Wie Spitzenpolitiker den 11. September 2001 erlebten

"Nichts würde mehr so sein wie früher"

Der 11. September 2001 hat die Welt verändert. Millionen Menschen verfolgten live am Fernseher, wie das World Trade Center in New York in sich zusammenbrach. Auch deutsche Spitzenpolitiker erlebten die Katastrophe unmittelbar und waren schockiert. Fünf Jahre danach erinnern sie sich an die schrecklichen Bilder von damals und an das, was sie damals getan haben und was in dem Moment in ihnen vorging.Westerwelle: "Mit Gedanken in New York und Washington"Der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) sah die Bilder nach einer Sitzung des Verteidigungsausschusses in seinem Büro.

 (DR)

Der 11. September 2001 hat die Welt verändert. Millionen Menschen verfolgten live am Fernseher, wie das World Trade Center in New York in sich zusammenbrach. Auch deutsche Spitzenpolitiker erlebten die Katastrophe unmittelbar und waren schockiert. Fünf Jahre danach erinnern sie sich an die schrecklichen Bilder von damals und an das, was sie damals getan haben und was in dem Moment in ihnen vorging.

Westerwelle: "Mit Gedanken in New York und Washington"
Der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) sah die Bilder nach einer Sitzung des Verteidigungsausschusses in seinem Büro. Er habe es "zunächst nicht begreifen, nicht glauben wollen" und sich dann schnell mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) getroffen. "Für mich persönlich  war das doppelter Stress, weil ich versucht habe, meine Tochter zu erreichen, die in New York nicht weit vom World Trade Center lebte", erinnert sich der Ex-Minister.

FDP-Chef Guido Westerwelle gab in seinem Berliner Büro im Thomas-Dehler-Haus ein Zeitungsinterview, als ein Mitarbeiter hereinstürzte und ihn aufforderte, CNN einzuschalten. "Was wir sahen, würde die Welt verändern. Das war uns allen klar, als wir entsetzt und gebannt den Einsturz der Türme verfolgten", erinnert sich Westerwelle. Ein Gespräch am Abend mit dem damaligen ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orban brach er nach wenigen Minuten ab "weil wir mit den Gedanken in New York und Washington waren."

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach war gerade auf dem Weg in den Plenarsaal des Bundestages, "als mich ein Freund über SMS gebeten hat, den Fernseher anzuschalten." Ihm sei sofort bewusst gewesen, dass es sich hier um eine "völlig neue Dimension terroristische Attentate" handelte, sagt der Politiker rückblickend.

Pflüger: "Ich werde das nie vergessen"
Grünen-Chefin Claudia Roth brauchte ein wenig, bis sie begriff, dass "dies die New Yorker Wirklichkeit war, unsere Wirklichkeit". Sie habe das Gefühl gehabt, es gehe um einen "Anschlag auf eine Lebensform - auch auf meine Idee von Leben". Ihre Parteikollegin Renate Künast war in ihrem Dienstwagen auf dem Weg nach Hamburg, als ihr Büroleiter sie anrief. "Wir fuhren auf den nächsten Parkplatz und auf dem Bildschirm des Autodisplays sah ich das Bild des brennenden Towers." Sie kehrte nach Berlin um und stellte fest, dass "die internationale Politik viele innenpolitische Fragen zweitrangig macht".

"Ich werde das nie vergessen. Ich leitete eine Sitzung des Europaausschusses im Reichstagsgebäude. Da kam einer rein und sagte, wir sollten das Fernsehen einschalten", blickt der CDU-Abgeordnete Friedbert Pflüger zurück. Dann erlebte er live, wie das zweite Flugzeug in das Gebäude flog. Er habe die Sitzung sofort abgebrochen.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel, verfolgte die Anschläge von seinem Büro aus. "Wir waren fassungslos und tief geschockt. Das war mit nichts vergleichbar, was wir bis dahin gesehen haben", sagt er. Parteikollege Wolfgang Gerhardt (FDP) war zur Zeit der Anschläge in einer Sitzung des Bundestages. Der Haushalt 2002 stand auf dem Programm bis ein Mitarbeiter Gerhardt anrief und ihn über die Ereignisse in New York informierte. "Ich bin dann sofort zur amtierenden Präsidentin, Anke Fuchs, gegangen und habe angeregt, die Bundestagssitzung zu unterbrechen", erinnert sich Gerhardt. Auf einem Fernseher im Foyer des Bundestages verfolgte er dann die Geschehnisse in New York. Schnell sei ihm klar gewesen: "Nichts würde mehr so sein wie früher."
(ddp)