Mit den kugelrunden großen Augen schaut Pepper aus 1,20 Meter Höhe zu dem wesentlich größeren Rainer Wieching hoch. Dabei blicken sie sich tief in die Augen. Was sich sehr menschlich anhört, ist überwiegend Technik.
Pepper ist nämlich ein Roboter, der aussieht wie ein kleiner weißer Hartplastik-Mensch auf Rollen. Mit Sensoren am Kopf und an den Fingern kann er hören, sehen, sprechen und sogar Stimmlagen und Emotionen erkennen. Derzeit ist er bereits in Japan an Flughäfen im Einsatz. Nun will ein Team der Universität Siegen den Roboter fit für den Einsatz im Pflegebereich machen. Der Wissenschaftler Rainer Wieching leitet das Projekt. Pepper könnte schon bald in deutschen Pflegeheimen zum Einsatz kommen und Bewohner mit Musik und Pantomime unterhalten oder zu Bewegungsübungen anleiten.
Kindlich konstruiert
Als Rainer Wieching ihm über den Kopf streichelt, fängt er an zu kichern und spricht: "Ich bin heute so kitzelig." Dabei schüttelt er sich. Niedlich soll er sein: "Er ist so designt, dass er sympathisch wirkt", erklärt der Forscher. Er sei extra mit einem kindlichen Aussehen konstruiert, damit die Menschen keine Angst vor ihm hätten.
Seit einem Jahr ist der Roboter immer wieder auf Reisen, ob auf Messen oder auch regelmäßig in einem Alten- und Pflegeheim in Siegen-Weidenau. Damit verlässt das Uni-Team die Laborsituation und testet, wie Pflegepersonal und Bewohner auf den Roboter reagieren. Nach anfänglicher Skepsis habe Pepper die Senioren aber für sich gewonnen. Denn das Alter zu erraten ist ein beliebtes Spiel bei dem Roboter. "So etwas bricht das Eis. Er hat sie meist jünger geschätzt", berichtet Wieching.
Fachkräfte fehlen
Pepper soll künftig in der Pflege unterstützen können. Denn die Fachkräfte bleiben weg. In Deutschland sind der jüngsten Statistik von 2015 zufolge knapp 2,9 Millionen Menschen auf ambulante und stationäre Pflege angewiesen. Die Zahl könnte sich bis zum Jahr 2030 auf etwa 3,6 Millionen erhöhen. Schon heute fehlt es in vielen Pflegeeinrichtungen an Personal. Diese Lücke könnten demnächst Roboter füllen, so die Hoffnung der Wissenschaftler der Uni Siegen. Pepper haben sie zum Gefährten programmiert: Er kann etwa Pantomime spielen; mit der derzeitigen Software können die Senioren Rätsel raten und ihre Antwort auf dem Tablet auf Peppers Bauch eintippen. Zudem spielt er Musik, er tanzt und animiert Senioren sich ebenfalls zu bewegen.
Denn der inklusive Software fast 40.000 Euro teure Roboter soll nicht nur gute Laune verbreiten, er soll den Senioren auch dabei helfen, körperlich fit zu bleiben. Der Roboter spricht die Senioren aktiv an und motiviert, die Übungen mitzumachen. "Im Alter ist die Bewegung wichtig", so Wieching.
Das weiß auch die 27-jährige Mareike Mattke. Sie ist Altenpflegerin im zweiten Lehrjahr. Sie beteiligt sich über eine Kooperation mit der Caritas im Erzbistum Köln daran, Ideen aus dem Alltag in die Forschungsgruppe einzubringen. Angst, dass Roboter zukünftig ihre Arbeit übernehmen könnten, hat sie keine. "Derzeit sehe ich Pepper nicht in der Pflege, sondern in der Betreuung", sagt Mattke. Der Pfleger sei nicht zu ersetzen, Mitgefühl und Empathie könne eine Maschine nicht geben. "Wir nehmen auch gerne die Menschen mal in den Arm", sagt die Jung-Pflegerin.
Hilfe bei einem Sturz
Eine Chance sieht die junge Frau darin, dass ein Roboter konstant bei den Bewohnern sein kann. "Das können wir selber nicht leisten." Wenn er zum Beispiel irgendwann lernen könnte, beim Sturz eines Bewohners Alarm zu geben, könnten die Pfleger schneller zur Stelle sein.
Das Team um Rainer Wieching hört genau zu und versucht, diese Wünsche technisch zu entwickeln. Vieles sei noch nicht möglich, da die Gelder fehlten, bemängelt der Projektleiter. Aber Visionen sind reichlich da. Wiechling denkt schon an einen Roboter, der auch Betten beziehen kann, den Blutdruck messen oder bei Medikamentengabe unterstützen kann.
Die Vorstellung, irgendwann von einem Roboter gepflegt zu werden, macht heute vielen Menschen Angst. Doch Wieching versichert: Pepper wird niemals echte pflegerische Tätigkeiten wie etwa Waschen, Kämmen oder Ankleiden ausführen. Es sei aber extrem wichtig, jetzt schon in Gesellschaft und Politik ethische und rechtliche Fragen zu Pflegerobotern zu beantworten.