DOMRADIO.DE: Sie sind Diözesanadministrator, also Übergangsleiter des Erzbistums in den kommenden Monaten. Es ist eine turbulente Zeit für die Kirche. Wie blicken Sie auf die kommenden Monate?
Herwig Gössl (Weihbischof in Bamberg und derzeit Diözesanadministrator der Erzdiözese): Mit großem Respekt. Wie Sie richtig sagen, sind die Zeiten sehr aufregend im Moment. Viele Fragen und wenige Antworten sind in Sicht. In dieser Zeit wird gefordert, dass man Entscheidungen trifft. Die kann ich im Moment aber nicht treffen. Jedenfalls nicht solche, die einen Erzbischof auf Dauer binden würden.
DOMRADIO.DE: Was können Sie als Diözesanadministrator machen und was nicht? Die Leute müssen ja beispielsweise weiterhin ihren Lohn bekommen.
Gössl: Ja, natürlich. Diese Dinge laufen sicher weiter. Es werden auch Stellen besetzt werden. Wie das mit leitenden Stellen ist, werden wir noch sehen. Die normalen Betriebsabläufe funktionieren. Es werden auch Priester geweiht, sofern es welche gibt und Diakone und pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgesandt. So was kann ich tun und die Diözese repräsentieren. Aber Neuerungen einführen, das könnte ich in dieser Zeit nicht.
DOMRADIO.DE: Was sind die großen Herausforderungen, vor denen Sie jetzt als Erzbistum Bamberg stehen?
Gössl: Wir haben einen gewissen Teil der Strukturierung der Diözese vorläufig abgeschlossen. Natürlich muss das Ganze immer noch weiter mit Leben erfüllt werden, aber es ist schon ein gewisser Etappensieg erreicht und daher gehe ich nicht davon aus, dass riesengroße Entscheidungen in den nächsten Monaten anstehen werden.
Die Frage, wie wir die Kirche gut in die Zukunft bekommen, ist natürlich herausfordernd. Wie sind wir in Zukunft noch als Kirche erkennbar, ohne zu verharren? In genau diesem Spagat bewegen wir uns ja gerade.
Was viele Menschen verunsichert, das spüre ich bei uns im Erzbistum, ist die Frage, wie es weitergeht. Wir werden immer weniger und spüren, dass sich etwas verändert. Aber wie können wir das gut gestalten? Das sind die Herausforderungen, die ich sehe. Da versuche ich mit ruhiger Hand irgendwie das Schiffchen durch zu steuern.
DOMRADIO.DE: Im Gegensatz zu anderen Bistümern in Deutschland kann das Erzbistum Bamberg laut dem bayrischen Konkordat nicht die Entscheidung fällen, wer der neuer Erzbischof wird. In Bayern fällt diese Entscheidung der Vatikan. Wie stehen Sie dazu? Würden Sie sich denn mehr Mitsprache wünschen, wie das auch in anderen Bistümern ist?
Gössl: Ich kann das schwer beurteilen, weil ich noch nie in der Lage war, aus einer Dreierliste einen Bischof wählen zu müssen. Man bekommt drei Namen und soll dann einen davon wählen. Wenn dann einer dabei ist, den nicht alle kennen, kann ich mir vorstellen, dass das nicht einfacher ist.
Das sind Regeln, die im Laufe der Zeit aufgestellt wurden, die, soweit ich weiß, auch nur bei uns in Deutschland und der Schweiz in dieser Weise gelten. In der ganzen restlichen Weltkirche nicht.
Wir haben mit der Ernennung unseres bisherigen Erzbischofs sehr gute Erfahrungen gemacht. Die sind durch den Heiligen Vater erfolgt. Und so vertrauen wir jetzt auch wieder darauf, dass es auch diesmal gut geht. Ich glaube nicht, dass diese Regelung in anderen Bistümern unbedingt so viel besser ist, als wir sie haben.
DOMRADIO.DE: Sie haben vergangenen Sonntag Erzbischof Schick verabschiedet. Das sorgt medial für Schlagzeilen. Die Süddeutsche Zeitung hatte darüber berichtet und es wird auch schon in den Medien spekuliert, wer denn der neue Erzbischof wird. Überrascht Sie das, dass das so große Wellen schlägt im Moment?
Gössl: Das überrascht mich nicht, weil alles zurzeit Wellen schlägt, was mit Kirche zu tun hat. Das wird ja auch alles miteinander in Verbindung gebracht.
Ich bin nur etwas erstaunt darüber, wie sofort über Nachfolger spekuliert wird, obwohl man ja weiß, wie lange so eine Prozedur dauert. Das ist ein bisschen zum Schmunzeln, weil das eigentlich völlig absurd ist. Aber es zeigt wie interessant Vorgänge um die Kirche immer noch für eine große Zahl von Menschen ist.
DOMRADIO.DE: Die Süddeutsche bringt Thomas Gottschalk als möglichen Kandidaten ins Spiel. Wie fänden Sie den als neuen Erzbischof von Bamberg?
Gössl: Da würde ich mich mit einer Wahl schwertun. Ich kenne ihn zu wenig persönlich, aber ich weiß, dass er nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er Katholik ist und dass er auch gute Erfahrungen in seiner Jugend mit katholischer Kirche gemacht hat.
Also ich denke mir, was wir auf jeden Fall als Erzbischof brauchen, ist jemand, der zur Kirche steht und der den Menschen die Botschaft Jesu Christi mit heutigen Worten und heutigen Ideen nahebringt. Thomas Gottschalk ist jemand, der zumindest Ideen und Worte hat. Insofern wäre er auch ein Vorbild. Aber als Person kann ich mir da kein Urteil erlauben.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.