DOMRADIO.DE: Sie haben ein größeres Ziel als nur den Arbeitsplatz. Sie wollen die Stadtgesellschaft in Köln im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer stärken. Wieso ist das so wichtig?
Karin Ohler (Caring Community Köln): Wenn wir mal ehrlich sind, kommt keiner an dem Thema vorbei. Wenn wir nur auf die Zahlen gucken, dann sind im letzten Jahr in Deutschland eine Million Menschen verstorben. In Köln hatten wir in den letzten Jahren ungefähr 10.000 verstorbene Menschen. Da kommen noch mal drei bis fünf Zugehörige hinzu, die trauern. Und die gehen natürlich auch zur Arbeit.
DOMRADIO.DE: Auch am Arbeitsplatz, finden Sie, sollte für das Thema Trauer sensibilisiert werden. Wie könnte das konkret aussehen?
Ohler: Es kann natürlich sein, dass ein Kollege verstirbt, vielleicht sogar plötzlich und unerwartet am Arbeitsplatz. Oder es kann sein, dass ein Kollege um die Eltern, um den Partner etc. trauert. Da wollen wir den Unternehmen konkrete Handlungsempfehlungen an die Hand geben: Was kann man eigentlich machen? Was gibt es für Unterstützungsmaßnahmen, ganz besonders im Kontext des Arbeitsplatzes?
Das kann so etwas sein, wie, dass die Kollegen einen Arbeitsplatz des Verstorbenen mit Blumen und Kerzen herrichten. Es gibt ganz viele Möglichkeiten, wie auch ein Unternehmen Trauernde behutsam wieder einbinden kann.
DOMRADIO.DE: Braucht es denn auch immer jemanden, der in diesem Thema bewandert ist und sich darin gut auskennt, also jemand Externen? Oder können das auch im Ernstfall alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen?
Ohler: Ich glaube, im ersten Schritt ist die Offenheit der Mitarbeiter und auch insbesondere der Führungskraft total wichtig. Was man häufig erlebt, ist so eine Art Sprachlosigkeit. Auch da wollen wir Mut machen, die eigenen Ängste zu überwinden und einfach auf den trauernden Kollegen oder die Kollegin zuzugehen. Vielleicht auch die eigene Unsicherheit auszudrücken, aber trotzdem das Mitgefühl auszusprechen und nicht wegzugucken.
DOMRADIO.DE: Haben Sie denn weitere konkrete Tipps, wie man zum Beispiel auf Menschen zugehen kann. Manche Leute wissen nicht, wie sie so ein Gespräch beginnen. Man will sein Beileid bekunden, aber man ist auf der Arbeit und vielleicht im Stress.
Ohler: Wichtig ist, einfach die Worte zu finden, die wirklich zu einem passen – etwa zu sagen: Es tut mir wirklich leid, was da passiert ist. Was kann ich für dich tun? Was würde dir guttun? Denn Trauer ist einfach so unterschiedlich, wie wir Menschen auch sind. Und das, was einem selbst guttut, muss dem Trauernden nicht guttun. Also Hilfe anzubieten, auf denjenigen zuzugehen und vielleicht auch einfach zu sagen: Kann ich dir irgendwas abnehmen? Kann ich dir eine Aufgabe abnehmen? Soll ich das für dich tun? Das wären Dinge, die man umsetzen könnte.
Das Interview führte Michelle Olion.