Weltsicherheitsrat berät über Sanktionen gegen Nordkorea

Nordkorea droht mit Abschuss einer Atomrakete

Nordkorea hat jetzt mit dem Abschuss einer Rakete mit Nuklearsprengkopf gedroht. Zu einem solchen "bedauerlichen Vorfall" könne es kommen, wenn die USA ihre Haltung nicht aufgäben, sagte ein nordkoreanischer Beamter laut südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap. Nordkorea strebe nach Sicherheit, der Atomwaffentest sei Ausdruck der Absicht, die USA zu bilateralen Verhandlungen zu bewegen, so der Beamte weiter.

 (DR)

Nordkorea hat jetzt mit dem Abschuss einer Rakete mit Nuklearsprengkopf gedroht. Zu einem solchen "bedauerlichen Vorfall" könne es kommen, wenn die USA ihre Haltung nicht aufgäben, sagte ein nordkoreanischer Beamter laut südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap. Nordkorea strebe nach Sicherheit, der Atomwaffentest sei Ausdruck der Absicht, die USA zu bilateralen Verhandlungen zu bewegen, so der Beamte weiter. Washington lehnt bilaterale Gespräche mit Nordkorea ab.  Wenn die USA "entsprechende Massnahmen" ergriffen, sei Nordkorea bereit, auf sein Atomwaffenprogramm zu verzichten und wieder an den Sechs-Parteien-Gesprächen teilzunehmen, sagte der nordkoreanische Regierungsvertreter gemäss dem Yonhap-Bericht weiter. Sanktionen seien keine Lösung. Zu den Reaktionen aus Südkorea: Ein domradio-Interview mit Erik Richter von der Katholischen Internationalen Gemeinde in Seoul.

Auch China untertstützt Sanktionen
Im Un-Sicherheitsrat zeichnet sich dagegen die Einigung auf ein Sanktionsprogramm ab. Auch China, ein traditionell Verbündeter des kommunistischen Regimes in Pyongyang, hat seinen Widerstand gegen Strafmaßnahmen angeblich aufgegeben.
Seit Montagabend tagt in New York mit Unterbrechungen der Weltsicherheitsrat. Er berät über eine Reaktion auf den nordkoreanischen Atomwaffentest. Die USA brachten früh einen Resolutionsentwurf ein, in dem Strafmaßnahmen wie ein Waffenembargo und eine Ausweitung der ohnedies bereits rigorosen Handelsbeschränkungen vorgesehen sind. Die USA, Großbritannien und Frankreich sprachen sich auch für Sanktionen nach Kapitel VII der UN-Charta aus, das im Extremfall militärische Maßnahmen vorsieht.
China und Russland erwähnten Kapitel VII nicht, waren aber für ein "striktes Vorgehen."  Die Bundesregierung befürwortet Sanktionen des UN-Sicherheitsrats, mit den Maßnahmen solle aber nicht die Bevölkerung getroffen werden, so Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Mathias Peter berichtet.

Annan besorgt
Auch UN-Generalsekretär Annan hatte sich "zutiefst besorgt" darüber geäußert, dass Pjöngjang den vorliegenden Informationen nach allen Warnungen der internationalen Gemeinschaft zum Trotz seine Ankündigung eines Atomwaffentests wahr gemacht hat. Annan rief alle Beteiligten dazu auf, auf diese schwerwiegende Herausforderung "in konstruktiver Form zu reagieren". Pjöngjangs Vorgehen "verletzt alle internationalen Abrüstungs- und Nichtweiterverbreitungsnormen sowie das gegenwärtige internationale Moratorium für atomare Tests", sagte Annan in einer Erklärung seines Sprechers.
Der Sicherheitsrat suche jetzt nach "angemessenen Maßnahmen, die Nordkorea eine scharfe und klare Antwort" auf seinen Atomtest erteilen, sagte der japanische UN-Botschafter und Ratspräsident Oshima. UN-Botschafter Bolton lobte die einstimmige Haltung des Rates gegenüber Pjöngjang.

USA: Unverzügliche Antwort
Nach den Worten von Präsident Bush bedeuten die nuklearen Anstrengungen Nordkoreas eine schwere Bedrohung für die internationale Sicherheit. Der Atomtest erfordere eine "unverzügliche Antwort des UN-Sicherheitsrates." Die USA seien weiter der Diplomatie verpflichtet. Die atomaren Rüstungsbestrebungen Nordkoreas, das seine Technologie weltweit verkaufe, seien auch eine "Bedrohung der USA."
Präsident Putin sagte, der Atomtest füge dem System der Nichtverbreitung von Atomwaffen "großen Schaden" zu. "Ich hoffe, dass Nordkorea in den Verhandlungsprozess zurückkehrt", erklärte Putin nach Angaben des Kreml.

Die EU und die NATO verurteilten den Atomwaffentest ebenfalls. "Das ist eine Bedrohung für den Weltfrieden", sagte NATO-Generalsekretär de Hoop Scheffer in Brüssel, wo die NATO-Botschafter zu einer Sondersitzung zusammen kamen. Die finnische Ratspräsidentschaft erklärte, die EU werde mit der Staatengemeinschaft an einer "entschiedenen Antwort auf diesen provokativen Akt" arbeiten.


Deutschland: Politik uneins über Sanktionen
Außenminister Steinmeier sagte, die Bundesregierung habe noch am Montag den nordkoreanischen Botschafter einbestellt und ihm „unmissverständlich klargemacht, dass wir nicht bereit sind, eine Fortsetzung der Verletzung internationalen Rechts hinzunehmen". Das nordkoreanische Atomprogramm könne ein weiterer Beitrag sein, der das internationale Abkommen über die Nichtverbreitung von Atomwaffen erodiere und in Zweifel ziehe.
„Ich glaube, ohne Reaktion darf ein solches Verhalten am Ende nicht bleiben", fügte er hinzu. Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) forderte vor allem China und die USA auf, die Atompolitik Nordkoreas zu stoppen. Dagegen lehnte der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose Sanktionen ab. Wie Klose warnte auch der Linkspartei-Außenexperte Norman Paech davor, Nordkorea zu isolieren.
Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul rief insbesondere China und die USA auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit „eine Abkehr Nordkoreas von diesem gefährlichen Weg der Atomwaffen möglich wird". Die SPD-Politikerin äußerte „tiefe Verachtung für dieses nordkoreanische Regime, das Atomwaffen baut und testet und die eigene Bevölkerung hungern lässt". Doch auch vor dem Hintergrund der nordkoreanischen Atomtests dürfe nicht in Vergessenheit geraten, dass die Atommächte eine Verantwortung zur Einhaltung bestehender Verträge und Übereinkünfte mit dem Ziel einer globalen atomaren Abrüstung hätten, betonte Wieczorek-Zeul.

Land öffnen statt isolieren
Der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Klose, rät dagegen von Sanktionen ab. „Man muss versuchen, auf Nordkorea einzuwirken. Ich sehe allerdings nicht, dass es ein Sanktionsregime gibt, das die Führung in Pjöngjang beeindrucken würde", sagte der er. Was das Regime der Bevölkerung zugemutet habe, sei so extrem, „dass auch eine Steigerung keine Änderung erwarten ließe", begründete der SPD-Politiker seine Ansicht. Klose betonte: „Ich würde eher versuchen, das Land zu öffnen, als es zu isolieren."

Klose forderte „eine ganz enge Kooperation der heutigen Nuklearmächte", also insbesondere der Amerikaner, der Russen, der Franzosen, der Engländer, der Inder und der Chinesen, um zu verhindern, dass weitere Länder dem nordkoreanischen Schritt folgen. „Die eigentliche Gefahr, auch im Fall des Iran, ist der Zusammenbruch des Nichtverbreitungsregimes. Eine Atommacht Iran riefe sofort Ägypter und Saudis auf den Plan", warnte der SPD-Außenpolitiker.

Sanktionen jeglicher Art werden nach Ansicht des Linkspartei-Politikers Paech weder gegenüber Nordkorea noch gegenüber dem Iran zu einem Erfolg führen. „Man muss aufhören, diese Staaten zu diskriminieren", verlangte er. In diesem Sinne müssten auch Deutschland und die Europäische Union auf die USA Einfluss nehmen und sie „von der Illusion trennen, eine Sanktionspolitik könne zum Ziel führen".

Nach Ansicht Paechs ist der Atomwaffensperrvertrag gescheitert. „Der Sperrvertrag war von Anfang an wurmstichig. Jetzt zerfällt er", sagte er. Ursache dafür sei die im Vertrag garantierte Monopolstellung der Atommächte oder die „zu vage" formulierte Abrüstungsverpflichtung. Problematisch sei zudem das im Vertrag verankerte „unveräußerliche Recht" auf friedliche Kernenergienutzung. Dies eröffne Staaten den Einstieg in die militärische Kernforschung, betonte Paech.

Welthungerhilfe will Arbeit in Nordkorea weiterführen
Trotz der politischen Turbulenzen um den nordkoreanischen Atomwaffentest hofft die Deutsche Welthungerhilfe auf eine Fortsetzung der Arbeit in dem Land. "Wir gehen davon aus, dass unsere humanitäre Arbeit weiter geht", sagte der zuständige Referent der Organisation, Dirk Reber. Das Engagement werde von der nordkoreanischen Regierung geschätzt. Allerdings komme es auch darauf an, wie sich Geldgeber wie die Bundesregierung und die EU verhielten.

Die Welthungerhilfe arbeitet seit 1997 in dem kommunistisch regierten Land. Sie ist mit zwei Mitarbeitern nach eigenen Angaben derzeit die einzige deutsche Organisation vor Ort. Sie kooperiert dabei mit sieben weiteren europäischen Nichtregierungsorganisationen. Laut Reber laufen derzeit alle Projekte planmäßig. "Der Alltag geht weiter." Die Welthungerhilfe engagiert sich zur Zeit in drei Projekten, bei denen es um den Bau von Gewächshäusern, die ländliche Entwicklung und die Wasserversorgung in Städten geht.
(ddp,kna)