Machtkampf über US-Grenzmauer zu Mexiko

Wider die amerikanische Idee

US-Präsident Trump will mit aller Macht eine Mauer zu Mexiko. Doch die Demokraten weigern sich. Die Fronten seien verhärtet, analysiert Jesuit und USA-Experte Godehard Brüntrup. Er warnt davor, Einwanderer unter Generalverdacht zu stellen.

Migranten auf dem Grenzzaun zwischen Mexiko und den USA / © Gregory Bull (dpa)
Migranten auf dem Grenzzaun zwischen Mexiko und den USA / © Gregory Bull ( dpa )

DOMRADIO.DE: Donald Trump hat in seiner Rede an die Nation drastische Bilder benutzt. Über die mexikanische Grenze kämen Drogen, illegale Waffen und Gewalt. Trump führte mehrere angebliche Gräueltaten durch illegale Einwanderer auf, um seiner Forderung nach einer Mauer Nachdruck zu verleihen. Er wolle dieses Leiden der US-Bürger beenden. Wie schätzen Sie diese Rede ein? Hat er nicht viel zu sehr übertrieben?

Prof. Godehard Brüntrup (Jesuit, Philosoph und USA-Experte): Ich glaube, es geht hier um einen Machtkampf. Es geht darum, ob die Präsidentschaft Trump am Ende ist, weil er die Mehrheiten verloren hat. Niemand zweifelt daran, dass es ein Riesenproblem an der südlichen Grenze gibt. Jeden Monat werden 50.000 bis 60.000 Illegale Einwanderer aufgegriffen. Drogenkartelle operieren dort. Amerika hat eine Drogenkrise in nicht gekanntem Ausmaß mit 70.000 Drogentoten im Jahr.

Auf allen Seiten ist man sich einig, dass etwas getan werden muss. Dieser Kampf ist eher ein politischer Showdown. Es ist ein Machtkampf, in dem auch die Demokraten zeigen wollen, dass Trump im Grunde eine "Lame Duck" ist, ein machtloser Präsident, der keine Mehrheit mehr hat.

DOMRADIO.DE: Dahinter steht der Streit mit den Demokraten, die im Senat die Gelder für eine von Trump geplante Mauer nach Mexiko nicht freigeben. Die Folge ist ein Shutdown - die teilweise Einstellung der Regierungsgeschäfte. Eine Lösung ist nicht in Sicht, oder?

Brüntrup: Ein Kompromiss wäre möglich - wäre schon vor einem Jahr möglich gewesen. Damals hatten wir dieselbe Situation. Die Demokraten hatten Trump 20 Milliarden für die Mauer angeboten, wenn er ihnen bei einem Gesetz entgegenkommt, das Privilegien für illegal eingewanderte Kinder sichert. Trump hätte damals eine Mauer haben können, hätte er sich ein bisschen bewegt. Trump wollte damals keinen Kompromiss, erwies sich gerade nicht als "Deal Maker".

Jetzt ist es umgekehrt: Jetzt wollen die Demokraten keinen Kompromiss mehr. Sie wollen Trump nicht einen Dollar für seinen Grenzzaun geben. Obwohl Chuck Schumer, der Fraktionsführer der Demokraten im US-Senat, selber 2006 für so einen Grenzzaun gestimmt hat. Man sieht, hier sind einfach nur die Fronten verfestigt. Hier geht es darum, zu zeigen: Wer hat schlussendlich die Macht in Washington.

DOMRADIO.DE: Welche Position hat die katholische Kirche in den USA? Wie steht die zu der Auseinandersetzung? Das, was Trump sagt, dürfte der Kirche ja auch nicht gefallen.

Brüntrup: Die katholische Kirche gesteht natürlich jedem Staat zu, dass er frei entscheiden kann, wie er seine Grenzen sichert. Was aber nicht sein kann, ist, dass das mit Stimmungsmache und ausländerfeindlichen Parolen durchgesetzt wird. Eine Sache ist es - und das hat die EU ja auch getan - die Grenzen legitimerweise zu schützen. Und eine andere Sache ist es, im Land eine Stimmung zu erzeugen, die Ausländer - gerade solche, die von Süden kommen - generell unter Verdacht stellt, Kriminelle zu sein. Das wird die Kirche nicht mitmachen und dagegen haben sich die Bischöfe wiederholt gewandt.

DOMRADIO.DE: Gerade jetzt in der Woche vom 6. bis 13. Januar findet in den USA die jährliche Woche der Migranten statt. Diese Woche steht unter dem Zeichen der ausgestreckten Hand gegenüber Migranten. Aber die Rede von Donald Trump enthält im Grunde die entgegengesetzte Botschaft, oder?

Brüntrup: Er sagt, er ist für legale Migration. Wer legal nach Amerika einwandert, ist willkommen. Wer illegal einwandert, ist nicht willkommen. Da muss man schon unterscheiden. Er ist nicht generell gegen Immigranten, sondern gegen illegale Immigranten. Allerdings werden diese Unterscheidungen gar nicht mehr genau gesehen, weil der Konflikt so emotionalisiert und so hart geführt wird.

Es besteht wirklich die Gefahr, dass Ausländer generell als potenzielle Vergewaltiger, Drogenschmuggler und so weiter gesehen werden und eine Stimmung im Land aufgeheizt wird, die eigentlich der ursprünglichen amerikanischen Idee widerspricht, ein Land der Einwanderer zu sein, offen für alle und jedem eine Chance zu geben.

DOMRADIO.DE: Wie geht es nun weiter in den USA? Wie lange wird dieser Shutdown andauern und wird Trump seine Mauer bekommen? Wie ist Ihre Einschätzung?

Brüntrup: Ich vermute, dass man letztendlich doch irgendeinen Kompromiss finden wird. Das es vielleicht noch ein bisschen dauert, aber es kann auf Dauer nicht so weitergehen. Es wäre eine Tragödie, wenn Trump jetzt auf verfassungsrechtlich schmalem Boden eine Art Notstandsgesetzgebung durchsetzen würde. Das wäre eine ganz schlechte Entwicklung und ich hoffe, dass es nicht so weit kommt. 

Das Interview führte Dagmar Peters.


Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ (HfPH)
Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ / ( HfPH )

US-Präsident Donald Trump während seiner Rede an die Nation / © Carolyn Kaster (dpa)
US-Präsident Donald Trump während seiner Rede an die Nation / © Carolyn Kaster ( dpa )
Quelle:
DR
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