domradio.de: 50 Jahre christlich-muslimischer Dialog - was hat sich denn in dieser Zeit hier bei uns entwickelt?
Weihbischof Hans-Jochen Jaschke (Leiter der Unterkommission für den interreligiösen Dialog der Deutschen Bischofskonferenz): In Deutschland hat sich eine ganze Menge entwickelt. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass der Dialog der Religionen ganz besonders auf das Zweite Vatikanum zurückgeht. Dort gibt es das gute Dokument "Nostra Aetate", die Grundlage gewissermaßen für den Dialog mit den anderen Religionen. Paul VI. hat dann den Rat für die Religionen begründet, der bis heute wirkt und das wirkt sich natürlich auch auf die Länder aus. Wir haben in Deutschland seitens unserer Bischofskonferenz eine Unterkommission für den interreligiösen Dialog. Ich stehe dieser Unterkommission vor. Wir haben Kontakte mit den Muslimen, mit den Verbänden: mit DITIB, mit dem VIKZ, mit dem Islamrat, auch mit den Aleviten. Wir suchen das Gespräch. Allein die Tatsache, dass wir miteinander sprechen, bedeutet ja eine wichtige Veränderung. Man lernt sich kennen, man überwindet das Misstrauen. Muslime spüren, dass sie ernst genommen werden.
domradio.de: Zum Jubiläum gibt es ein Handbuch über den christlich-islamischen Dialog. Warum braucht es, um miteinander zu sprechen, ein Handbuch?
Weihbischof Jaschke: So ein Handbuch hält all das fest und stellt das zusammen, was es gibt. Das tut uns ganz gut, dass wir das vor Augen führen. Ein Handbuch darf aber nicht ein Buch im Bücherschrank sein. Das muss immer wieder aus der Hand gelegt und in lebendige Begegnungen umgesetzt werden.
domradio.de: Was steht denn da drin in diesem Handbuch?
Weihbischof Jaschke: Das fasst zusammen, was wir alles machen. Es gibt unsere Prinzipien in etwa wieder, den Respekt voreinander, unser Interesse an den anderen Religionen. Wir wollen wirklich eintreten für die anderen Religionen. Wir wollen wirklich eintreten für diese Rechte, für die Freiheitsrechte in unserem Land, dass die Menschen ihren Glauben nicht verlieren. Wir wollen aber immer auch ermahnen, dass Religion den Raum der Freiheit braucht und das müssen sie ganz besonders Muslimen in Deutschland sagen: Achtet darauf, was in muslimischen Ländern geschieht. Der Islamismus, der dort so schreckliche Früchte trägt, der kann uns alle und auch Muslime in Deutschland nicht gleichgültig lassen.
domradio.de: Hat sich die katholische Kirche denn durch den Einfluss der Muslime in Deutschland auch in gewisser Weise verändert
Weihbischof Jaschke: Wir sehen, dass Christus die Brücke zu allen Menschen ist und zu allen Menschen gehören natürlich auch die großen Religionen. Freilich werden wir auch kritische Fragen stellen. Papst Benedikt hat etwa in der Regensburger Rede die Frage nach der Gewalt gestellt, gibt es wirklich eine klare Distanzierung von Gewalt in Sachen Religion, die Frage nach einem Gott, der doch sehr fern von den Menschen ist und immer wieder auch mit menschlicher Vernunft und Gerechtigkeit und Liebe zusammengebracht werden muss. Also wir lernen von einander, lernen freilich auch das, was das ganz Eigene des Christentums ist, stärker zu profilieren.
Das Interview führte Tobias Fricke