Evangelischer Betroffenenbeirat von Missbrauch vor Auflösung?

Weiterarbeit "nicht möglich"

Der von der evangelischen Kirche eingerichtete Beirat von Betroffenen sexueller Gewalt steht wohl in seiner bisherigen Form und Zusammensetzung vor dem Aus. Offenbar soll die Tätigkeit des Gremiums "ausgesetzt" werden.

Symbolbild Missbrauch / © 271 EAK MOTO (shutterstock)

Das Magazin "Spiegel" (Samstag) berichtet über ein internes Schreiben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), in dem dies stehen soll. Eine Weiterarbeit sei "nicht möglich", weil das Gremium nicht mehr "die ganze Bandbreite von Perspektiven Betroffener" abbilde. In den vergangenen Monaten hatten demnach fünf der anfänglich zwölf Mitglieder den Beirat verlassen, teils aus Unmut über die EKD.

Der Sprecher des Beauftragtenrats der EKD zum Schutz vor Sexualisierter Gewalt, Landesbischof Christoph Meyns, erklärte dazu in Hannover, sein Gremium führe zurzeit Gespräche sowohl mit den zurückgetretenen als auch den verbliebenen Mitgliedern des Betroffenenbeirats, "um Partizipation von Betroffenen an den laufenden Prozessen zu gewährleisten und die Betroffenenbeteiligung auch langfristig sicherzustellen".

Den Rücktritt der fünf Mitglieder habe der Rat "mit Sorge" wahrgenommen. Zudem sei aus dem Gremium heraus selbst ein Antrag auf Auflösung gestellt worden.

Auf das Erfahrungswissen der Betroffenen angewiesen

"Die Evangelische Kirche ist auf das Erfahrungswissen der Betroffenen angewiesen und will sie weiterhin konsequent beteiligen", betonte der Braunschweiger Landesbischof. Dafür müsse sie auch mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Perspektiven von Betroffenen "die bisherigen Erfahrungen auswerten und die Formen überprüfen, gegebenenfalls auch weiterentwickeln". Aus diesen laufenden Gesprächen könne, so Meyns, nicht berichtet werden.

Laut "Spiegel" haben von den verbliebenen sieben Opfern vier mit anwaltlicher Hilfe zwischenzeitlich einen Aufschub der Auflösung erreicht. Die nächste Beiratssitzung sei am kommenden Montag geplant.

Der Betroffenenbeirat war im vergangenen August von der EKD nach eigenen Angaben berufen worden, "um in strukturierter Art und Weise Perspektiven und Haltungen Betroffener sexualisierter Gewalt in die laufenden Entscheidungsprozesse einzubinden". Der Beirat sei an allen laufenden Prozessen zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der EKD und der Diakonie beteiligt. Auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat einen Betroffenenbeirat eingerichtet.


Quelle:
KNA