Ingo Brüggenjürgen (DOMRADIO.DE-Chefredakteur): "Pilgern live": Es geht zurück zur Quelle. Ich starte natürlich am Kölner Dom. Bei mir ist eine, die uns und unsere Hörer und Hörerinnen sowie User und Userinnen im Domradio jeden Morgen auf den Tag einstimmt. Schwester Katharina, Sie machen so vielen Leuten Mut. Wie kriegen Sie eigentlich selber Mut?
Schwester Katharina Hartleib (Franziskanerin von Olpe): Ich bekomme Mut zum einen durch Mitmenschen, Mitschwestern und Leute, die die Nachfolge immer wieder versuchen. Ich bin mir sehr sicher, dass dieser Gott mit uns ist und mich durch meine Hochs und Tiefs begleitet. Daher bin ich mir sehr sicher, dass er uns bei allem ermutigt, was wir so anstellen.
Brüggenjürgen: Wir kennen Sie eigentlich immer nur gut gelaunt. Gibt es auch Tiefs, die Sie richtig runterziehen?
Schwester Katharina: Es gibt schon Tiefs, wenn es zum Beispiel politisch daneben läuft. Wir hatten dieser Tage eine Demonstration von Rechten, wo es mir hinterher ganz schlecht ging. Da habe ich gedacht: Das kann nicht sein. Wir müssen was tun. Und wenn man dann was tun kann, dann wird es besser.
Brüggenjürgen: Das heißt, durch das Tun wird das Evangelium lebendig. Einfach die Frohe Botschaft leben: Ist das ein Rezept?
Schwester Katharina: Ja, auf alle Fälle. Denn Nachfolge heißt "Nachfolgen". Nicht Nachsitzen oder Nachstehen, sondern "Folgen". Also, was tun. Ich finde "was tun" wirklich gut. Auch, sich hinstellen und zu diesem Gott beten ist "was tun".
Brüggenjürgen: Ich mache mich jetzt auf eine Pilgerreise. Das ist ja auch eine ganz alte biblische Erfahrung: Immer wieder aufbrechen. Ist unsere Kirche vielleicht ein bisschen zu bequem geworden?
Schwester Katharina: Nachfolge hat was mit Folgen, mit Aufbrechen, mit "was tun" zu tun. Daher wäre es sehr gut, wenn wir ein bisschen weniger Sitzungs-Kirche und ein bisschen mehr Kirche wären, die losgeht, die zu den Menschen geht und die die Dinge in die Hand nimmt, um die es wirklich geht: diese Botschaft unters Volk bringt.
Brüggenjürgen: Das versuchen Sie ja ihr ganzes Leben lang. Sie leben diese frohe Botschaft. Gibt es denn was, wo sie sagen: das sind in meinem Ordensleben richtige Highlights?
Schwester Katharina: Highlights sind, wenn ich spüre, dass wir in unserer Gemeinschaft, auch wenn unsere Mitglieder zwischen 25 und 99 Jahren alt sind, alle in die gleiche Richtung gucken. In dem, was wir tun, in dem, was wir vielleicht auch nicht mehr tun können, in dem, was wir ertragen und erleiden, sind wir die Nachfolgenden von diesem Jesus: Es ist 2000 Jahre her, dass er gelebt hat. Daran spüren wir, dass er mitten unter uns ist. Das finde ich genial.
Brüggenjürgen: In so einer Ordensgemeinschaft kann man sich das vorstellen. Wie können denn die "einfachen" Christen Gemeinschaft erleben?
Schwester Katharina: Genauso. Zum einen: Miteinander Gottesdienst feiern. Aber auch: Sich miteinander um die kümmern, die uns vor den Füßen liegen. Das sind die Kranken, das sind die Kinder, das sind die Alten, das sind die Flüchtlinge. All die. Wir haben im Moment das Problem: Wir gucken nach oben, aber in die falsche Richtung. Statt zu Gott zu gucken, gucken wir auf die Kirchenspitze und auf die, die es im Moment nicht so toll machen. Wir müssen aber auf die gucken, um die es eigentlich geht. Wir müssen die frohe Botschaft denen bringen, für die sie da ist. Wenn wir das tun, dann sind wir auch Gemeinschaft der Glaubenden.
Brüggenjürgen: Jetzt dürfen Sie mir noch einen Wunsch mit auf den Weg geben dürfen...
Schwester Katharina: Sie wollen zur Quelle des Rheins. Ich hoffe auch sehr, dass Sie nochmal neu zur Quelle des Glaubens kommen. Im Unterwegssein kriegt man ein bisschen den Kopf klar. Man kriegt ein bisschen das Herz geweitet und man kommt so ein bisschen aus den inneren Mauern raus. Das wünsche ich Ihnen.
Brüggenjürgen: Herzliches Dankeschön, Schwester Katharina!