DOMRADIO.DE: Für wen sind denn diese hohen Temperaturen besonders gefährlich?
Dr. Rainer Löb (Bundesarzt des Malteser Hilfsdienstes): Für all diejenigen, die ihre Körpertemperatur selbst nicht mehr so gut regulieren und steuern können. Das sind zum einen Kinder, weil sie eine kleine Körperoberfläche haben und nicht so schwitzen können. Schweiß kühlt schließlich den Körper ab. Neben den Kleinen sind das auch ältere Menschen. Zum einen nehmen mit dem Alter der Hitzeschutz und zusätzlich auch das Durstgefühl ab. Das heißt, die Senioren trinken automatisch auch schon weniger.
Dabei ist 37 Grad Außentemperatur die entscheidende Marke, weil das unsere Körpertemperatur ist. Das heißt, wenn es draußen genauso warm ist wie bei uns im Körper oder noch wärmer, dann werden wir unsere Wärme aus dem Körper ganz schlecht los.
DOMRADIO.DE: Was genau droht dann den Senioren und Kleinkindern, wenn das Thermometer so weit über 30 Grad und über diese 37 Grad steigt?
Löb: Wenn man es ganz extrem sagen will, dann ist das tatsächlich ein höheres Sterberisiko. Wir hatten in Europa 2003 ein extremes Jahr, wo es über längere Zeit über 40 Grad heiß war. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass es nur durch die Hitze 20.000 bis 30.000 Todesfälle gab. Das ist natürlich extrem.
DOMRADIO.DE: Bevor es soweit kommt, was sind die ersten Symptome?
Löb: Normalerweise fängt das vorher mit dem klassischen Sonnenstich an. Wenn man draußen ist und massiv Sonne auf den Kopf bekommt, dann wird einem übel, man bekommt Kopfschmerzen und es wird einem schwindlig. Das ist das Eine. Das kann sich aber bis zum Hitzekollaps oder zum Hitzschlag auswachsen.
Der Hitzschlag ist eine schwere Störung, wo der Körper überhaupt nicht mehr in der Lage ist, sich abzukühlen. Der Körper wird immer wärmer. Tatsächlich können dadurch auch die Organe schwer geschädigt werden - bis hin zum Tod.
DOMRADIO.DE: Was raten Sie da speziell älteren Menschen?
Löb: Wenn es zu Hause kühl ist, dann wäre das natürlich optimal. Das ist auch schon mal der erste Punkt: Dafür sorgen, dass es möglichst tagsüber nicht so warm wird. Das heißt, wenn es nachts abkühlt, rate ich dazu, wirklich kräftig lüften und morgens alles abschatten, was man kann. Also Rolladen runter und und und... Man sollte einfach so gut es geht dafür sorgen, dass es nicht warm wird.
Die andere Maßnahme ist viel zu trinken. Das ist natürlich etwas abhängig davon, wie der Gesundheitszustand ist. Das sollte man im Zweifel mit dem Hausarzt absprechen. Aber eigentlich sollte man an solchen warmen Tagen zwei bis vier Liter trinken. Aber nichts Eisgekühltes und nichts Heißes, sondern möglichst körperwarm, damit die Temperatur gleich bleibt.
DOMRADIO.DE: Ist das ein Mythos, dass man mit heißen Getränken die Temperatur ein bisschen regulieren kann? Also kein heißer Kaffee?
Löb: Kaffee ist ohnehin ein Problem. Alkohol und Koffein sind die Substanzen, die wir vermeiden sollten. Aber, wenn man seinen heißen Kaffee im klimatisierten Bereich trinkt, dann geht es.
DOMRADIO.DE: Wie macht man das denn mit Säuglingen und Kleinkindern? Da ist das mit dem vielen Trinken ja auch nicht immer so einfach zu realisieren.
Löb: Eltern sollten schauen, dass sie normal trinken und kühl gehalten werden. Da kann man auch mit kühlenden Tüchern, die man anfeuchtet, aktiv werden, um einfach die Körpertemperatur herunter zu fahren. Auf der anderen Seite würde ich zum Beispiel nicht mit dem Kleinkind, dem Säugling in der prallen Sonne nach draußen gehen. Und das gilt natürlich für uns alle: Man sollte möglichst Wärme von draußen auf den Körper vermeiden.
DOMRADIO.DE: Wie ist das zum Beispiel bei den Sportlern? Wenn man joggen gehen möchte, ist das okay oder eine dumme Idee?
Löb: Ich halte es für eine dumme Idee, dies bei richtig heißen Temperaturen zu tun. Wir wissen das alle doch: Selbst wenn wir trainiert sind und joggen, sind wir, je wärmer es draußen ist, deutlich mehr geschafft. Das liegt einfach auch daran, dass die Wärmeregulation nicht mehr passt. Selbst derjenige, der regelmäßig joggen geht, sollte das in den Morgen- und Abendstunden tun. Ansonsten ist das Risiko auch für seinen Kreislauf deutlich erhöht.
DOMRADIO.DE: Es wurde ja sogar extra eine Hotline von der Barmer Krankenkasse eingerichtet. Was ist das für eine Hotline und wer kann sich da melden?
Löb: Eigentlich kann sich da jeder melden und fragen was man machen soll. Letztendlich gibt es über diese Hotline Informationen, was genau man vermeiden soll, wo es besonders heiß wird oder wie lange es heiß wird. Der Deutsche Wetterdienst hat auch seit einigen Jahren einen Warndienst eingerichtet. Letztendlich kann jeder fragen, aber die meisten Dinge kann man sich selbst beantworten. Wenn es einem wirklich schlecht geht, kann man mit dem Nachbarn sprechen, mit den Kollegen, mit dem Hausarzt und dann muss man gar nicht an die Hotline.
Das Interview führte Aurelia Rütters.