Wie blickt er auf die Wegstrecke?
DOMRADIO.DE: Was bedeutet geistliche Begleitung in diesem Zusammenhang?
Pater Bernd Hagenkord (Ist gemeinsam mit der Theologin Maria Boxberg mit der geistlichen Begleitung des Synodalen Wegs beauftragt): Vielleicht ist es das Einfachste, wenn man einmal sagt, was es nicht bedeutet: Wir sind nicht die Delegierten fürs Fromme. Es kommen da ja Leute zusammen, die etwas von Glauben und Kirche verstehen. Wir brauchen denen nichts beizubringen. Das sind alles engagierte Christinnen und Christen. Wir sehen unsere Aufgabe eher als Impulsgeber, als Anwälte fürs Geistliche. Wenn man gemeinsam redet, betet und auf die Stimme Gottes hören will, dann ist es gut, wenn da auch Leute sind, die geistliche Impulse geben. Dann können die anderen voll einsteigen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass das Ganze irgendwie über Bord geht. Es wird ja hitzige Debatten geben. Unsere Rolle ist dabei, dafür zu sorgen, dass es immer auch eine geistliche Dimension haben wird.
DOMRADIO.DE: Bei über 200 Teilnehmern klappt das aber wahrscheinlich nicht in Einzelgesprächen. Wie werden Sie das machen?
Hagenkord: Nein, um Gottes willen. Das wäre auch leicht übergriffig, wenn wir jetzt zuständig wären und alle bei uns antanzen müssten. Das wäre ja fürchterlich. Es geht um die Gruppe, es geht um die Gruppenphasen, wir sind für die Vollversammlungen dort. Wir haben auch keine Stimme. Wir sorgen dann dafür, dass es Innehaltepausen und Reflexionsphasen sowie geistliche Einstiege gibt. Wir kümmern uns um das geistliche Rahmenprogramm mit Messfeiern und Gebeten. Wir schauen, dass es dafür den nötigen Raum gibt und es würdig und angemessen stattfindet. Es geht also um die Gruppe, nicht um Einzelpersonen.
DOMRADIO.DE: Sie waren viele Jahre lang im Vatikan als Leiter der deutschen Abteilung von Radio Vatikan und Vatican News tätig. In der Funktion haben Sie auch einige Synoden hautnah miterlebt. Kann man sich davon was abgucken?
Hagenkord: Da kann man sich viele Dinge abgucken, wie es besser nicht laufen soll, würde ich mal sagen. Die Bischofssynode ist ein Beratungsgremium für den Papst und hat fast gar nichts zu sagen. Die Synoden sind auch etwas unterorganisiert, da könnte man vieles noch verbessern.
Der Synodale Weg hat ja noch keine feste Struktur. Dieser komische Titel heißt ja einfach: Wir müssen das Kind beim Machen noch erfinden. Wir wissen noch gar nicht genau, wie das genau aussieht. Wir haben zwar jetzt eine Struktur. Aber es kann ja sein, dass wir nach der ersten Vollversammlung sagen: Das müssen wir da nochmal ändern oder vielleicht dort nochmal nachjustieren. Es ist eben nicht fix, was es sein soll. Und das ist die große Stärke dieses Synodalen Wegs, dass wir beim Gehen noch mal die Richtung ändern können. Das ist in Rom eher nicht der Fall.
DOMRADIO.DE: Der Synodale Weg wird in Deutschland, im Vatikan und auch in der Weltkirche zum Teil stark kritisiert. Deutschland dürfe nicht einfach vorpreschen, Deutschland könne nicht definieren, was Kirche eigentlich ist. Sie haben diesen Blick von außen aus Rom. Was denken Sie, wie berechtigt sind diese Bedenken?
Hagenkord: Man muss immer genau hinschauen, was das für Bedenken sind. Die meisten dieser Bedenken sind sehr generell. Da sollte man schon konkreter werden. Ich sehe nicht, dass man in Deutschland eine eigene Kirche erfinden will. Gerade die stärksten Kritiker sind ja diejenigen, die eine starke Loyalität einfordern. Ich sehe da aber überhaupt nicht, dass sich irgendjemand trennen will. Man sollte aber schon wissen, wie andere katholische Kirchen auf der Welt ticken. Und die ticken eben nicht so wie die Deutschen.
Mir ist es wichtig, dass eine Kommunikation mit den anderen katholischen Kirchen auf der Welt stattfindet, dass die eingeladen werden, zuzuhören, zu kommen oder auch zu lesen und zu gucken. Die sollen wissen, was wir hier machen. Wir haben eine sehr eigene Situation, das ist völlig klar, eine eigene Kultur und eigene Geschichte, eine ganz eigene Form der Missbrauchsdebatte. Das ist ja der Auslöser gewesen. Das wird Einfluss haben. Das wird "deutsche" Lösungen geben müssen. Wie weit sie dann übertragbar sind, das ist sicherlich die Aufgabe der Weltkirche. Ich sehe aber nicht, dass hier irgendjemand die Theologie, Kirche und überhaupt alles neu erfinden wollte.
DOMRADIO.DE: Dialogprozesse für die Kirche sind nichts Neues. Gesprächsprozesse gab es auch immer wieder. Das Bistum Trier hat nach einer Synode einen Dämpfer aus dem Vatikan bekommen. Bei vielen Gläubigen herrscht der Eindruck, dass im Endeffekt herzlich wenig dabei herausgekommen ist. Wird das in zwei Jahren auch so sein, wenn der Synodale Weg beendet ist?
Hagenkord: Ich wünsche mir, das es nicht so kommt. Wir sind an einem Punkt, wo das einfach nicht mehr geht. Es gibt in der Kirche immer noch viele, die meinen, wenn wir das Ganze nur gut kontrollieren und in ordentliche Bahnen lenken, dann ist alles in Ordnung. Ich glaube, über diesen Punkt sind wir hinaus, das geht nicht mehr. Wenn es tatsächlich so kommen würde, wäre das ein ziemliches Desaster, weil es noch mal mehr Glaubwürdigkeit kosten würde. Auch wir selber könnten dann nicht mehr in den Spiegel gucken, wenn nur das dabei raus käme.
Von daher muss da schon ein bisschen mehr passieren. Was genau passiert, das wird sich auch erst während des Synodalen Wegs entwickeln. Ich wünsche mir, dass wir beim Reden herausfinden, was wir wollen und wo das hingehen soll. Es darf nicht von vornherein festgelegt werden, was dabei herauskommt. Wirklich alle, die dabei sind, sollen offen sein.
Das Interview führte Verena Tröster.