Das im Jahr 822 geweihte Kloster Corvey am Weserbogen war im Mittelalter Ausgangspunkt christlicher Mission, die bis weit nach Europa ausstrahlte. Das erhaltene karolingische Westwerk - das älteste, fast vollständig erhaltene der Welt - und die ehemalige Klostersiedlung gehören seit 2014 zum Weltkulturerbe.
Die neu multimediale Dauerausstellung in Corvey zeugt von der einstigen Bedeutung des ehemaligen Benediktinerkonvents. Unter dem Titel "Das Jahrtausend der Mönche - Von der Gründung Corveys bis ins Goldene Zeitalter" werden seit Samstag kostbare Leihgaben, archäologische Funde und prunkvolle Goldschmiedearbeiten präsentiert. Digitale Erlebnisstationen machen das Thema anschaulich.
"Goldenen Zeitalter"
Auf zwei Ebenen im barocken Schlossteil Corveys können Besucherinnen und Besucher auf Spurensuche gehen. Die neu konzipierte Schau unter der Regie des Kunsthistorikers Christoph Stiegemann gewährt Einblicke in die Anfänge der ersten Kirchengründung 844, thematisiert die neue Blüte Corveys im 17. Jahrhundert nach den verheerenden Folgen des Dreißigjährigen Krieges bis hin zum "Goldenen Zeitalter" der Fürstäbte, das schließlich mit der Säkularisation 1803 und den neuen Besitzern der Herzöglichen Familie von Ratibor und Corvey endete.
Zu entdecken ist eine Vielfalt an Vitrinenkunst mit kunsthistorischen Schätzen aus dem Besitz der örtlichen katholischen Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus. Visualisiert werden auch Leben und Wirken der Benediktiner durch Inszenierungen wie jene, bei der die monumental beleuchtete Inschrift über die Klostergründung im 9. Jahrhundert Auskunft gibt: Ein Himmelschauspiel an der Schlosswand dank 3-D-Scan und millimetergenauer Reproduktion.
Nördlich der Alpen
Darunter zu sehen sind Fragmente zweier vergoldeter Kupferbuchstaben, die bei Ausgrabungen in Corvey zum Vorschein gekommen waren. "Diese Buchstaben sind nördlich der Alpen einzigartig und Ausdruck eines antiken Erbes, das einst die Mönche aus Corbie an die Weser gebracht haben", erklärt Stiegemann. "Die Art der Inschrift ist sonst nur am Konstantinsbogen in Rom zu finden."
Auch die Fragmente eines ausgegrabenen Wellenrankenflieses aus der Zeit vor 844 sind eindrucksvoll in Szene gesetzt. Während das Original in einer Vitrine zu sehen ist, haben die Ausstellungsmacher eine entsprechende Lichtdecke entworfen, die die umlaufende Rankenmalerei in der ursprünglichen Raumsituation der ehemaligen Scheitelkapelle wiedergibt. Für ihn sei es von Anfang an wichtig gewesen, "die vorhandenen Exponate in einen relevanten Kontext zu stellen und damit eine Geschichte zu erzählen", sagt Stiegemann, der von 1990 bis 2020 das Paderborner Diözesanmuseum geleitet hatte.
Fürstäbte und Reliquien
In den Räumen des Äbteganges widmet sich die Ausstellung den Verdiensten der Fürstäbte nach dem Dreißigjährigen Krieg. Imposante Barockbauten wie die neue Klosterkirche in Corvey, die Fürstbischof Christoph von Galen (1606-1676) in Auftrag gegeben hatte, zeigen Ensembles im Stil flämisch geprägten Hochbarocks.
Reliquien- und Heiligenverehrung, dargestellt in Büsten, Skulpturen, Schreinen und reich verzierten Schränken lassen den neuen Aufschwung im Corveyer Kloster im 17. Jahrhundert lebendig werden. An einer Hörstation können Besucher eine Diskussion zwischen den Fürstäbten Florenz von dem Velde, Maximilian von Horrich und Theodor von Brabeck verfolgen, wer damals eigentlich mehr für Corvey getan habe.
"Hell leuchtende Wirk- und Strahlkraft"
Der Rundgang endet mit einer pompösen Inszenierung: Goldene Gewänder, Orgelmusik und Kesselpauken vor kirchlicher Kulisse spiegeln einen Festgottesdienst wider - ein barockes Erlebnis in Ton und Bild. Gefördert wurde das Corveyer Projekt durch Mittel des EU-Regionalentwicklungsprogramms "Leader", des nordrhein-westfälischen Kulturministeriums und der NRW-Stiftung sowie der Kulturstiftung der Länder.
"Diese neue Dauerausstellung verleiht Corvey eine neue, hell leuchtende Wirk- und Strahlkraft", sagt Josef Kowalski, geschäftsführender Vorsitzender des Kirchenvorstands St. Stephanus und Vitus. "Diese Weiterentwicklungen machen Corvey wieder zu einem weit ausstrahlenden Leuchtturm - wie in der Blütezeit des Klosters."