DOMRADIO.DE: Haben Sie keine Sorge. dass die Geschichte vom Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu als schillerndes Fernsehereignis am Eigentlichen vorbeigehen könnte?
Monsignore Georg Austen (Generalsekretär des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken): Das Eigentliche ist doch das Leben und Sterben. Zugleich haben wir aber auch die Hoffnung, Jesu Christi in unserer Zeit über den Tod hinaus wachzuhalten und zu zeigen, dass der christliche Glaube mehr als ein frommes Märchen ist. Wenn die Übersetzung dessen in die heutige Zeit das Eigentliche ist, dann geht es nicht daran vorbei. Klar geht es auch darum, bei einer solchen Inszenierung besonderen Wert auf die entsprechende Ästhetik zu legen.
Es ist vielleicht ein Wagnis, das in Deutschland in dieser Form zu erleben. Es sollte aber dazu führen, diese in die Menschheitsgeschichte eingemeißelte Geschichte für die Menschen heutzutage wachzuhalten.
Man kann ja in all die Jahrhunderte oder in diesen Tagen auch auf die Philippinen, nach Spanien oder zu den Oberammergauer Festspielen schauen, die genau das bei uns wachhalten sollen. Überall wird sich die Frage gestellt: Wie können wir uns dem nähern? Wie können wir das wachhalten und das den Menschen der heutigen Zeit nahebringen?
DOMRADIO.DE: RTL sagt, dass sie auch ein kirchenfernes Publikum erreichen wollen und ihm die zentrale Bedeutung des Osterfestes nahebringen möchten. Sie haben im Beirat der Sendung gesessen, die Diskussion verfolgt. Glauben Sie denn, dass das jetzt gelingen kann?
Austen: Das Ereignis ist sicherlich Wagnis und Chance zugleich. Als Bonifatiuswerk, das ein Hilfswerk für den Glauben ist, sehen wir auch einen missionarischen Aspekt darin, die Oster-Botschaft, die der Kern unseres Glaubens ist, Menschen nahezubringen, die postchristlich leben oder die Glaubensinhalte wie auch den Sinn dieser Tage, die wir in dieser Woche bis zum Osterfest hier feiern, nicht mehr kennen.
Ich sehe schon auch eine Chance darin. Ich hoffe, dass man auch mit Menschen, denen der Glaube fremd geworden ist oder die Anfragen an den Glauben haben oder die anders denken, ins Gespräch kommen kann. Vielleicht können sie so auch für sich selbst Impulse von diesem Ereignis, dem Inhalt dieser Tage, der an Dramatik nichts überlässt, aber der eine Botschaft für jeden persönlich ist, bekommen.
Gerade in dieser Zeit, wo Menschen Trost suchen, wo sie auch in Kriegssituationen, in Krisensituationen Sorgen haben, ist es wichtig, Hoffnung und auch Trost zu bekommen. Das sollten wir sehr positiv für uns mit sehen und dann auch die Osterbotschaft in dieser Zeit wahrnehmen. Der Tod ist überwunden. Jesus begleitet uns selbst bis in Leiden und Tod hinein. Das sind für mich Chancen, die wir auch wahrnehmen sollten.
DOMRADIO.DE: Das Bistum Essen sieht die Aufführung auch erst mal mit Wohlwollen. Sie haben uns gerade auch schon geschildert, warum Sie das vom Bonifatiuswerk auch tun. Ist das in Ihren Augen auch ein Beispiel dafür, wie Kirche sich vielleicht aus der eigenen Komfortzone herauswagen und auch mal neue Wege gehen kann?
Austen: Ich glaube, wir müssen beides verbinden: Wertvolle Traditionen lebendig zu erhalten, aber auch gerade im kirchlichen Kontext immer wieder neue und mutige Wege gehen. Wie können wir denn unsere Glaubensinhalte, das, was unseren christlichen Glauben ausmacht, auch über die konfessionellen Grenzen hinaus den Menschen nahebringen und übersetzen, dass Menschen sie verstehen, sich damit auseinandersetzen?
So ein TV-Ereignis, was Millionen von Menschen erreicht, die vielleicht Fragen für ihr eigenes Leben haben und auch mit der Glaubensgemeinschaft in Berührung kommen wollen, sollten wir nutzen. Wir sollten diese Berührungspunkte annehmen und auch ernst nehmen.
Ich erlebe schon, dass die Akteure diese Rollen mit großem Respekt spielen und auch persönliche Glaubenszeugnisse gegeben haben und gesagt haben, wie herausfordernd diese Rolle für sie ist.
DOMRADIO.DE: Sie haben extra Begleitmaterial zu diesem TV Event erarbeitet. An wen richtet sich das und wie sieht das zum Beispiel aus?
Austen: Wir haben verschiedene Dinge erarbeitet. Zum einen haben wir ein Impulsheft "Die Passion Jesu Christi" erarbeitet, die noch mal vertiefende und geistliche Impulse enthält. Wie können wir uns denn auch mit der heilsgeschichtlichen Bedeutung auseinandersetzen?
Wir möchten gerade Christinnen und Christen, aber auch Sinnsuche und Andersdenkende, die an diesem Medienereignis teilhaben, anregen, über das österliche Geheimnis nachzudenken. Das kann in Gemeinden sein, das kann in den Familien sein. Das kann für einen persönlich sein.
Neben liturgischen Bausteinen gibt es Gebetstexte, aber auch Vorschläge, wie das Thema der Passionsgeschichte für die Vorbereitung der Kar- und Ostertage genutzt werden kann.
Zum anderen haben wir ein kleines Heft mit dem Titel "Kirche im Kleinen" gemacht, was sich damit beschäftigt, wie die Inhalte dieser Tage sind, wie die Tage in den Kar- und Ostertagen geprägt sind. Was ist für uns der Hintergrund des Osterfestes?
Aber wir haben auch eine E-Mail-Adresse eingerichtet, damit uns Menschen, die diese Sendung sehen, auch Gebetsanliegen, ihre Sorgen und Freuden, gerade auch in diesen Tagen, die wir durch Krieg, durch Krise erleben, mitteilen können. Die geben wir zu den Ostergottesdiensten in Klöster weiter, wo auch für die Menschen gebetet wird. Das kann man alles bei uns auf der Seite vom Bonifatiuswerk nachlesen.
DOMRADIO.DE: Am 13. April um 20.15 Uhr geht es los. Live vor Ort in Essen oder eben bei RTL im Fernsehen. Werden Sie in Essen dabei sein?
Austen: Ja, ich werde in Essen dabei sein, aber nicht auf der Bühne, sondern das eher im Hintergrund live erleben. Ich bin schon sehr gespannt auf die Inszenierung, auch mit all dem, was da an Engagement, an Gebet, an Hoffnung hintersteckt. Wir werden sicherlich im Nachhinein auch mit den Menschen, mit denen wir dort zusammen sind, reflektierende Gespräche führen, auch mit den Akteuren, um das Erlebte auszutauschen. Dann werden wir sehen, ob es vielleicht auch irgendwo in einer anderen Stadt im nächsten Jahr dann weitergehen kann.
Das Interview führte Hilde Regeniter.