Welternährungsprogramm spart mit Blockchain-Konten tausende Euro

Revolution in der Entwicklungshilfe

Blockchain ist in aller Munde. Die fälschungssichere Datenbank, die durch Kryptowährungen wie Bitcoin bekannt ist, kommt in die Entwicklungshilfe. Sie wird schon in einem Supermarkt in einem jordanischen Flüchtlingslager eingesetzt.

Autor/in:
Anna Mertens
Supermarkt in einem jordanischen Flüchtlingslager / © Anna Mertens (KNA)
Supermarkt in einem jordanischen Flüchtlingslager / © Anna Mertens ( KNA )

Es spart tausende von Euro im Monat. Geld, das weitere Menschen mit den nötigsten Lebensmitteln versorgt. Das Welternährungsprogramm (WFP) hat vor gut zehn Monaten im jordanischen Flüchtlingslager Al-Azraq ein blockchain-basiertes Geldleistungssystem für Flüchtlinge eingeführt: "Building Block". Statt auf klassischen Bankkonten werden Überweisungen per Blockchain registriert und kontrolliert. Eine Idee, so einfach wie genial. Mittlerweile werden 100.000 Flüchtlinge über das System mit Geld versorgt, bis Juni sollen es eine halbe Million sein.

Blockchain kann als eine digitale, dezentrale und einsehbare Datenbank verstanden werden. Jeder neue Eintrag erfolgt durch einen Code, den sogenannten Block. Die Kette der Blocks ergibt die Blockchain und ist ein Abbild aller bisher getätigten Transaktionen. Diese Daten liegen nicht nur auf einem, sondern verteilt in identischer Ausführung auf mehreren Servern, was das nachträgliche Manipulieren quasi unmöglich macht. Bevor ein Eintrag gespeichert werden kann, müssen alle beteiligten Server die Echtheit bestätigen.

Idee für Blockchain-Überweisungen kommt aus Deutschland

Das Konzept "Building Block" stammt aus Deutschland. In München sitzt der sogenannte Innovation Accelerator des Welternährungsprogramms (WFP). Rund 22 Mitarbeiter sichten neue, innovative Ideen und sorgen bei Interesse dafür, dass das Projekt oder Start-up mit einem Kapital von bis zu 100.000 Euro die ersten Schritte machen kann. Zunächst im kleinen Maßstab, dann möglichst rasch in größeren Zügen. Der "Ideen-Beschleuniger" wird seit 2016 mit rund fünf Millionen im Jahr bis 2020 von der Bundesregierung gefördert.

"Building Block", hinter dem federführend der WFP-Finanzexperte Houman Haddad steckt, sei die erfolgreichste der bislang gut 30 Innovationen, die in den vergangenen zwei Jahren bei ihnen getestet wurden, berichtet WFP-Mitarbeiter Alex Sloan. Die Erfolgsquote ist dabei durchaus überschaubar: Etwa fünf bis sechs Vorhaben sind laut Sloan wirklich erfolgreich, einige weitere hätten Potenzial. Nicht jede Idee fliegt, wie es unter Start-ups öfter heißt.

Durch Blockchain-System können mehr Flüchtlinge versorgt werden

Das WFP gibt im Jahr mindestens 800.000 Euro an Banktransfer- und Verwaltungskosten aus. Dabei sind die einzelnen Gebührenpauschalen nicht groß; sie liegen bei ein bis drei Prozent, aber die Masse macht es. So musste bislang für jeden Flüchtling ein Konto erstellt werden, dieses musste wiederum bestätigt werden und dann wurde jede Abrechnung über das Bankkonto geleistet, erklärt Sloan. Da konnte es durchaus auch einmal zu Verzögerungen oder anderen Schwierigkeiten kommen. Bei einem gut gefüllten Konto kein Problem, bei einer Geldleistung von 24 Euro monatlich pro Flüchtling dramatisch.

Al Azraq ist neben dem weltbekannten Zataari das zweite große Flüchtlingslager in Jordanien. Im Lager Al-Azraq sind offiziell rund 54.000 syrische Flüchtlinge registriert, etwa 36.000 wohnen dort dauerhaft. Zahlreiche Betroffene leben ohne Papiere in einem nochmals eingezäunten Bereich. Die Kapazitäten sollen aber noch deutlich ausgebaut werden, auf bis zu 130.000 Personen. Claire Conan, Vize-Programmdirektorin des WFP in Jordanien, ist von dem Blockchain-Projekt überzeugt. Durch die Ersparnisse, die sich durch das System ergeben, ließen sie Hunderte Flüchtlinge zusätzlich mit Geldleistungen und damit mit Nahrungsmitteln versorgen. Im lokalen Supermarkt , den das WFP organisiert, wir die neue Bezahltechnik eingesetzt: Per Iris-Scan und Blockchain-Konto. Jeder Flüchtling erhält 24 Euro Guthaben im Monat.

Möglicherweise sinkt auch das Korruptionsrisiko

Für KfW-Experte Piet Kleffmann liegt großes Potenzial im Einsatz der Blockchain-Technologie in der Entwicklungszusammenarbeit. Derzeit seien die Vorhaben, darunter auch das von der KfW unterstützte WFP-Vorhaben, noch Pilotprojekte. Aber in einigen Jahren könne das ganz anders aussehen, sagt Kleffmann. Die Blockchain verspreche mehr Effizienz, mehr Transparenz und könne das Korruptionsrisiko senken.

Nicht bei allen möglichen Partnerländern stoße das auf Begeisterung, räumt er ein. Die KfW hat selbst eine Software namens TruBudget entwickelt, die mit Blockchain arbeitet. Künftig sollen Partnerländer hierüber ihre Projekte, Ausschreibungen und die empfangene Entwicklungsgelder umsetzen - transparent und fälschungssicher. Pilotprojekte dazu starten noch dieses Jahr in Brasilien und Burkina Faso.


Quelle:
KNA