DOMRADIO.DE: Im Kölner Süden stehen die Hochwasserschutzwände schon aufgebaut und die Prognosen, dass der Fluss sich wieder langsam in sein Bett zurückzieht, sind gut. Wie relevant ist das alles für unseren Dom?
Ruth Stinnesbeck (Archäologin der Domgrabung): Obwohl der Dom ja nun ganz nah am Rhein steht, ist das Hochwasser für uns nicht kritisch, da der Dom so hoch auf dem Domhügel steht. Die Römer haben immer schon sehr genau geschaut, wo sie ihre Anlagen hinsetzten. Also: Wir liegen weit oberhalb des gefährdeten Areals.
DOMRADIO.DE: Die Stadt Köln hat ein Hochwasserschutzkonzept. Brauchen wir das dann nicht für den Dom?
Stinnesbeck: Das wäre zu viel gesagt. Natürlich muss man die Pegelstände im Auge behalten, wenn sie in einem kritischen Bereich sind, so wie jetzt. Denn wir haben durchaus auch Areale im Dom, die gefährdet sein könnten. Aber da müssen wir unterscheiden zwischen Oberflächenwasser und Grundwasser. Das erste ist das Wasser, das von oben über zum Beispiel die Spundwände potenziell rüber gehen könnte: Das wäre dann die große Katastrophe, so wie sie vor etlichen Jahren schon eingetreten ist. Dann gibt es das Wasser, das von unten durch das Grundwasser nach oben gedrückt wird. Anders aber als mit dem Oberflächenwasser hat man mit dem Grundwasser durchaus eine gewisse Verzögerung mit drin.
DOMRADIO.DE: Wie wird das alles gemessen?
Stinnesbeck: Seit etwa zwei Jahren haben wir einen Punkt im Dom, über den wir die Grundwasserstände kontrollieren können.
DOMRADIO.DE: Das heißt, ein Loch, in das man ein Lot wirft?
Stinnesbeck: Ganz genau. Ich hab gerade gemessen: Im Grundwasser unter dem Dom sind wir jetzt beim Pegelstand von vor fünf Tagen, also deutlich niedriger als der Rhein.
DOMRADIO.DE: Das heißt, wenn der Rhein jetzt wieder zurückgeht, dann kommt er aber nicht mit Verspätung über das Grundwasser im Dom an?
Stinnesbeck: Nein, glücklicherweise nicht. Wir messen zwar erst seit zwei Jahren, haben aber noch kein derartiges Ereignis mit abdecken können. Bisher habe ich festgestellt, wenn der Rhein aufhört zu steigen und der Scheitelpunkt überschritten ist, dann wird auch bei uns das Grundwasser nicht weiter ansteigen. Auch da rechne ich damit, dass wir – anders als viele anderen in Köln – entspannt durch die nächsten Tage kommen.
DOMRDIO.DE: Was ist denn mit den tiefer gelegenen Arealen des Doms, quasi dem "Keller"?
Stinnesbeck: Es gibt ein Grabungsgelände unter dem Fußboden des Domes. Das kennen viele Kölner, wenn sie schon mal auf den Turm gestiegen sind. Seit 2009 startet man die Besteigung nämlich von dort aus.
DOMRDIO.DE: Kann denn dieses Areal volllaufen?
Stinnesbeck: Grundsätzlich nicht. Wir haben natürlich ein paar tief gelegene Areale: Es gibt zum Beispiel einen Brunnen, aber da darf das Wasser steigen und das wird auch gerade passieren. Wir haben noch einen weiteren, sehr tiefen Punkt: ein Tiefschnitt, an dem wir das Fundament des Südturmes bis zur Unterkante in einem kleinen Areal freigelegt haben. Dort steht das Wasser schon drin. Der Dom hat nasse Füße, aber das ist ihm relativ egal.
DOMRDIO.DE: Was ist mit der Schatzkammer?
Stinnesbeck: Auch die liegt in einem Bereich, der von der Höhe her bei massivem Hochwasser theoretisch gefährdet wäre, praktisch aber nur durch das Grundwasser gefährdet ist. Mit der Verzögerung wäre aber selbst im Falle einer Katastrophe noch Zeit, um aktiv zu werden.
DOMRADIO.DE: Grundsteinlegung des Doms war im Jahr 1248. Hat man damals an irgendwas gedacht in Sachen Hochwasser?
Stinnesbeck: Das mag sein. Die Frage allerdings, wo der Dom angelegt wurde, war abhängig von einer anderen Frage, nämlich: Wo hat die Vorgängerkirche gestanden? Der Dom steht also, wo zur Zeit Karls des Großen der alte Dom gestanden hat und der wiederum steht an einem Punkt, an dem schon im sechsten Jahrhundert eine Kirche existierte. Der Platz war also nicht mehr diskutabel.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.