"Warum suchen Menschen über das Kreuz hinaus ein Bild des barmherzigen Gottes - eine Darstellung vor der sich das Gebet formt? Warum genügt nicht der Gekreuzigte? Warum musste das Evangelium damit beginnen, dass Jesus auf so eine übernatürlichen Weise zur Welt kommt? Und warum muss es so enden, wie es endet mit diesen unbegreiflichen Erscheinungen des Auferstandenen?", über die Fragen spricht Domkapitular Günter Assenmacher in seiner Predigt am zweiten Sonntag der Osterzeit. Diese Fragen hätten ihre Berechtigung, sagt er, aber sie seien Fragen moderner Menschen. Die Heilsgeschichte sage uns: "Gott, der die Liebe ist, hat uns aus Liebe erschaffen. Und er hat uns Menschen zu Liebe bestimmt, damit wir teilhaben an seiner göttlichen Liebe." Assenmacher erklärt, von Anfang an - begonnen mit Adam und Eva - hätten wir Menschen uns von Gott und dieser einzigartigen Gemeinschaft mit ihm abbringen lassen - ja sogar ganz bewusst entfernt. Der barmherzige Jesus zeige uns die Treue Gottes in allem, was er für uns Menschen getan und erlitten habe und eben auch in der Auferweckung von den Toten.
domradio.de übertrug am zweiten Sonntag der Osterzeit, zugleich der Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit, das Kapitelsamt in lateinischer Sprache aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Günter Assenmacher. An der Orgel: Winfried Bönig.
Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit
Papst Johannes Paul II. hat im Jahr 2000 den zweiten Sonntag der Osterzeit zum Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit bestimmt. Er will die Barmherzigkeit Gottes als zentralen Aspekt der göttlichen Liebe zu uns Menschen stärker bewusst machen. Die Nähe zum Osterfest verdeutlicht, dass Gott allen Menschen Anteil geben will an der Erlösung durch Jesus Christus. Wenn Gott nur gerecht wäre, wer könnte dann vor ihm bestehen? Doch Gott, so sagt es die Bibel, ist barmherzig. Die barmherzige Liebe Gottes erst ist es, die uns hoffen lässt, dass Gott uns immer wieder einen Neuanfang schenken will, wenn wir selbst dazu bereit sind. Schon im Alten Bund (z. B. Ps 103,8; Ez 33,11; Hos 6,6) wird die Barmherzigkeit Gottes betont. Im Neuen Bund bezeugt Jesus in Wort und Tat diese barmherzige Liebe des Vaters. Bei Lukas heißt es z. B.: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes hat uns besucht das aufstrahlende Licht aus der Höhe“ (Lk 1,78; vgl. Lk 1,50; 15,1 ff.). Diese Liebe anzunehmen und daraus zu leben, ist das eine; sie durch unser eigenes Handeln sichtbar zu machen, ist das andere.
Weißer Sonntag
Der Weiße Sonntag erinnert an den Brauch der frühen Kirche, dass die in der Osternacht Getauften eine Woche lang ihre weißen Taufkleider trugen. Die Osteroktav diente dazu, sie tiefer in die Heilsgeheimnisse der Sakramente einzuführen. Diese Weiße Woche, in der die Neugetauften im Mittelpunkt standen, erinnerte die Gemeinde so zugleich an die eigene Taufe und gab ihr Gelegenheit, sich auf das eigene Christsein zu besinnen. Die gemeinsame Erstkommunionfeier, wie wir sie heute vielerorts am Weißen Sonntag kennen, bildete sich im 18. Jahrhundert heraus.
aus: Magnificat. Das Stundenbuch. April 2017