Das Tagebuch von der Vollversammlung der Bischofskonferenz

Wenn der Papst dazwischen funkt

Als hätte jemand von ganz oben am Timing gedreht. Da debattieren die deutschen Bischöfe über Priestermangel und zeitgleich kommt ein Papst-Interview daher....

Pressekonferenz / © dr (DR)
Pressekonferenz / © dr ( DR )

Es gibt nichts Neues unter der Sonne? Der biblische Weisheitsautor Kohelet fragte sich das schon vor über 3000 Jahren. Und während es in manchen selbsterklärten "gut katholischen" Landstrichen nicht möglich ist, den Priester, der trotz seines Weiheversprechens später geheiratet hat, zum Kirchweihjubiläumsfest einzuladen, trinkt der Berliner Erzbischof Heiner Koch mit einem dieser so "verheirateten Priester" und dessen Frau in größter Seelenruhe und für alle sichtbar einen Kaffee am frühen Morgen. Gerade erst hat Koch in der Frühmesse hier bei Frühjahrsvollversammlung seine Mitbrüder ermutigt, heute ehrlich und offen zu diskutieren und eine alle beeindruckende Predigt gehalten.

Wahrheit und Klarheit verdient das Studienthema auch, welches sich die katholischen Bischöfe an diesem Tag selbst verordnet haben: Es geht um die "Zukunft und Lebensweise des priesterlichen und bischöflichen Dienstes". Klingt wenig kompliziert, ist aber eher "komplex", wie Bischof Felix Genn zu berichten weiß. Dabei wird es um das sich verändernde Berufsfeld des Priesters, die Herausforderungen durch Großpfarreien, aber auch um die Einsamkeit im Alter gehen. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Kardinal Rainhard Marx hatte schon im Vorfeld deutlich gemacht, dass man die Fragen rund um den Priesterberuf nicht nur auf das seit Jahren heiß diskutierte Thema der Ehelosigkeit, den Zölibat beschränken wird. Marx selber sieht in der sich veränderten Rolle des Priesters in der modernen Gesellschaft eine sehr große Herausforderung aber auch Chance für die Kirche.

Ratlose Bischöfe

Viele Plakatwände hat die Diözesanstelle des Erzbistums Köln in den Fluren des bischöflichen Tagungshauses aufgestellt. Klar, die Männer, die hier in diesen Tagen vorbeigehen, sind alle längst berufen, aber man möchte wohl demonstrieren, dass man in Köln nichts unversucht lässt, um junge Menschen für geistliche Berufe zu gewinnen. Früher gingen durch diese Flure des Kardinal-Schulte-Hauses, des alten Kölner Priesterseminars, ganze Heerscharen von angehenden Priestern. Heute bekäme man alle bundesweiten Weihekandidaten locker auf einer Etage untergebracht. Es gab 2015 leider Gottes mehr Bischöfe als junge Männer, die zu Priestern geweiht wurden…

Bischof Felix Genn erklärt im Interview, er rudere bei all diesen Fragen zusammen mit seinen Priestern in einem Boot - aber wohin genau, wisse er auch nicht immer. Ein sympathischer Kirchenmann, der gerne öffentlich zugibt, dass er trotz Priester- und Bischofsweihe auch nicht alle Fragen um die Zukunft des priesterlichen Dienstes stets zur vollsten Zufriedenheit  beantworten kann.

Irgendwie führt der Himmel auch eine nicht ganz so gute Regie am dritten Tag der Vollversammlung. Draußen ist alles grau in grau und es regnet Bindfäden - an solchen Tagen sind Lichtblicke eher selten. Zudem ist das mit dem Priesterthema heute am Weltfrauentag auch so eine Sache. Aber nicht nur den Medienvertretern liefert das schöne Vorlagen. Auf der Pressekonferenz am Mittag erklärt Jugendbischof Oster aus Passau dann auch theologisch noch einmal grundlegend, warum sich die Frage von Frauen in Weiheämtern, z.B. als Diakoninnen für die Katholische Kirche nicht stellt. Neben ihm sitzt der BDKJ-Präses Dirk Bingener, der gerade mutig erklärt hatte, viele katholische Jugendliche stellten sich aber gerade diese Frage - es gehe gerade hier um Glaubwürdigkeit. Egal, ob sich die Frage nun stellt oder nicht - im Hinblick auf die Bischofssynode  2018 unter dem päpstlichen Leitwort "Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsentscheidung!" dürfte diese Frage, die sich nicht stellen darf, sehr spannend bleiben.

Dazwischenfunker Franziskus

Die Pressekonferenz war noch nicht ganz zu Ende, da funkt der Papst aus Rom via eines aktuellen Interviews in der Wochenzeitung "Die Zeit" dazwischen. Das las sich so, als wolle der Bischof von Rom zumindest die Möglichkeit der "Viri probati" nicht länger ausschließen. Also doch irgendwann einmal verheiratete bewährte katholische Männer, die den Priesterberuf ausüben - zumindest in "weit entlegenen Gemeinden" wie der Papst andeutete? Im freiwilligen Zölibat sieht der Papst dagegen keine Lösung der Probleme rund um den Priestermangel.

Erzbischof Schick, langerfahrener Kirchenmann aus dem Erzbistum Bamberg, berichtet von Briefen, die er im Vorfeld der Konferenz erhalten habe. Die Briefeschreiber hätten die Erwartung, die deutschen Bischöfe würden hier bei ihrer Vollversammlung die Aufhebung des des Zölibates fordern. Die Briefeschreiber mögen ehrenwerte Ziele haben, vom Innenleben der Leitungsebene der Katholischen Kirche verstehen sie vermutlich sehr wenig. Man darf ja von den "Formel 1"-Verantwortlichen auch nicht erwarten, dass sie sich ein Tempolimt verordnen, nur um den Rennsport sicherer zu machen…

Versöhnlicher Rheinischer Abend

Aber nicht nur dank des Papstes gab es an diesem langen, regengrauen Konferenztag so doch einige Lichtblicke. Die konnten die Bischöfe dann auch noch beim Rheinischen Abend erleben - wo sich alle irgendwie gut aufgehoben und geborgen fühlten. Spätestens als der stellvertretende domradio.de-Chefredakteur Stephan Baur seine Gitarre herausholte und den Bischöfen seine rheinisch-kölsche Version von Dietrich Bonhoeffers "Von guten Mächten wunderbar geborgen" vortrug.

Diese Rheinländer, einfach herrlich, wird sich da mancher Kirchenmann gedacht haben. Es gibt doch Gott sein Dank auch an diesen Regentagen in Bensberg irgendwie nichts Neues unter der Sonne… Wie beruhigend.


Werben um Berufungen / © dr (DR)
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Quelle:
DR