Zwar ist der Trend leicht rückläufig: von knapp einer Milliarde im Jahr 1990 auf 868 Millionen Hungernde im Jahr 2012. Doch laut Darstellung der Welthungerhilfe erschweren eine zunehmende Ressourcenknappheit sowie eine ungerechte Verteilung von Nahrung den Kampf gegen Unterernährung. Durchschnittswerte verbergen überdies weitreichende Unterschiede zwischen einzelnen Regionen und Ländern. Laut Welthungerindex (WHI) ging beispielsweise in Burundi der Wert deutlich nach oben. Das ostafrikanische Land ist demnach "gravierend" von Hunger betroffen, ebenso wie Swasiland, die Komoren, die Elfenbeinküste und Botsuana. Am stärksten gestiegen ist der Wert allerdings nicht in Afrika, sondern im fernen Asien, in Nordkorea.
Statistiken sind freilich nicht alles. Das zeigt ein Vergleich zwischen WHI und den Zahlen der Welternährungsorganisation FAO. Die FAO-Experten kommen aufgrund anderer Berechnungsmethoden zu teils abweichenden Ergebnissen. So beziehen sie anders als beim WHI Mangelernährung bei Kindern und die Kindersterblichkeit nicht mit ein. Gleichwohl spricht auch der Vorsitzende des Dachverbandes der deutschen Nichtregierungsorganisationen Venro, Ulrich Post, von einem positiven Trend, der freilich "sehr, sehr vorsichtig" zu beurteilen sei. Denn Euro-Krise, Nahrungsmittelspekulationen und andere Entwicklungen könnten die Zahlen möglicherweise bald schon wieder in die Höhe treiben.
Misereor-Bischof: auf Fleisch verzichten
Überhaupt die Wirtschaft: Für viele Helfer ist sie eine der Hauptverantwortlichen für den Hunger in der Welt. Jan Urhan, Kampagnenreferent von Oxfam Deutschland, nennt außer der Spekulation mit Nahrungsmitteln als auslösende Faktoren Landraub und den durch die Industrie mitverursachten Klimawandel. Mit dem Slogan "Mit Essen spielt man nicht" setzen sich Oxfam und andere Organisationen dafür ein, die Spekulation mit Nahrungsmitteln an europäischen Börsen zu stoppen. Die Anfang Mai begonnene Unterschriftensammlung endet in Kürze und soll zusammen mit einer Petition der Bundesregierung übergeben werden. Denn dass auch politische Entscheidungen der Industrienationen die Hungerbekämpfung behindern, ist für Urhan und seine Mitstreiter offensichtlich. So vernichteten die EU-Subventionen für die heimische Landwirtschaft letztlich die Existenzgrundlage von Kleinbauern in den vom Hunger besonders betroffenen Ländern.
Bevor sich Otto Normalverbraucher angesichts der komplexen Probleme zurücklehnt, sollte er bedenken: Auch das Konsumverhalten jedes Einzelnen beeinflusst die globale Entwicklung. Jeder trägt mit Sorge dafür, den weltweiten Hunger zu reduzieren, betont etwa der Hamburger Erzbischof Werner Thissen. Der Misereor-Bischof mahnt die Deutschen zum Welternährungstag zu einem bewussteren Konsumverhalten. "Wenn wir ein- oder zweimal die Woche auf Fleisch verzichten und uns nach Möglichkeit mit regional produzierten Produkten versorgen, tragen wir dazu bei, dass die Hungernden in der Welt eine größere Überlebenschance bekommen."
Welternährungstag zeigt bedrohliches Hungerausmaß
Mehr als Zahlen
Eigentlich sollte die Zahl der Hungernden seit dem Jahr 2000 erheblich gesunken sein. Damals einigte sich die Staatengemeinschaft auf die UN-Millenniumsziele. Doch die Zahl der an Hunger leidenden Menschen konnte nicht halbiert werden. Dennoch wurde auch viel erreicht, sagt im domradio.de Ralf Südhoff vom Welternährungsprogramm WFP.
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