Weihnachtssingen jetzt auch im größten Stadion Deutschlands

Kerzenschein statt Flutlicht

In der Kirche wird gesungen - wie auf dem Fußballplatz. Beim Weihnachtssingen in immer mehr Stadien fließen christliche Weihnachtslieder und Fankultur zusammen. Am Sonntag erschallen erstmalig auch im Dortmunder Stadion Weihnachtslieder.

Weihnachtssingen im Fußballstadion / © Henning Kaiser (dpa)
Weihnachtssingen im Fußballstadion / © Henning Kaiser ( dpa )

Jetzt zieht auch Dortmund nach. Von Köln bis Dresden und von Magdeburg bis zu den Münchner Löwen laden immer mehr Fußballstadien in der Adventszeit zum weihnachtlichen Rudelsingen ein. Die Teilnehmerzahlen explodieren. Zugleich werden die Veranstaltungen immer stärker professionalisiert und zur Bühne für Sänger oder Musikgruppen.

Weihnachtssingen erstmalig in Dortmund

In Dortmund öffnet sich am dritten Adventssonntag (17. Dezember) das größte Fußballstadion Deutschlands erstmals für den spontanen Weihnachtschor. Zehntausende werden erwartet - egal, ob mit weiß-roten Weihnachtsmannmützen oder schwarz-gelben Bommelmützen. Popsänger Sasha tritt auf, Stadionsprecher Norbert Dickel führt durch den Abend. Ein Großteil der Erlöse soll karitativen und sozialen Zwecken zufließen.

Liga-Konkurrent Schalke ist schon zum zweiten Mal dabei; bei der Erstauflage 2016 kamen mehr als 20.000 in die Arena. Am 23. Dezember stimmt unter anderem PUR-Frontsänger Hartmut Engler weihnachtliche Klänge an. Teile des Konzerts sollen live auf Youtube zu verfolgen sein.

Den Anfang machte Berlin

Kerzen statt Flutlicht, Weihnachtslieder statt Fanhymnen: Wenn Zehntausende im Kölner Rhein-Energie-Stadion oder auf dem Aachener Tivoli "Stille Nacht" oder die "Weihnachtsbäckerei" anstimmen, macht sich Gänsehautstimmung breit - und das Gefühl: You'll never sing alone.

Das Patent aufs weihnachtliche Singen im Stadion reklamieren die Fans von Union Berlin für sich: 2003 kletterten dort 89 Partyverrückte über den Stadionzaun, um "halblegal" und spontan mit Glühwein und Gebäck auf Höhe der Mittellinie des Stadions An der Alten Försterei Weihnachtslieder zu singen. 2010 erfüllten schon die Stimmen von über 10.000 Menschen das Rund, mittlerweile kommen jedes Jahr 30.000 Sänger. Das Fernsehen überträgt. Auch die Weihnachtsgeschichte wird vorgelesen.

"Loss mer Weihnachtsleeder singe" in Köln

Deutschlandweit hat die Idee Nachahmer gefunden. In Aachen rechnen die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) und die Alemannia-Fan-IG am 17. Dezember beim fünften Weihnachtssingen wieder mit mehr als 20.000 Gästen. Erstmals wird Eintritt erhoben, um die Kosten für Technik und Sicherheit zu decken. Die Glocken des Aachener Doms läuten - vom Band - das Singen ein.

Riesig ist die Nachfrage in Köln. Zur Premiere von "Loss mer Weihnachtsleeder singe" kamen 2015 auf Anhieb 32.000 Sänger mit Plätzchen, Punsch und Picknickkorb in den Fußballtempel. Dieses Jahr werden es einen Tag vor Heiligabend wieder 44.000 werden; die Veranstaltung ist bereits ausverkauft. Unter anderem wollen BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken, Mitglieder der Band "Höhner" sowie Peter Brings Lieder von Bach bis Brings, von Rolf Zuckowski bis John Lennon anstimmen.

Singen im Dresdner Stadion bildet Höhepunkt im Jahr

Im Dresdener Stadion steht der Kreuzchor am 22. Dezember im Mittelpunkt. "Dieses Format ist aus unserem Tun nicht mehr wegzudenken", sagte Kantor Roderich Kreile den "Dresdner Neuesten Nachrichten". Für ihn ist das auch ein politisches Signal: Der Chor wolle möglichen negativen Bildern, die aus Dresden kommen, positive entgegenzusetzen, erläutert Kreile.

"Man darf das Singen von Weihnachtsliedern, das Erzeugen einer weihnachtlichen Stimmung zur Verkündung der Botschaft des Friedens nicht grölenden Leuten auf den Straßen überlassen", spielt der Kreuzkantor auf das Weihnachtsliedersingen tausender Pegida-Demonstranten an. Dresdens Marketingexperten sehen zudem großes touristisches Potenzial: Die Veranstaltung sei einer der Höhepunkte der Adventszeit in der Weihnachtsstadt Dresden.

"Singen hat unglaublich Konjunktur"

Unter dem Motto "O Magdeburg, O Magdeburg - wie schön sind deine Stimmen" laden auch die Arbeitsgemeinschaft Christen in Magdeburg (CIMD) und weitere Veranstalter am 23. Dezember in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts ins Stadion. In der Grenzstadt Frankfurt/Oder findet am 21. Dezember vor dem Rathaus das zweite deutsch-polnische Weihnachtssingen statt.

Beim Deutschen Chorverband sieht man das mit "Wohlwollen", auch wenn Chöre davon nicht direkt profitieren. "Singen hat unglaublich Konjunktur", freuen sich die Verantwortlichen. Während traditionelle Männergesangvereine vor sich hindümpelten, boomen "niedrigschwellige" Mitsingveranstaltungen und Kneipenchöre. "Es gibt ein großes Bedürfnis, ungezwungen gemeinsam zu singen."

Christoph Arens


Quelle:
KNA