Weltrat methodistischer Kirchen tagt im Sommer in Göteborg

Besonderes ökumenisches Ereignis

Der Weltrat methodistischer Kirchen trifft sich im August in Schweden. Es geht um Krieg, Klimawandel und die Ökumene. Größtes Konfliktthema der Methodisten ist laut Bischöfin Rosemarie Wenner jedoch ein anderes.

Autor/in:
Karl Heinz Voigt
Straßenszene in Göteborg / © Photosbypatrik (shutterstock)
Straßenszene in Göteborg / © Photosbypatrik ( shutterstock )

KNA: Die nächste Konferenz des Weltrats methodistischer Kirchen wird, umgeben von einer Anzahl anderer Fachkonferenzen, Mitte August im schwedischen Göteborg stattfinden.

Das ist eine bemerkenswerte Ortswahl, weil im Methodismus die Konferenztagungen immer von den Gemeinden der Region begleitet und mitgetragen werden. In Schweden gibt es aber keine Methodistenkirche mehr.

Rosemarie Wenner (Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche im Ruhestand): In Schweden gibt es keine methodistische Kirche mehr, aber es gibt Gemeinden in methodistischer Tradition, die der Equmeniakyrkan (auf Deutsch: Ökumene-Kirche; Anmerkung der Redaktion) angehören, in der sich 2011 die Baptistische Kirche, die Mission Covenant Church und die Evangelisch-methodistische Kirche zusammengeschlossen haben.

Die vereinigte Kirche gehört mehreren kirchlichen Weltbünden an, darunter auch dem methodistischen Weltrat. Übrigens ist es das erste Mal, dass eine vereinigte Kirche Gastgeberin für eine methodistische Weltkonferenz ist. Das macht das Treffen in Schweden zu einem besonderen ökumenischen Ereignis.

Methodistenkirche in den USA / © Malachi Jacobs (shutterstock)
Methodistenkirche in den USA / © Malachi Jacobs ( shutterstock )

KNA: Haben diese vereinigten Kirchen einen besonderen Status oder sind sie den anderen Mitgliedskirchen gleichgestellt?

Wenner: Sie arbeiten wie die anderen Mitgliedskirchen im Weltrat mit. Mit ihrer gelebten Ökumene erinnern sie uns ständig daran, dass das Streben nach sichtbarer Einheit ein Wesensmerkmal methodistischer Kirchen und damit auch des Weltrats ist. Zum Beispiel ist die Vereinigte Kirche von Kanada, die sich 1925 bildete, ganz aktiv im Weltrat mit dabei, ebenso die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gebildeten Kirchen von Südindien und Nordindien.

Rosemarie Wenner

"Das größere Spaltpotenzial entzündet sich in Europa an der Frage, ob die Kirche Menschen, die in homosexuellen Partnerschaften leben, ordinieren und ihre Beziehungen segnen kann."

KNA: Aber die Kirche steht heute als Teil der Weltgesellschaft vor anderen, teilweise größeren Herausforderungen. Werden auch Delegierte aus den europäischen Kirchenzweigen erwartet, die vor schwerwiegenden Zukunftsfragen für ihre Länder wie für die Kirchen stehen? Ich denke natürlich an die Methodisten in Russland und in der Ukraine, aber auch in Estland, Litauen, Lettland und Polen.

Wenner: Der Europäische Rat methodistischer Kirchen ist natürlich in die Planungen mit einbezogen und wir rechnen mit einer starken europäischen Beteiligung. Methodistische Kirchen sind überall in Europa klein. Doch ihr Beitrag für die Gesellschaft in ihren Ländern ist überproportional groß. Durch den Fonds Mission in Europa helfen sich die Kirchen gegenseitig, Aufgaben wie die Unterstützung von bedürftigen Familien und derzeit die Ukrainehilfe zu bewältigen. Der Krieg in der Ukraine führt zu Spannungen.

Das größere Spaltpotenzial entzündet sich allerdings auch in Europa an der Frage, ob die Kirche Menschen, die in homosexuellen Partnerschaften leben, ordinieren und ihre Beziehungen segnen kann. Die methodistische Kirche von Estland hat die Evangelisch-methodistische Kirche verlassen, weil sie sich in den USA und in Westeuropa für die Akzeptanz homosexueller Menschen öffnet. Die Trennung verlief einvernehmlich. Denselben Schritt planen auch die methodistischen Kirchen in Russland und weiteren Ländern Eurasiens. Die Kirche in der Ukraine will allerdings in der Evangelisch-methodistischen Kirche verbleiben. 

Die gewachsene Gemeinschaft zwischen Methodisten in Europa macht es möglich, dass wir miteinander im Gespräch bleiben. Vielleicht spornt das europäische Beispiel methodistische Kirchen in anderen Teilen der Welt an, trotz tiefer Meinungsunterschiede in Liebe miteinander umzugehen. Da der Weltrat keine die Kirchen bindende Beschlüsse fasst, führt das Thema Homosexualität zwar zu Diskussionen, aber es verhindert nicht Begegnungen. Und die Frage, wie sich methodistische Kirchen angesichts eines Krieges in Europa und vieler Kriege engagieren können, wird bei der Weltkonferenz einen breiten Raum einnehmen.

KNA: Sie waren kürzlich in Asien. Können Sie die Lage methodistischer Kirche dort kurz skizzieren?

Wenner: Asien ist ein riesiger Kontinent. Die Kirchen sind überall in der Minderheit. Methodistische Kirchen setzen sich für Verständigung zwischen den Religionen ein. Missionarisches Engagement und Respekt für Menschen anderen Glaubens schließen sich nicht aus. Das konnte ich zum Beispiel in Malaysia wahrnehmen. Die methodistischen Kirchen auf den Philippinen legen einen Schwerpunkt auf die Begleitung der vielen Arbeitsmigranten und unterstützen sie in geistlicher, humanitärer und rechtlicher Hinsicht. Der Weltrat methodistischer Kirchen setzt sich schon viele Jahre zusammen mit weiteren ökumenischen Partnern für Frieden auf der koreanischen Halbinsel ein.

Ich war bei meiner Asienreise unter anderem auch in Seoul, um bei dem methodistischen Runden Tisch für Frieden in Korea über die Rolle der Kirchen bei der deutschen Vereinigung zu sprechen.

Rosemarie Wenner

"Klimagerechtigkeit nicht nur als ethische Frage betrachten."

KNA: Ich nehme an, dass die vom Klimawandel und dem angeschwemmten Plastikmüll besonders betroffenen Kirchenzweige im Pazifik ihre Sorgen für die Menschen und für die Kirchengemeinden in den langen Küstengebieten mitbringen? Gibt es in diesen Fragen einen Vorlauf?

Wenner: Anders als in Europa sind die methodistischen Kirchen im Pazifik groß. Für sie ist der Klimawandel ein Thema, bei dem es für Millionen von Menschen heute schon um Leben und Tod geht. Die Spiritualität unserer Brüder und Schwestern im Pazifik ist von der tiefen Verbundenheit mit der Mutter Erde und dem Wasser der Ozeane geprägt. Das inspiriert uns, Klimagerechtigkeit nicht nur als ethische Frage zu betrachten, sondern als tiefen Ausdruck unseres christlichen Glaubens. Bei einer Fachtagung zum Thema Migration im September 2023 in Manila appellierten die Teilnehmenden aufgrund bewegender Berichte aus dem Pazifik an die Kirchen im globalen Norden, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Kohlenstoffemissionen rasch zu reduzieren, von ihren Regierungen sofortige Maßnahmen zu fordern, darauf zu bestehen, dass die Regierungen klimabezogene Asylkategorien entwickeln, und ihre Berufung zur Bewahrung der Schöpfung neu zu beleben.

Rosemarie Wenner

"Ich bin dankbar für die Horizonterweiterung, die ich in Gesprächen mit Geschwistern aus den wachsenden Kirchen im Globalen Süden erfahre."

KNA: In den oft als "westliche Länder" bezeichneten Regionen Nordamerika und Europa schrumpft die Kirche, dagegen ist in Asien und besonders in Afrika ein Wachstum sichtbar. Was bedeutet die Gewichtsverschiebung für die methodistische Kirche, die nicht, wie etwa die katholische Kirche, ein Zentrum wie den Vatikan hat?

Wenner: Im Weltrat sind wir dabei, Strukturen, Themen und Arbeitsweisen kritisch zu überprüfen, die immer noch stark von Europa und den USA dominiert sind. Es wird Zeit, die Verstrickungen der Kirchen des Nordens und Westens mit kolonialer Ausbeutung und Unterdrückung zu reflektieren und ernst zu nehmen, dass Christus sich in jeder Kultur mitteilt und jede Kultur infrage stellt. Ich bin dankbar für die Horizonterweiterung, die ich in Gesprächen mit Geschwistern aus den wachsenden Kirchen im Globalen Süden erfahre. Ich blicke damit anders auf die Debatten hier in Deutschland.

Zur Person Rosemarie Wenner

Rosemarie Wenner (69) war von 2005 bis 2017 Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland. Seit dieser Zeit gehört sie dem gesamtkirchlichen Bischofsrat an, zeitweise auch als Vorsitzende. Ihr Interesse galt immer auch den Kirchengebieten in Afrika und Asien. Seit dem Ende ihres bischöflichen Dienstes ist sie als «Genfer Sekretärin» des Weltrates methodistischer Kirchen tätig.

Damit ist die Aufgabe verbunden, den Kontakt zwischen dem Weltrat und dem in Genf ansässigen Ökumenischen Rat der Kirchen und anderen kirchlichen Weltbünden zu halten.

 (DR)

Angesichts des Krieges zwischen Israel und der Hamas folgt der Weltrat den Appellen unserer Kirchen aus dem Globalen Süden und fordert einen Waffenstillstand sowie ein Ende der Gewalt im Westjordanland. Unser Generalsekretär Bischof Ivan Abrahams kommt aus Südafrika. Er war über Weihnachten mit einer internationalen Delegation in der Westbank und in Israel. In Friedensgebeten, die das methodistische Verbindungsbüro in Jerusalem wöchentlich online veranstaltet, hören wir Stimmen aus Palästina und aus Israel, die die brutale Gewalt vom 7. Oktober verurteilen, die Not der Geiseln und ihrer Familien beklagen und mit zu Herzen gehenden Beispielen das himmelschreiende Elend der Bevölkerung in Gazastreifen anprangern.

KNA: Bedeuten die verschiedenen Verlagerungen nicht auch den Weg in eine finanzielle Verarmung?

Wenner: Wie alle internationalen kirchlichen Organisationen hat auch der Weltrat methodistischer Kirchen finanzielle Probleme. Das liegt allerdings nicht daran, dass die Kirchen im Norden schrumpfen und im Süden wachsen, sondern daran, dass wir es schwer schaffen, materielle Güter großzügig miteinander zu teilen. Der Mangel an Geld kann uns aber auch lehren, neue Arbeitsformen einzuüben, zum Beispiel durch digitale Treffen, kleinere Gremien, klare Schwerpunktsetzung etcetera.

KNA: Zum Schluss noch eine Frage zum Verhältnis der methodistischen und der römisch-katholischen Kirche. 2021 wurden mehrere Dialogtexte veröffentlicht, nachdem ihnen der Weltrat methodistischer Kirchen zugestimmt hat. Werden in Göteborg weitere Dialogtexte zur Annahme vorliegen?

Wenner: Ein weiterer Dialogbericht ist bereits 2022 erschienen und wurde, weil die methodistische Weltkonferenz wegen der Pandemie auf 2024 verschoben wurde, im Online-Verfahren angenommen. Der Titel lautet: "Gott versöhnt in Christus - auf dem Weg zu voller Gemeinschaft im Glauben, den Sakramenten und der Mission". Ein Kapitel ist der Frage gewidmet, welche Riten und Liturgien Katholiken und Methodisten kennen, um Versöhnung mit Gott zu erfahren. Die Gespräche über Beichte oder über die methodistische Praxis des Bundeserneuerungsgottesdienstes halfen, Vorurteile zu überwinden. Das Streben nach sichtbarer Einheit der Kirche ist nötig, um in einer von Spaltungen gezeichneten Welt glaubhaft von der Versöhnung zeugen zu können, so betont die Dialogkommission. Der Bericht führt auch praktische Beispiele an, wie dies heute schon geschieht. Er endet mit einer Liturgie, die von Katholiken und Methodisten gefeiert werden kann. Die Lektüre und Rezeption - auch in Deutschland - ist sehr zu empfehlen.

Inzwischen hat die zwölfte Dialogrunde begonnen. Sie vertieft das Thema Mission. Seit dem Beginn der Dialoge im Jahr 1967 ist viel Vertrauen gewachsen. Doch der Weg hin zu voller Kirchengemeinschaft erfordert weiterhin Beharrlichkeit und Mut.

Weltrat methodistischer Kirchen

Der Weltrat methodistischer Kirchen (World Methodist Council) konstituierte sich 1881 in London als "Ökumenische methodistische Konferenz". Nach Bildung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1948 änderte er seinen Namen. Er vereint nach eigenen Angaben 80 Mitgliedskirchen aus 132 Ländern und vertritt damit über 80 Millionen methodistische Christen. Vertreter der Mitgliedskirchen treffen sich alle fünf Jahre, um über die gegenwärtigen kirchlichen und gesellschaftlichen Probleme zu beraten.

Methodistische Kirche / © Steven Kyle Adair (shutterstock)
Methodistische Kirche / © Steven Kyle Adair ( shutterstock )
Quelle:
DR