafür zu sorgen, dass jeder auch an den für ihn geeigneten Platz kommt und dass es jetzt keinen Verdrängungswettbewerb gibt.
DOMRADIO.DE: Sie haben es auch schon erwähnt: Das Amt des Diakons ist ja auch vom Rückgang der Gläubigen betroffen. Wie wollen Sie denn sichergehen, dass es genug Diakone pro pastorale Einheit gibt, die dann dafür beauftragt werden können?
Steinhäuser: Diese Sicherheit haben wir nicht. Mal ganz praktisch gesprochen: Wir haben im Moment im Erzbistum Köln etwa 300 Ständige Diakone in Drittelparität. Das heißt: hauptamtliche Diakone; Diakone mit Zivilberuf und Diakone im Ruhestand. Von den ungefähr 100 Diakonen, die wir jetzt im Hauptamt haben, können wir nicht in einem überschaubaren Zeitraum alle so qualifizieren, dass sie diesem veränderten Profil entsprechend in alle seelsorglichen Einheiten gehen. Das ist illusorisch.
Es geht hier darum, einen Prozess einzuleiten, der Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. Die aktuelle Frage ist jetzt: Wie kann man die Menschen, die jetzt hauptamtlich als Diakone tätig sind, qualifizieren für diese besondere Situation? Bei denen, die neu dazu kommen, haben wir einen ersten Schritt gemacht mit einem Propädeutikum am Anfang der Ausbildung.
Da geht es um das Berufsbild des künftigen Diakons. Außerdem: Wer jahrelang in einem praktischen Beruf war, für den ist das gar nicht so einfach, jetzt wieder "die Schulbank zu drücken". Und sie müssen die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ausbildung hinbekommen. Das geht nur, wenn die Familie den Bewerber entsprechend unterstützt. Insofern sind dies alles erste Schritte, die wir da gehen. Es geht um einen Perspektivwechsel, aber nicht um einen raschen Lösungsversuch.
DOMRADIO.DE: Veränderungen sorgen bisweilen für Widerstand. Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Steinhäuser: Von der Idee her fand das eine breite Akzeptanz im Kreis der Diakone, also in der Diakonenkonferenz und im Diakoneninstitut. Aber wir haben das auch bei der Pfarrer-Konferenz, im Priesterrat und im Diözesanpastoralrat und in anderen Gremien breit besprochen und eine Fülle von Ideen und Änderungswünschen eingearbeitet. Es gab natürlich auch Leute, dies waren aber eher einzelne, die einer solche Veränderung mit Skepsis begegnen.
DOMRADIO.DE: Wie will das Bistum auch in Zukunft auf Männer zugehen und ihnen den Ständigen Diakonat nahebringen? Gibt es da auch schon Ideen, wie dieses besondere Amt vielleicht noch mehr für die Zukunft gestärkt wird, auch, damit es wieder mehr Ständige Diakone gibt?
Steinhäuser: Wir setzen in einer guten Situation bei Leuten mittleren Lebensalters an, die schon beruflich etwas getan und geleistet haben und die jetzt vielleicht eine Zwischenbilanz ziehen und sagen: Soll das alles gewesen sein? Oder habe ich nicht noch ganz andere Möglichkeiten? Und das in einem Alter, in dem man dann vielleicht auch sagt: "Ja, da würde ich gerne noch mal beruflich etwas ausprobieren und gerne noch mal eine Zusatzqualifikation erwerben".
Dann gibt es auch eine ganze Reihe Leute, die eine Affinität zur Kirche haben, die in ihren Gemeinden hoch engagiert sind. Es gibt Chancen, diese anzusprechen und zu motivieren: "Möchtest du aus deinem Engagement nicht unter Umständen mehr machen? Intensiver und zeichenhafter den Glauben leben"? Von denen, die sich so ansprechen lassen, wird ja auch nicht die Mehrheit ins kirchliche Hauptamt gehen wollen. Der Prototyp des Ständigen Diakons ist ja der Diakon mit Familie und Zivilberuf. Es gibt auch einige, die leben bewusst ehelos, aber das ist keine große Gruppe.
Wir sagen: der Diakonat ist eine besondere Möglichkeit und Herausforderung. Wenn dann jemand erwägt, aus dem Zivilberuf heraus in den hauptamtlichen kirchlichen Dienst zu wechseln, und es gelingt ihm, dies mit seiner Familie gut zu besprechen und zu regeln, dann kann das noch einmal eine großartige Möglichkeit sein.
Die Kirche gewinnt damit einen Stamm von Menschen, die auch in anderen beruflichen Bereichen eine Menge an Qualifikationen erworben haben, die sie einbringen, die auch im Bereich der Familie und der Ehe eine Menge Lebenserfahrung mitbringen. Für uns ist das eine Situation, von der wir uns eine Menge versprechen.
Das Interview führte Mathias Peter.