Die letzten sieben Tage des Advents stehen unter besonderem Vorzeichen. In den Abendgebeten werden in den besonderen Antiphonen die Sehnsucht des Volkes Israel nach Erlösung besungen. Sie sind in ihrem Inhalt also sehr viel älter als das Christentum. Da wird die Weisheit besungen und der Herr angerufen an die Wurzel aus dem Baumstumpf Isais erinnert. Der Schlüssel Davids, der im Buch Jesaja beschrieben ist, wird besungen, der Morgenstern herbeigesehnt und der König aller Völker. Und erst in der siebten Antiphon, "Oh Emanuele" taucht ganz vorsichtig eine Bezeichnung für den ersehnten Erlöser auf. Die heutige Strophe heißt: "Oh Weisheit aus des höchsten Mund, die du umspannst des Weltalls Rund und alles lenkst mit Kraft und Rat: komm weise uns der Klugheit Pfad."
Wenn wir ab heute also in die letzte Phase des Advents hineingehen, in die Zeit des Erwachens, könnte es vielleicht eine Zeit werden, mal selbst nachzudenken, wer diese kommende Gott für mich eigentlich ist. Ist es der ersehnte Erlöser und Emmanuel oder eher der unnahbare Herr? Eher etwas so Altes, dass schon die Völker des Alten Bundes verehrt haben oder Jesus von Nazareth, der Bruder aller Menschen, der unsere Menschenwege mitgegangen ist und sich nicht zu schade war Leid und Tod auf sich zu nehmen, um Menschen Leid und Tod zu wenden.
Die Bitte um Weisheit und Klugheit wendet Salomo an Gott, als der ihm einen Wunsch frei gibt. Und dann sehen wir da ein einmaliges Handeln Gottes. Er sagt einem Menschen: "Du darfst dir etwas wünschen." Er will Salomo, den Sohn und Nachfolger des großen Königs David, auf die Probe stellen. Was ist ihm das Wichtigste? Was hat er in seinem Denken und Wollen Vorrang? Salomo besteht die Probe. Er bittet Gott um ein gehorsames, weises und verständiges Herz. Er denkt nicht zuerst an die eigene Ehre und Macht, sondern an die vor ihm liegende Aufgabe Israel zu regieren. Dazu braucht er vor allem Weisheit.
