domradio.de: Schon für die Menschen, die aktuell in Afrika leben, ist Nahrung ein großes Thema, je nachdem wo sie sich befinden. Wenn Sie jetzt diese stetig steigenden Zahlen des Bevölkerungswachstums hören, was geht da in Ihnen vor?
Simone Pott (Pressesprecherin der Welthungerhilfe): Das bedeutet, dass der Kampf gegen den Hunger der wichtigste Kampf ist, den die Menschheit für die nächsten Jahrzehnte zu führen hat. Und ich glaube, dass die Vereinbarungen der Staats und Regierungschefs bis 2030 den Hunger weltweit zu bekämpfen, dringender ist denn je.
domradio.de: Wie macht man das?
Pott: Es ist wichtig, Krisen und Konflikte, die in vielen Ländern herrschen, zu begrenzen. Wir sehen das ja in Syrien, einem Land, das vor fünf oder sechs Jahren noch keinen Hunger kannte. Jetzt herrscht dort blanker Hunger. Wir sehen das auch in Krisensituationen wie gerade im Südsudan, wo eigentlich vor fünf Jahren ein neuer Staat gegründet wurde. Die Menschen hatten das Gefühl, es ginge voran. Und jetzt sind wieder Hunderttausende auf der Flucht. Das heißt, Kriege und bewaffnete Konflikte müssen eingedämmt werden. Das muss zum einen getan werden, weil sie zu Hunger führen. Und das Zweite ist natürlich, dass wir die Lebensbedingungen der Menschen, vor allem auf dem Lande - denn eine Mehrzahl der Hungernde lebt leider noch auf dem Land - verbessern müssen.
domradio.de: In Afrika bekommen die Menschen viele Kinder. Hat das auch damit zu tun, dass sie versuchen, ihr Alter abzusichern?
Pott: Wir wissen aus Untersuchungen, wenn Frauen länger zur Schule gehen und eine Sekundarschule besuchen, dass die Zahl der Kinder sinkt und dass die Kinder, die sie haben, auch besser versorgt sind. Auf der einen Seite sehen wir, dass Kinder in vielen Ländern oder Situationen nicht unbedingt gewollt sind, dass sich Frauen aber nicht dagegen wehren können. Oft haben sie zum Beispiel keinen Zugang zu Verhütungsmitteln. Oder es ist eine Frage von kulturellen Gegebenheiten vor Ort, und Kinder sind in vielen afrikanischen Ländern eben eine Art Rentenversicherung. Aber sie sind auch Arbeitstiere, denn sie müssen die Ziegen hüten, die Mädchen müssen Wasser holen, sie müssen helfen, auf den Feldern mitzuarbeiten. Das heißt, Kinder sind auch Arbeitskräfte, die man dringend braucht, um den Alltag zu bewältigen.
domradio.de: Das heißt wiederum, wenn man etwas gegen den Hunger und für die Lebensumstände tut, verbessert man gleichzeitig die Lebensbedingungen der Kinder?
Pott: Auf jeden Fall. Und je besser die Kinder zukünftig ausgebildet sind, also je mehr Chancen sie haben, auch eine Schule zu besuchen, desto mehr trägt das dazu bei, langfristig die Weltbevölkerung zu senken.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.