Weniger als ein Prozent aller Tannen stammt aus ökologischem Anbau

Der perfekte Weihnachtsbaum

Wenn Heiligabend der Weihnachtsbaum erstrahlt, muss alles perfekt sein: Der Wuchs gerade, die Zweige ebenmäßig, die Nadeln dicht. Solche Tannen stammen oft aus Plantagen, werden mit Pestiziden behandelt. Naturschützer raten: Kaufe lieber unperfekt.

Autor/in:
Claudia Rometsch
 (DR)

Förster Bernd Schütz holpert mit einem olivgrünen Kombi über den matschigen Waldweg. Sein Ziel: Eine Schonung mitten in seinem Forstbezirk bei Hennef an der Sieg, wo an diesem Morgen die jährliche Weihnachtsbaumernte beginnt - kurz vor dem Fest, damit die Bäume Heiligabend noch frisch sind. "Das hier sind ungespritzte Tannen, so wie sie frei in der Natur wachsen", sagt der Förster. Damit sind sie eine Ausnahme unter den jährlich rund 28 Millionen in Deutschland gefällten Weihnachtsbäumen. Denn in der Regel kommen die Tannen nicht aus dem Wald, sondern aus Plantagen, wo sie gedüngt und mit Pestiziden behandelt werden.



Es regnet Bindfäden, während die durchnässten Arbeiter in orange-roten Wetterjacken eine Tanne nach der anderen aus der umzäunten Schonung holen. "Regen hin oder her. Weihnachten lässt sich nicht aufschieben", sagt Schütz mit Blick zum Himmel. Rund 700 bis 800 Nobilis- und Nordmanntannen ernten der Förster und seine Leute pro Jahr. Die Nachfrage nach den ungespritzten Bäumen aus dem Wald sei gut, sagt er. "Wir sind an Heiligabend immer restlos ausverkauft."



Siegel verraten die Herkunft

Das Angebot an umweltfreundlich angebauten Weihnachtsbäumen wie diesen ist immer noch viel zu gering, sagt Sabine Krömer-Butz von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Rudolf Fenner von der Naturschutzorganisation Robin Wood schätzt den Anteil der Christbäume aus rein ökologischem Anbau sogar auf weniger als ein Prozent. Viel zu wenig, weil der Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln in Plantagen die Böden belaste. "Dass Weihnachtsbaumkulturen nicht in der Nähe von Gewässern zugelassen werden, sagt ja schon einiges", sagt Fenner.



Naturschutzorganisationen raten daher, gezielt zu umweltfreundlichen Christbäumen zu greifen. Zu erkennen seien die ungespritzten Tannen an den Siegeln von Verbänden des ökologischen Landbaus, wie sie auch im Lebensmittelhandel verwendet werden, sagt Fenner. Das sei vor allem Naturland. Aber auch Bioland oder Demeter zertifizieren Weihnachtsbaumkulturen. Das europäische Biosiegel sei ebenfalls vertrauenswürdig. Hinzu kommt das FSC-Siegel des Forest Stewardship Council, das für eine nachhaltige, pestizidfreie Waldwirtschaft steht.



"Eine weitere gute Möglichkeit ist auch der Weihnachtsbaum-Kauf beim Förster vor Ort", sagt Sabine Krömer-Butz. Dann könne man genau nachfragen, woher der Baum stamme. Die Tannen aus dem Revier von Förster Bernd Schütz tragen zwar kein Siegel. Sie werden aber nicht gedüngt oder gespritzt, sagt der Förster. Grün und Unkraut zwischen den Tannen roden die Waldarbeiter stattdessen einmal im Jahr mit der Sense. Außerdem schütze ein Zaun die künftigen Weihnachtsbäume vor Schäden durch Wild.



Nicht so perfekt wie die gedüngten Tannen

Teurer als Plantagenbäume sind die natürlich gewachsenen Tannen aus dem Forst laut Krömer-Butz nicht: Sie kosten durchschnittlich 25 Euro. Selbst für Bäume von Öko-Plantagen mit entsprechendem Siegel müsse in der Regel nicht mehr Geld hingelegt werden als für die mit Pestiziden und Dünger groß gezogenen Tannen, sagt Rudolf Fenner von Robin Wood.



Insgesamt sei die Nachfrage nach Öko-Bäumen dennoch verhalten, meint Krömer-Butz. Das liege an den Ansprüchen der Kunden. Die Produzenten versuchten, möglichst makellose Bäume zu liefern. "Und die natürlich gewachsenen Tannen sind eben nicht immer symmetrisch."



Auch seine Bäume seien nicht so perfekt wie die gedüngten Tannen aus Plantagen, räumt Förster Schütz ein und zeigt auf ein paar gelbe Nadeln am Ast einer Nordmanntanne. Aber immer mehr Kunden sei der Umweltgedanke wichtig.



"Es kommen viele Allergiker, die keine Ausdünstungen von gespritzten Bäumen in der Wohnung haben wollen", sagt Förster Joachim Cohnen, der Bäume aus dem Hennefer Wald am Forsthaus Köln-Rath verkauft. "Außerdem hat jeder einen anderen Geschmack." Derzeit gehe der Trend wieder zu Kerzen aus echtem Wachs: "Und da dürfen die Bäume dann gar nicht so dicht gewachsen sein."



Dieses Jahr hat Robin Wood rund 60 Verkaufsstellen für umweltfreundliche Tannenbäume in Deutschland gezählt, die Liste steht auf der Internet-Seite. Doch auch wenn in der Nähe des eigenen Wohnortes keine Öko-Tannenbäume verkauft würden, sollten die Kunden sich beim Händler danach erkundigen, appelliert Krömer-Butz von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Denn nur wenn die Nachfrage steige, werde das Angebot mit der Zeit größer werden.