So heißt es in dem am Dienstag vorgelegten Bericht der Weltkulturorganisation Unesco mit dem Titel "Inklusion und Bildung: Für alle heißt für alle". Dies entspreche etwa jedem sechsten Heranwachsenden. Millionen andere würden aufgrund ihrer Herkunft, Identität oder einer Behinderung innerhalb des Bildungssystems ausgegrenzt, kritisieren die Autoren des Berichts.
Armut Hauptursache
Im Weltvergleich ist Armut dem Bericht zufolge weiterhin die entscheidende Hürde für Bildungserfolg. In allen Ländern außer den einkommensstarken Staaten Europas und Nordamerikas schließen im Verhältnis zu 100 Jugendlichen aus den wohlhabendsten Haushalten nur 18 aus den ärmsten die Sekundarschule ab. Generell besuchen in ärmeren Ländern meist deutlich weniger Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen weiterführende Schulen als solche aus wohlhabenden Familien.
Auch Minderheiten und Geflüchteten werde der Zugang zu hochwertiger Bildung in vielen Ländern noch immer nicht hinreichend gewährt, kritisieren die Autoren. Zudem sei in jedem vierten Land weltweit die getrennte Bildung von Kindern mit und ohne Behinderung gesetzlich vorgeschrieben. In Asien, Lateinamerika und der Karibik existierten sogar in mehr als 40 Prozent der Staaten entsprechende Regelungen.
In mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern lernen Kinder der Roma-Minderheit dem Bericht zufolge getrennt von der Mehrheitsgesellschaft. In den entwickelten OECD-Staaten besuchen demnach mehr als zwei Drittel aller Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Schulen, an denen mindestens die Hälfte der Schüler ebenfalls eine Zuwanderungsgeschichte hat.
Die Autoren empfehlen unter anderem, die Umsetzung von gerechter Teilhabe für alle bereits bei der Ausbildung von Lehrkräften als Kernelement zu behandeln. Auch Vielfalt innerhalb des Bildungspersonals selbst fördere Inklusion, heißt es.
Inklusive Bildung erweitern
Zentrale Empfehlung sei, dass alle Bildungsakteure ihr Verständnis von inklusiver Bildung erweiterten, schreibt Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay im Vorwort zum Bericht. So sollten alle Lernenden - unabhängig von Identität, Hintergrund oder Fähigkeiten - einbezogen werden. 2018 berichtete laut Unesco etwa ein Drittel der Lehrkräfte in wohlhabenderen Ländern, dass sie ihren Unterricht nicht an die kulturelle Vielfalt von Schülern anpassten.
Die derzeitige Corona-Krise werde die verschiedenen Formen der Exklusion weiter verstetigen, warnt Azoulay. Vergangene Erfahrungen hätten gezeigt, dass Gesundheitskrisen viele Menschen zurücklassen könnten. Insbesondere die ärmsten Mädchen seien betroffen, viele würden vielleicht nie wieder in die Schule zurückkehren.
Nach den globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen sollen bis 2030 alle Menschen auf der Welt in den Genuss hochwertiger Bildung kommen. Mit ihrem Bericht prüft die Unesco jährlich, wie weit sich die Menschheit diesem Ziel genähert hat.