Wie Protestanten ihr Reformationsjubiläum 2017 vorbereiten

Luther auf den Fersen

Ob Gottesdienst oder Ausstellung: Zum Gedenken an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren sind ab Oktober ein Jahr lang bundesweit viele Veranstaltungen geplant. Im Zentrum steht die Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt.

Autor/in:
Nina Schmedding
Lutherdenkmal in Wittenberg / © Martin Jehnichen (KNA)
Lutherdenkmal in Wittenberg / © Martin Jehnichen ( KNA )

Es ist dieser Blick über die Elbe auf Wittenberg, der es Ulrich Schneider angetan hat: Die Silhouetten der festungsgleichen, eintürmigen Schlosskirche und der zierlicheren, zweitürmigen Stadtkirche zeichnen sich vor blauem Himmel ab. Ein Sommerwind zaust das Haar des 43-Jährigen, der auf dem Deich am gegenüberliegenden Ufer steht. Er schaut erst auf die Elbwiesen, die sich vor seinen Füßen ausbreiten und bis ans Flussufer erstrecken, dann hinüber auf die Lutherstadt. Er sagt: "Es ist der gleiche Blick, den auch Martin Luther vor 500 Jahren schon hatte, wenn er aus südlicher Richtung nach Hause ging."

Geschichtsträchtiges Panorama

Die Schlosskirche, an deren Tür der Reformator am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen angeschlagen haben soll. Und die Stadtkirche Sankt Marien, in der Luther predigte. Ein geschichtsträchtiges Panorama also - und für die Veranstalter Grund genug, am 28. Mai 2017 in der Elbaue bei Pratau einen Festgottesdienst zu feiern, der die Wittenberger Jubiläumsveranstaltungen des Sommers eröffnet. Bis zu 300.000 Besucher werden erwartet - die meisten fußläufig vom Bahnhof oder aus der Stadt. Dafür wird sogar die Elbbrücke gesperrt.

Bereits am 27. Mai gibt es eine Wittenberger "Lichternacht" mit Kerzen und Gesängen. "Wer will, kann mit Schlafsack und Isomatte auf der Wiese übernachten", erklärt Schneider. Er ist als Geschäftsführer des eigens gegründeten Vereins "Reformationsjubiläum 2017" für die Organisation des Großereignisses verantwortlich.

Am anderen Morgen sollen dann 10.000 bis 15.000 Blechbläser den heraufziehenden Sonntag begrüßen, bevor mittags der Gottesdienst startet. Damit beginnt der Reformations-Sommer mit mehr als 5.000 größeren Veranstaltungen bundesweit. 50 Millionen Euro stehen dem Verein dafür zur Verfügung. Davon kommt die Hälfte aus kirchlichen Mitteln, 30 bis 35 Prozent sollen durch Teilnehmerbeiträge und Sponsoring erwirtschaftet werden. 15 Prozent kommen vom Staat.

Altes Gefängnis der Stadt

Eine Festival-Örtlichkeit mit etwas morbidem Charme ist das alte Gefängnis der Stadt, das am Rande der Wallanlagen liegt. Die verstaubten Fensterscheiben blicken blind, Farbe blättert von den Wänden, Gras überwuchert die Einfahrt. Das eiserne Gittertor quietscht unfreundlich, als Schneider es aufsperrt. In dem baufälligen Gebäude, in dem zuletzt in den 1970er Jahren ein Frauengefängnis untergebracht war, sollen während des Sommers 2017 etwa 30 internationale Künstler die ehemaligen Gefängniszellen umgestalten - und "dabei den Freiheitsgedanken der Reformation mit Leben füllen", erzählt Schneider. "Luther und die Avantgarde" heißt die geplante Ausstellung, die von Mai bis September laufen soll.

Vom Gefängnis aus kann der Besucher des Jubiläums einen Rundgang zu den sieben "Toren der Freiheit" anschließen, die anlässlich des Gedenkens im Rahmen einer "Weltausstellung" geplant sind. Im Schwanenteich mitten in den Wittenberger Grünanlagen sollen etwa Original-Wracks von Flüchtlingsbooten zu Wasser gelassen werden und damit auf die Flüchtlingsproblematik hinweisen. Am etwas abseits gelegenen Bahnhof entsteht ein 30 Meter hoher Turm, dessen Hauptflächen mit den 95 Thesen Luthers bedruckt werden.

Königlicher Besuch erwartet

19 Euro soll die Tageskarte zur "Weltausstellung" kosten. 149 Euro zahlt, wer zusätzlich alle Kirchentage im Vorfeld besuchen möchte, die unter anderem in Berlin, Magdeburg und Leipzig die Wittenberger Feierlichkeiten einleiten sollen. Verhandelt wird derzeit, ob es beim Eintrittspreis eine Kooperation mit dem in Wittenberg befindlichen Lutherhaus sowie dem Melanchthonhaus geben wird - damit der interessierte Besucher nicht für alles extra zahlen muss.

"500.000 Menschen sollen in den 16 Wochen, die die Weltausstellung dauert, zusammenkommen", erhofft sich Schneider, der schon zahlreiche Kirchentage mitorganisiert hat. Dabei registriert er auch "massives Interesse" aus dem Ausland. So haben etwa die dänischen und schwedischen Royals im Vorfeld des Jubiläums ihren Besuch angesagt.


Schlossstraße mit Schlosskirche in Wittenberg / © Martin Jehnichen (KNA)
Schlossstraße mit Schlosskirche in Wittenberg / © Martin Jehnichen ( KNA )

Stadtkirche Sankt Marien in Wittenberg / © Martin Jehnichen (KNA)
Stadtkirche Sankt Marien in Wittenberg / © Martin Jehnichen ( KNA )
Quelle:
KNA