Mailands Erzbischof kritisiert Bereicherung in Pandemie

"Wie wollen die Reichen ihre Seele retten?"

Mailands Erzbischof Mario Delpini hat scharfe Kritik an jenen geübt, die sich in der Pandemie bereichern. Auch zum Thema Migration äußerte sich der Mailänder Erzbischof und warb für eine andere Wertschätzung von Migranten.

Geldscheine in der Hand / © Cilinskas (shutterstock)

"Wie wollen die Reichen ihre Seele retten?", mahnte Delpini im Interview der Zeitung "La Repubblica" (Donnerstag). Er frage sich jeden Tag, wie man die derzeitige Krise ausnutzen könne, etwa durch Börsenspekulation, ohne den Gewinn weiter zu verteilen, zum Beispiel indem man Arbeitsplätze schafft.

Leider werde noch zu wenig über alternative Wirtschafts- und Finanzmodelle nachgedacht, kritisiert der Erzbischof. Bisher mache das kaum jemand, auch wenn etwa an der Katholischen Universität Mailand in Richtung einer menschlicheren Ökonomie gedacht werde. "Welchen Sinn hätte es auch, sich katholisch zu nennen, wenn wir dieselbe Wirtschaft lehren wie Harvard oder die Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi?", fragt Delpini.

Zudem kritisiert er, dass derzeit alles durch das Thema Corona beherrscht werde. Jeder warte nur darauf, dass die Pandemie vorübergeht. Stattdessen müsse man jetzt Initiativen ergreifen, um Dinge besser und anders zu machen. "Jeder steht vor der Wahl, zu hoffen oder zu verzweifeln", so Delpini. Besonders Christen müssten Menschen der Hoffnung sein.

Mailands Erzbischof: Thema Migration weniger emotional behandeln

Zudem hat Mailands Erzbischof Mario Delpini eine andere Umgangsweise mit dem Thema Migration verlangt. "Es wäre notwendig, den emotionalen Reflex zu überwinden, dass wir, um gut zu sein, jeden willkommen heißen müssen - oder, um ernsthaft zu sein, jeden ablehnen müssen", so Delpini in einem Interview mit der Zeitung "La Repubblica" (Donnerstag).

Nur immer von "Aufnahme" und "Willkommenheißen" zu sprechen, lasse ein etwas schiefes Bild entstehen: Wir, die Reichen, müssten arme Migranten aufnehmen. Natürlich sollten Bootsflüchtlinge in Seenot gerettet werden, so Delpini weiter. Aber das reiche nicht aus, um eine zukunftsfähige Gesellschaft aufzubauen. "Die Fußballwelt stellt ja nicht deshalb so viele nichteuropäische Spieler ein, weil sie diese willkommen heißt, sondern weil sie um deren Wert wissen." Von einer solchen Haltung müsse man künftig ausgehen.


Mario Enrico Delpini, Erzbischof von Mailand, im Dezember 2017 / © Romano Siciliani/Romano Siciliani (KNA)
Mario Enrico Delpini, Erzbischof von Mailand, im Dezember 2017 / © Romano Siciliani/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA