Weltgebetstag gegen Menschenhandel

Sklaverei gibt es immer noch

Was verbindet ein moderner Mensch heute mit dem Wort "Sklaverei"? Nichts Modernes jedenfalls. Am Sonntag begeht die katholische Kirche den ersten Weltgebetstag gegen Menschenhandel - als Signal gegen Unwissen und Gleichgültigkeit.

Autor/in:
Christoph Schmidt
Ein Junge zeigt seine Hände in der Goldmine Poushgin in Zorgho in Burkina Faso (dpa)
Ein Junge zeigt seine Hände in der Goldmine Poushgin in Zorgho in Burkina Faso / ( dpa )

Beim den Begriffen "Sklaverei" und "Menschenhandel" denkt man vielleicht an Farbige in Ketten und an den Film "Vom Winde verweht", an Spartakus und römische Galeeren. "Menschenhandel" gehört zum bekannten Nachrichten-Vokabular - und bleibt doch abstrakt. Dass beide Begriffe ein und dasselbe meinen und moderne Sklaverei zu einem Phänomen der Globalisierung von Brasilien bis Kanada und von Nigeria bis Deutschland geworden ist, dringt erst allmählich ins Bewusstsein.

Für Papst Franziskus gehört die organisierte Ausbeutung von schätzungsweise 35 Millionen Menschen jeden Alters und Geschlechts zu den großen Verbrechen der Gegenwart. In seiner Botschaft zum katholischen Weltfriedenstag am 1. Januar ("Nicht länger Knechte, sondern Brüder und Schwestern") lenkte er den Blick auf jene, die zu fast unbezahlter Arbeit in Landwirtschafts- und Industriebetrieben von Entwicklungsländern gezwungen, als Organlieferanten benutzt oder im Sexgewerbe als Geldquelle für Zuhälter gehalten werden. In den übervölkerten Elendsquartieren des Planeten ködern sie Menschen mit wenig Bildung und Perspektive durch Versprechungen auf anständige Jobs und eine bessere Zukunft. Die endet dann in Gewalt, Freiheitsentzug und Drohungen: "Wir wissen, wo deine Familie wohnt", ist eine davon.

Vor allem Frauenorden sind gegen Menschenhandel aktiv

Oft werde die Mafia von korrupten Staatsbehörden gedeckt, die am Milliardengeschäft mitverdienten, so Franziskus. Dagegen helfe nur globale Zusammenarbeit. Die Konferenzen der Oberen von Männer- und Frauenorden entwickelten daraus die Idee für einen Weltgebetstag am 8. Februar, dem Gedenktag für die Heilige Josephine Bakhita (1869-1947), die im Sudan versklavt war und nach ihrer Befreiung als Ordensfrau in Italien wirkte. Im Vatikan fand die Idee breite Unterstützung.

In den Reihen der Kirche kämpfen vor allem Frauenorden seit Jahren gegen Menschenhandel und sind dabei global vernetzt. Die Organisation Talitha Kum verbindet Aktivistinnen aus 81 Ländern im Kampf gegen moderne Sklaverei. Sie klären Menschen über die Fallen der Kriminellen auf, bieten Entflohenen Schutz, kümmern sich um Traumabehandlung und Reintegration der Ausgebeuteten. Drei Viertel aller Opfer sind Frauen und Mädchen; der überwiegende Teil von ihnen wird in die Prostitution gezwungen, den wichtigsten Sektor des weltweiten Menschenhandels. Auf 21 Milliarden Euro schätzen die Vereinten Nationen die jährlichen Gewinne.

Weltweite Ausbeutung nimmt zu

"In Form der Zwangsprostitution ist der Menschenhandel auch nach Deutschland gekommen und jeder kann ihn sehen", sagt Helga Tauch von der katholischen Frauenschutzorganisation Solwodi. Sie kann lange berichten von Mädchen aus Rumänien oder Nigeria, die zum Teil mit 15, 16 Jahren in deutschen Bordellen anschaffen müssen, von der brutalen Cleverness der Täter und fehlenden Ermittlungskapazitäten bei der Polizei. "Das wahre Ausmaß ist gar nicht bekannt." Tauch ist empört, dass im jüngsten Entwurf des Bundeskabinetts für ein Gesetz gegen Menschenhandel die Zwangsprostitution gar nicht erwähnt wird, und glaubt: "In 20 Jahren wird sich Deutschland für diese Gleichgültigkeit schämen."

Den neuen Weltgebetstag unter dem Motto "Zünde ein Licht an gegen den Menschenhandel" begrüßen Tauch und ihre Mitstreiterinnen, die auch mit der Deutschen Bischofskonferenz zusammenarbeiten. Die Bischöfe hoffen auf rege Beteiligung in den Gemeinden in Form von Gebetswachen und Besinnungstreffen. In einer Erklärung prangerten am Freitag auch sie die "verabscheuenswürdige Ungerechtigkeit" der modernen Sklaverei an. Die Kirche habe eine besondere Pflicht, dagegen anzukämpfen. Die Befunde von Experten, etwa im Bundeskriminalamt, zeigen aber: Die weltweite Ausbeutung nimmt zu. Armut und Perspektivlosigkeit in Ländern des Südens oder in Osteuropa sorgen für sicheren Nachschub, derweil machen wachsende Flüchtlingswellen die Lage noch unübersichtlicher.


Quelle:
KNA