Die Sonne knallt in die kleine Gasse direkt neben dem Kölner Hauptbahnhof. Draußen vor der Kontaktstelle für Wohnungslose des Sozialdiensts Katholischer Männer (SKM) ist es so heiß, dass die Arme schmerzen. Drinnen gibt es Eistee für die rund 20 Obdachlosen, die zur mittäglichen Essensausgabe gekommen sind.
Abkühlung am Flughafen
Peter lässt sich noch ein Glas nachschenken. Seit acht Jahren lebt der frühere Betriebswirt auf der Straße, wie er erzählt. Sein Zelt, das er seit drei Jahren besitzt, hat er derzeit auf der rechten Rheinseite aufgeschlagen. "Aber bei den Außentemperaturen wollen Sie sich nicht ins Zelt legen", sagt er. "Das halten Sie nicht aus." Später fahre er vielleicht noch zum Flughafen - weil der klimatisiert ist. "Ein Neun-Euro-Ticket hab' ich."
Die heißen Sommer sind zunehmend eine Herausforderung für Obdachlose. Dehydrierung, Herz-Kreislauf-Probleme und Verbrennungen der Haut lauten die Gefahren. Menschen auf der Straße seien besonders gefährdet, warnt SKM-Fachbereichsleiter Andreas Hecht. "Sie sind in aller Regel immungeschwächt oder gehören einer vulnerablen Gruppe an, weil sie zum Beispiel süchtig sind, vorgealtert sind oder Krankheiten haben, die man auf der Straße leichter bekommt."
Zudem können Obdachlose der Hitze nicht aus dem Weg gehen. "Bei 36 Grad im Schatten wollen Sie sich auch im Schatten nicht aufhalten", bringt Peter das Problem auf den Punkt, das auch die nordrhein-westfälische Landesregierung erkannt hat. Erstmals stellt sie in diesem Jahr eine Hitzehilfe ähnlich zur Winterhilfe bereit.
Insgesamt 250.000 Euro fließen an verschiedene Obdachloseneinrichtungen in NRW.
Der SKM schafft von dem Geld etwa Kappen, Sonnenmilch und wieder befüllbare Trinkflaschen an. "Ich habe schon den Eindruck, dass die Hitzeproblematik bei der Politik und in der Verwaltung so langsam ankommt", sagt Sozialarbeiter Thomas Semrau, der bei der Essensausgabe mithilft. Allerdings fehle es an klimatisierten Räumen.
Gekühlte Schutzzelte wären eine Idee
Im Winter könnten sich Obdachlose durch zusätzliche Kleidung, Decken oder eben in beheizten Räumen vor dem Wetter schützen. "Im Sommer ist das schwerer möglich", so Semrau. Eine Idee wären gekühlte Schutzzelte an den besonders heißen Tagen.
Kalte U-Bahn-Zugänge könnten übergangsweise für Obdachlose geöffnet werden. Laut Semrau fehlt es auch an Möglichkeiten für eine kühle Dusche. Wegen Personalmangels hätten einige öffentliche Frei- und Schwimmbäder nur noch beschränkte Öffnungszeiten. Fachbereichsleiter Hecht ermutigt außerdem dazu, Obdachlose, die in der prallen Sonne sitzen, einfach einmal anzusprechen. Dass jemand Interesse zeigt, sei wichtig für Menschen auf der Straße.
Peter hat sich seine gekühlte Flasche Wasser, die der SKM heute zusätzlich ausgibt, schon geholt. Weil der 72-Jährige keinen Kühlschrank besitzt, wird sich das Getränk in wenigen Minuten erwärmt haben, wenn er die Einrichtung verlassen hat. "Aber das Wichtige ist, dass es überhaupt Wasser gibt", sagt er. Der Verband verteilt heute auch Zettel, auf denen die öffentlichen Trinkwasserbrunnen in Köln aufgelistet sind.
Schutz vor Sonnenbrand
Sonnenmilch hat Peter nicht. Dabei habe ihm ein anderer Obdachloser vor Kurzem geraten, er solle sich besser die Beine eincremen, erzählt er und deutet auf seine kurze Hose und die nackten, gebräunten Unterschenkel. "Wir achten auch aufeinander", sagt der 72-Jährige und lächelt. Mit seiner Brille, dem sauberen Hemd und dem ordentlichen Kurzhaarschnitt entspricht er nicht dem stereotypen Bild eines Obdachlosen.
Nach seiner Verrentung habe er sich mit Aktien verzockt, berichtet Peter. Das Haus sei dann weg gewesen und er auf der Straße gelandet. Er lebe von seiner Rente. Das Geld für eine Wohnung auszugeben, sehe er nicht ein. "Das Leben auf der Straße ist lebenswert", sagt er und lächelt wieder.
Die Nacht wird Peter in seinem Zelt verbringen. Seit Kurzem hat er einen Mini-Ventilator, den er über eine Powerbank auflädt. "Das ist schon eine Linderung", sagt er. "Wenn ich eine leichte Brise von dem kleinen Ventilator merke - das geht dann."