Die leuchtende Nachmittagssonne taucht den Innenraum der größten katholischen Pfarrei in Neuss in ein warmes Licht, als zum Einzug einer langen Prozession aus Messdienerinnen und Messdienern, Seminaristen und Priestern die Orgelimprovisation zu "Der Geist des Herrn erfüllt das All" erklingt. In der großen neugotischen Hallenkirche herrscht Feiertagsstimmung. Sie ist bis auf den letzten Platz gefüllt mit Menschen, die die drei Weihekandidaten Javier Cenoz Larrea aus Spanien, Stefano Da Rin Zanco aus Italien und Johannes Shimizu, gebürtig aus Japan, auf ihrem bisherigen Weg begleitet haben: Familie und Freunde, Ausbilder, Ordensleute, Mentoren und Mitbrüder.
Vor allem aber sind darunter auch viele, die mit den drei jungen Männern in ihren Ausbildungsgemeinden zusammengearbeitet und großen Anteil an deren beruflichem Ziel, Priester werden zu wollen, genommen haben. In den ersten Reihen sitzen nahe Angehörige, denen über Kopfhörer eine Simultanübersetzung zugespielt wird, damit sie die feierliche Liturgie bis ins Detail mitverfolgen können.
In seiner Begrüßung erinnert Oberpfarrer Andreas Süß nicht ohne Stolz daran, dass die Pfarrei seit ihrem Bestehen 1896 allein 43 Geistliche hervorgebracht hat – so viele wie keine andere Gemeinde in Neuss – und sie darüber hinaus für manch einen Seelsorger Ausbildungsstation gewesen sei: zum Beispiel für Weihbischof Schwaderlapp, der hier Kaplan gewesen ist, und für Regens Regamy Thillainathan, der in St. Marien seine Primiz gefeiert hat. Süß wertet das als Beleg dafür, "dass Berufungen aus dem Gebet, aus der ermutigenden Begleitung einer Gemeinde und aus dem authentischen Vorbild begeisterter Priester hervorgehen".
Im Vorfeld dieser Weihe hatten sich die drei Kandidaten zu ihrer Motivation geäußert und in der Tat auch dargelegt, was es heißt, in einem Umfeld aufzuwachsen, das eine Berufung begünstigt oder eben auch nicht. "Ein guter Seelsorger zeichnet sich für mich dadurch aus, dass er nahe bei den Menschen bleibt, ihnen trotz eigener Grenzen Christus verkündet, liturgisch für die Menschen und mit ihnen betet und die Lehre der Kirche vertritt", so hatte Javier Cenoz Larrea, der dem Neokatechumenalen Weg angehört, argumentiert.
"Die Weihe zum Diakon bedeutet für mich, dass ich in einer unfassbaren Tiefe, die meinen Verstand übersteigt, zum Dienst an Gott und den Menschen berufen bin", lautete die Begründung von Stefano Da Rin Zanco, ebenfalls Mitglied dieser geistlichen Gemeinschaft. Einen guten Seelsorger mache aus, dass er keine Berührungsängste habe und selbst berührbar sei. "Er kennt seine Schwächen und nimmt deshalb keinen Anstoß an denen der anderen." Er führe Menschen in die Freundschaft mit Jesus. "Als Diakon möchte ich immer besser lernen, wie Nächstenliebe und Gottesliebe einander nicht ausschließen, sondern bereichern."
Er wolle Gott und den Menschen in Freude und Demut und mit besten Kräften dienen, so hatte es Takuro Johannes Shimizu formuliert, "und ihnen die Liebe Christi durch mein Leben und meinen Dienst erfahrbar machen." Erst vor zwölf Jahren hat sich der 28-Jährige, der im Alter von fünf Jahren mit seiner Familie nach Deutschland kam, taufen lassen. Kirche, so Shimizu, sei für ihn die große Gemeinschaft der Familie Gottes, "in der wir durch den Glauben und die Sakramente verbunden sind, unabhängig von nationaler Zugehörigkeit.
Die Verbundenheit drückt sich auch in der weltweiten Gemeinschaft des Gebetes aus, auch wenn wir einander nicht persönlich kennen." Die Weihe zum Diakon sei für ihn wie eine zweite Taufe, hatte er bekannt und hinzugefügt: "Seit meiner ersten Begegnung mit der Kirche war ich vom Priesterberuf begeistert."
Mit einem anschaulichen Bild – konkret beschrieb Weihbischof Schwaderlapp den von Ewald Mataré im Innenhof des Erzbischöflichen Hauses als eine große Schale gestalteten Brunnen – verdeutlichte er den priesterlichen Dienst in dem Dreischritt: Empfangen, bewahren, verschenken. "Die Schale des Mataré-Brunnens empfängt das Wasser. Sie bewahrt es, so dass sich die Schale füllen kann, und dann fließt sie über. Die Schale verschenkt das Wasser, das sie empfangen hat." Der Brunnen funktioniere erst, wenn die Schale randvoll sei. Nur dann könne das Wasser überfließen.
Das Bereitschaftsversprechen bedeute, das Leben nach dem Beispiel Christi zu gestalten. "Hier geht es nicht um einige äußere Regeln, sondern Euer ganzes Leben", stellte der Weihbischof klar. Und das ende nur deshalb nicht in einer heillosen Überforderung, weil auf den "unfehlbaren treuen und nie endenden Beistand Gottes" voll und ganz Verlass sei. "Er ist es, der am Werk ist! Er ist es, der beruft. Er ist es, der alles Gute in unseren Herzen bewirkt." Doch gelingen könne das nur, "wenn wir mittun, das Unsere dazugeben. Gott wirkt in uns, aber eben nicht ohne uns, sondern immer mit uns. Gott hat uns erwählt, seine Werkzeuge zu sein. Was für ein Zutrauen hat er zu uns!", so Schwaderlapp wörtlich.
Er selbst sei davon überzeugt, "dass Gott in das Leben eines Jeden von uns einsteigt, und zwar immer wieder behutsam gemäß dem, was wir fassen können. In jedem von uns hat er ein Werk begonnen. Und er hört nicht auf, es in uns und mit uns weiterzuführen." Schwaderlapp warnte davor, die eigentliche Botschaft des Glaubens, nämlich mit der Freundschaft Christi beschenkt und grundsätzlich gewollt, geliebt, berufen und gesandt zu sein, zu vergessen, sich stattdessen als "die Macher" von Kirche zu sehen. Doch die Kirche lebe von dem, was sie nicht selbst gemacht habe, sondern ihr gegeben sei, argumentierte er.
"Der Glaube ist ein 'Schatz', der uns anvertraut ist, den wir gerufen sind, mit offenen Herzen anzunehmen. Der Glaube ist kein Baumaterial, aus dem wir nach Belieben auswählen, was für ein Haus nach eigenem Geschmack dient." Auch wenn immer wieder die Anschlussfähigkeit der Kirche an die moderne Gesellschaft gefordert werde. Kritisch fragte Schwaderlapp: "Ist es nicht viel mehr und an erster Stelle unsere Aufgabe, uns selbst und auch andere anschlussfähig zu machen an den Schatz des Glaubens, an den Ruf des Herrn, der an jeden Einzelnen ergeht?" Ihn gelte es zu bewahren, denn er sei kein statisches Gebilde, sondern Beziehung und Verbundenheit, Freundschaft und Vertrauen. Weise die Schale hingegen kleine oder größere Risse auf, blieb er in dem zuvor skizzierten Bild, verliere sich das Wasser und versickere im Nichts.
Eine besondere Bedeutung maß Schwaderlapp in seinen Ausführungen dem Bereitschaftsversprechen, aus dem Geist der Innerlichkeit zu leben und Männer des Gebetes zu werden, bei. Hier gehe es um die Grundlage und Voraussetzung unserer Berufung überhaupt. Es gibt keine Freundschaft, keine Beziehung ohne gute Kommunikation, ohne inneren und äußeren Austausch, ohne Zusammensein, aufeinander hören und einander das Herz öffnen.
Wörtlich sagte er: "Wenn Christsein eine Beziehung ist, nämlich eine Beziehung zum Dreifaltigen Gott, und zwar eine ganz persönliche, geradezu intime Beziehung, dann gibt es ohne Gebet kein Christsein. Gebet ist nicht alles, aber ohne Gebet ist alles nichts." Es sei von existentieller, alles entscheidender Bedeutung für das Leben als Christen, "besonders für uns als Diakone, Priester und Bischöfe, dass wir in einem lebendigen, offenherzigen Dialog mit dem Herrn stehen und nie aufhören, damit zu beginnen!"
Doch Diakon, Priester oder Bischof zu sein, sei kein Selbstzweck, betonte Schwaderlapp. "Wir stehen im Dienst der Kirche, der Glaubenden, ja aller Menschen." Und Dienen könne durchaus unbequem sein, wie er am Bespiel der Fußwaschung erläuterte, die die Weihekandidaten als zentrales Motiv für dieses Feier gewählt hatten und das analog dazu auf ihrem Messheft abgebildet war. "Wer dient, schaut von unten nach oben, nicht von oben nach unten. Dienen bedeutet Perspektivwechsel." Außerdem sei es nicht nachhaltig. "Dienen bedeutet Anfangen – immer wieder und immer wieder. Und nicht zu verzagen, wenn wir meinen, es bringt ja doch nichts." Und schließlich bedeute Dienen auch anzuerkennen: Andere können es besser.
Abschließend gab der Bischof den drei jungen Männern mit auf den Weg: "Tun wir, was wir können nach unseren Fähigkeiten und Möglichkeiten, und überlassen wir alles andere dem Herrn!" Er ermutigte dazu, sich trotz immer größer werdenden pastoralen Räumen und Verantwortlichkeiten nicht die Liebe zum Einzelnen und den Dienst am Einzelnen nehmen zu lassen. "Und wenn es nur wenige sind, und wenn es nur einer oder eine ist: Es ist Verwirklichung unserer Berufung, Gott und den Menschen zu dienen."
Zentraler Höhepunkt in diesem Weihegottesdienst war schließlich das Bereitschaftsversprechen der Kandidaten, das sie vor dem Altar abgaben. Nach der Allerheiligenlitanei legte Weihbischof Schwaderlapp ihnen dann die Hände auf und sprach das Weihegebet. Schließlich wurden ihnen Stola und Dalmatika angelegt, bevor sie aus der Hand des Bischofs das Evangeliar empfingen.
Vor dem Schlusssegen betonte Schwaderlapp noch einmal, dass Priestersein ein großes Abenteuer sei, das nicht immer unbedingt einfach sei, wie er selbst in seinem nun bald 30-jährigen Priesterleben erfahren habe, aber Gott entfalten, zur Größe und Fruchtbarkeit bringen wolle, was in einem stecke.
Von nun an dürfen die Neugeweihten predigen, taufen, trauen und beerdigen. Nach einem weiteren Jahr in ihrer Ausbildungsgemeinde werden sie im kommenden Jahr zu Priestern geweiht.