Weihbischof Heinrich zur Mahnwache

Gemeinsamkeiten betonen

Rund 10.000 Menschen versammelten sich am Dienstagabend vor dem Brandenburger Tor: Weihbischof Matthias Heinrich war auf der Mahnwache der Muslime dabei. Ein domradio.de-Interview.

Weihbischof Matthias Heinrich  (dpa)
Weihbischof Matthias Heinrich / ( dpa )

domradio.de: Wie haben Sie den interreligiösen Dialog gestern erlebt?

Heinrich: Das war schon ein eindrucksvolles Zusammenkommen vieler religiöser Richtungen, vor allem der Christen, Muslime und der Juden - ein eindrucksvolles Zeichen dafür, dass wir diesen Dialog verstärken müssen und wollen.

domradio.de: Ist denn dieser gemeinsame Weg wirklich unausweichlich?  

Heinrich: In unserer Gesellschaft werden wir diesen Weg einschlagen müssen. Wir müssen im Gespräch bleiben. Natürlich bleiben in der Religion Unterschiede, aber ich glaube, dass gerade in diesen Tagen es auch besonders wichtig ist, das zu betonen, was uns als glaubende Menschen eint.  

domradio.de: Es wurde auch darüber gesprochen, dass man diesen gemeinsamen Weg auch im Alltag leben muss. Was können Sie aus ihren Berliner Erfahrungen berichten? Wie klappt das im Alltag, abseits der großen Demonstrationen?

Heinrich: Leider ist das ein bisschen schwieriger. Das ist gestern in persönlichen Gesprächen öfter angemahnt worden, dass das, was in der Praxis läuft  - wie etwa die Zahl der Begegnungen  - defizitär ist. Da lebt man doch noch nebeneinander und nicht miteinander.

domradio.de: Was kann man von Kirchenseite aus tun? Gibt es da Initiativen?

Heinrich: Ich glaube schon, dass das Anliegen auch in die Gemeinden herunter ‚dekliniert‘ werden kann.  So könnte man vor Ort den Kontakt zu Synagogen und Moscheen verstärken. Viele Gemeinden sind da schon rührig, und sich bemühen persönliche Kontakte zu erhalten und zu pflegen.

domradio.de: Gibt es da auch Überlegungen von Bistumsseite, noch mehr auf muslimische Gemeinden zuzugehen?

Heinrich: Wir haben das schon öfter angemahnt. Das ist von unserer Seite keine neue Erscheinung. Wir müssen jetzt sehen, dass wir einen Weg vorschlagen, der auch für die anderen und uns gangbar ist. Eine Schwierigkeit ist darin begründet, dass wir nach autorisierten Ansprechpartnern suchen. Der Islam ist ja nicht so homogen, dass das Gespräch mit einer Moschee sofort Klärung bringen könnte. Da sind verschiedene Bewegungen -  da haben wir es in der katholischen Kirche natürlich viel einfacher.

domradio.de: Zum gestrigen Abend: Haben Sie sich gefreut über das Zeichen des Zentralrats der Muslime, zur Mahnwache aufzurufen?

Heinrich: Das hat mich sehr gefreut - gerade weil es von muslimischer Seite gekommen ist und weil von muslimischer Seite sehr viele vertreten waren. Die Teilnahme mit etwa 10.000 Teilnehmern war schon eindrucksvoll , vor allem wenn man die vorangegangenen Demonstrationen am Sonntag und am Montag mitbedenkt. Dass es gerade von dieser Seite kam, um deutlich zu machen: Wir sind hier mit euch vereint im Respekt vor den Menschenrechten und der Freiheit, dass ist schon eindrucksvoll und wichtig gewesen.

domradio.de: Seit Wochen wird über Pegida geredet, über die Angst verschiedener Gruppen vor der Islamisierung des Abendlandes. Kann man als Christ und Katholik überhaupt Teil sein der Pegida-Bewegung?

Heinrich: Ich plädiere auf jeden Fall für Dialog und sage auch, hier muss gesprochen werden  - um diejenigen zu trennen, die jetzt radikale Ansichten haben, und diejenigen, die aus einer gewissen Betroffenheit in eine falsche Richtung gehen. Es ist unumgänglich, dass man hier doch nochmal das Gespräch sucht. Aber im Prinzip sind die Forderungen und Positionen, die dort geäußert werden, nicht zu akzeptieren.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Weder domradio.de noch das Erzbistum Köln machen sich Äußerungen der Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen zu eigen.


Quelle:
DR